Gesammelte Werke. Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027232819
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die roten, duftenden Früchte in ihr Körbchen zu pflücken.

      »Sie sind eine spröde kleine Hexe, Rose Eckhardt,« sagte Hahn beherrscht. »Na, sehen Sie mich nur nicht so zornig an, – ich muß Ihnen jetzt, wo wir allein sind, endlich ein mal gestehen, daß Sie mich wirklich, ohne Redensarten, zu Ihrem Sklaven gemacht haben.«

      Rose lachte.

      »Mein Gott, Herr Baron,« sagte sie leicht, »das hat für mich weder Wert noch Zweck, denn ich bin ja kein Sklavenhändler.«

      Hahn trat einen Schritt näher und beugte sich zu ihr herab.

      »Was soll das Wortgefecht?« flüsterte er ihr ins Ohr. »Sie sind ein Weib, so gut wie die anderen, und haben es mit dem Instinkt der Töchter Evas längst gemerkt, daß ich Sie liebe.«

      Rose richtete sich so plötzlich empor, daß die gesammelten Beeren ins Moos rollten.

      »Jetzt ist's genug, Herr Baron,« sagte sie kalt, »ich habe Ihnen nie meine Abneigung verhehlt und ersuche Sie, sich danach zu richten. Bitte, lassen Sie mich allein.«

      Er lachte kurz und gezwungen auf.

      »Diese majestätische Haltung ist für eine Vorleserin nicht übel,« höhnte er, »ich hoffe aber, das spröde Heideröslein wird vielleicht andere Saiten aufziehen, wenn ich ihr erst eine blitzende Gabe zu Füßen gelegt habe.«

      Rose war totenblaß geworden.

      »Es ist eines Ehrenmannes unwürdig, ein schutzloses Mädchen zu beleidigen,« rief sie entrüstet, aber mit einer so unnahbaren Würde, daß Hahn für das eine Mal keine Gegenrede wußte. Ob er sich damit zufrieden gegeben hätte, war zweifelhaft, da er aber Schritte sich nähern hörte, so machte er Rose eine spöttische Verbeugung und entfernte sich in dem Augenblick, als van der Lohe hinter einem Gebüsch hervortrat.

      Rose suchte sich schnell zu fassen, aber noch war keine Spur von Farbe in ihrem Gesicht, und um ihre Lippen zuckte es so verräterisch, daß es schwer zu übersehen war.

      »Rose, ist Ihnen etwas zugestoßen?« rief er besorgt, indem er ihre kalte Hand ergriff.

      Sie schüttelte den Kopf und versuchte zu lächeln, aber es wollte nicht recht gelingen.

      »Ich sah Hahn sich eben entfernen, – hat er etwas damit zu tun?« fragte van der Lohe dringend.

      »Er – er war etwas zudringlich,« gestand sie ein.

      Van der Lohe ließ Roses Hand los und machte eine Bewegung des Zornes.

      »Dieser Lump!« murmelte er hörbar genug.

      »Ich hätte es Ihnen nicht sagen sollen, er ist Ihr Gast,« rief Rose erschrocken.

      »Ja, leider!« sagte van der Lohe trocken. »Ich wollte, ich hätte ein besseres Recht, den Lümmel züchtigen zu können.«

      Nun mußte sie doch lächeln.

      »Dann kann Baron Hahn ja von Glück sagen, daß solche Ritterdienste für eine Vorleserin ausgeschlossen sind,« sagte sie mit Galgenhumor.

      Er sah sie betroffen an.

      »Versprechen Sie mir, Fräulein Eckhardt, den Menschen gründlich ablaufen zu lassen,« bat er nach einer Pause.

      »Das erfordert schon meine eigene Würde, Herr van der Lohe!«

      »Gewiß, gewiß! Aber Sie werden doch nicht etwa weinen! Das wäre der Baron von Hahn nicht wert.«

      »Nein,« sagte Rose, indem sie ihre Augen trocknete, »es lohnt wirklich nicht, darüber zu weinen. Es ist ja auch nur, weil mir das zum erstenmal geschehen ist.«

      Damit kniete sie nieder und begann die verschütteten Erdbeeren wieder einzusammeln.

      »Ich werde in den nächsten Tagen verreisen müssen,« begann van der Lohe nach einer Pause, »hoffentlich –«

      Er stockte und sah sie unsicher an.

      »Werden Sie lange fortbleiben?« fragte Rose harmlos.

      »Ich kann es noch nicht sagen – aber ich besitze einen Magnet, der mich unfehlbar so schnell wie möglich nach Eichberg zurückführen wird. Glauben Sie, daß ich mich auf ihn verlassen kann?«

      »Wie kann ich das sagen, da ich diesen Magneten doch nicht kenne!«

      »Nicht? Sie wissen ja doch, das Sinnbild der Rose – darf ich mich darauf verlassen?«

      Rose beugte sich tief hinab ins Moos.

      »Ja!« sagte sie leise, fast unhörbar.

      Da flog ein Leuchten über seine ernsten Züge.

      »Rose!« sagte er einfach.

      Sie sah zu ihm auf und legte zögernd ihre Hand in die seine; dann aber riß sie sich los und floh wortlos hinein in den Wald, – sie brauchte nicht mehr zu raten, »wo ihr Glück blühe,« denn in diesem Augenblick war ihr klar geworden, was bisher nur wie ein ahnungsvolles Rätsel durch ihre reine Seele gezogen war: daß sie van der Lohe liebte!

      Der stand noch lange an dem Platz, den sie eben verlassen hatte; er hätte ihr gern mehr gesagt, als diese wenigen, verschleierten Worte, aber er wollte warten, bis er den Weg geebnet hatte, den sie an seiner Hand betreten sollte. Er wußte nur zu gut, daß es noch viel zu ebnen, viel zu kämpfen gab, noch viele Vorurteile zu besiegen waren. Nicht, daß er an seinem Sieg gezweifelt hätte, denn er war entschlossen, nicht von seinem Glück zu lassen, aber Rose sollte verschont bleiben von heftigen Auftritten, bösen Eindrücken, kränkenden Worten. Vor allem mußte Rose sein Haus verlassen, ehe der Sturm ausbrach.

      Ein entsetzlich ohrenzerreißendes Trompetensignal versammelte, wie verabredet, die Erdbeersucher wieder auf der Waldblöße. Unter Scherz und Lachen lieferte ein jeder sein gefülltes Körbchen ab und nebenbei noch einen stattlichen Strauß Waldmeister, genug, um die Maibowlen für ein ganzes Regiment zu würzen.

      Während die Damen die kalte Küche auf dem Tischtuche ordneten, brauten die Herren einen zu den schönsten Hoffnungen berechtigenden Maitrank. Carola aber bemächtigte sich sofort des übrigen Waldmeisters und wand aus den zartgrünen Blättchen mit den weißen, kleinen Blütensternen einen Kranz, den sie dann unter allgemeinem Beifall Rose aufsetzte. Diese sträubte sich zwar dagegen, stieß aber damit auf entschiedenen Widerspruch.

      »Es fehlt nur noch das Pantherfell, um die Bacchantin vollständig zu machen,« bemerkte Frau von Willmer hämisch.

      »Die Kleine ist wirklich reizend,« sagte Frau van der Lohe leise zu ihrem Sohn, »aber ich wollte, sie wäre es nicht. Es ist unbequem, eine hübsche Gesellschafterin zu haben; ich finde es fast unschicklich, sie zum Mittelpunkt unseres Kreises zu machen.«

      »So entlasse sie,« rief van der Lohe kurz.

      »Ja, aber unter welchem Vorwande. Ihr Benehmen ist tadellos, trotz aller ihr erwiesenen Aufmerksamkeiten.«

      Da van der Lohe nichts dazu sagte, so war für seine Mutter die Sache zunächst erledigt; den leuchtenden Blick der aus ihres Sohnes Augen brach, als Rose jetzt in ihrem grünen Schmuck herankam, sah sie natürlich nicht. Dafür aber sah ihn Olga von Willmer, und nur mit aller Selbstbeherrschung konnte sie ihres Grolles Herr werden, der sich noch vermehrte, als Sonnenberg auf den Gedanken kam Rose zu Ehren Waldmeistersträußchen den Herren fürs Knopfloch aufzudrängen.

      Rose selbst lachte herzlich über den »Unsinn«, wie sie es nannte; in ihrer Harmlosigkeit sah sie diese Huldigungen nur für den Scherz an, der er wirklich auch war.

      Sonnenberg holte dann seine Mandoline und Carola schlug vor, Schnadahüpfel aus dem Stegreif zu singen, ein Vorschlag, den Sonnenberg natürlich mit Feuereifer aufnahm.

      »So laßt die Zither in der Runde kreisen,

       Freut unser Ohr mit hellgestimmtem Sang,«

      deklamierte er, indem er Frau van der Lohe die Mandoline überreichte. Die alte Dame wehrte aber freundlich ab, sie wollte sich das erst von den anderen vormachen lassen.

      Carola,