»Na«, meinte der Gelehrte achselzuckend, »den Zweifel an meinem Verstand möcht« ich noch hinnehmen, denn Verstand ist am Ende doch nur ein relativer Begriff, der für viele sehr wertlos ist. Aber wenn ein Mensch, den ich schätze und liebe an meinem Herzen zweifelt – sehen Sie, das könnt' mir wehe tun –«
Das Ende vom Liede war, daß der gute Leipziger Professor nur zu gern als Gast auf der Jacht »Iris« gen Hochwald zog. – Die Einladung wurde nun natürlich auch auf Hans Aus dem Winkel in liebenswürdigster Weise ausgedehnt, und da dieser einzig und allein zu seiner Erholung unterwegs war, so nahm er gern an, was ihm so freundlich und mit echter, guter, alter deutscher Gastfreiheit geboten wurde. Das Boot der Herren wurde also entlassen mit der Bestellung, daß das Gepäck derselben umgehend nach Station Hochwald durch Eilfracht befördert werden müsse.
Als dann die Abendbrise übers Meer strich und die Sonne schon tief stand, da segelte die weiße Jacht zurück von dem Eilande Balders, des Frühlingsgottes, zurück an das Schloß am Meer, und die blonde Schloßherrin, die lieblich wie ein Elfenkind auf dem Verdecke stand und des schöneren Teiles von Heines »Sonnenuntergang« aus den Nordseeliedern gedachte – sie ahnte wenig, daß daheim schon die finsteren Dämonen tätig waren, die ihr Glück zu zerstören und den Frieden ihrer Seele zu vernichten kamen.
Das Abendrot stand in seiner vollsten Glut, als die Jacht in der Bucht von Hochwald ankerte. In ein Meer von Purpur und Gold verwandelt schien die See, Millionen leuchtender Funken tanzten auf der Flut, und die Abendluft ging mild und erquickend darüber hin wie der Atem Gottes – – –
Als die kleine Gesellschaft vollzählig gelandet war, gingen sie zu Fuß über die Düne nach dem Schlosse – ein kurzer Weg, der an dem hohen, kunstreichen Gitter von Schmiedeeisen, das in den Park führte, mündete. Durch die hinter dem Gitter sich lang hinstreckende breite Allee mit uralten, mächtigen Kastanienbäumen leuchtete von Westen her das Abendrot. Das barocke Muster des Tors mit der Fürstenkrone darauf hob sich wie ein Schattenbild von dem leuchtenden Hintergrunde ab, in dem Tore aber stand eine hohe, durch die optische Täuschung der Beleuchtung zu überirdischer Größe gespenstisch verlängerte Gestalt eines Mannes, dessen Gesicht dem durch die Abendröte geblendeten Blick der Entgegenkommenden unerkennbar war – eine Gestalt, die in dem Tore stand wie ein Schatten kommenden Unheils, wie ein Dämon, der den Eintritt dem Glücklichen verwehrte. Und doch war diese Gestalt nur ein am Nachmittag um vierundzwanzig Stunden zu früh eingetroffener Gast – der Cavaliere Spini, Marchese della Pescaja.
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