»Ah ja, und dann fragst du mich noch nach mehreren Lieferanten, damit du noch mehr arbeiten darfst. Du brauchst dringend Personal, mein Freund.«
Roy grinste, »Das kannst du laut sagen, aber mit den kleinen Chargen, die ich hier bekomme, geht das nicht so einfach. Außerdem kann ich hier niemandem vertrauen. Diese Stadt ist ein Haifischbecken und wer nicht aufpasst, wird gefressen.«
»Ich habe zwei weitere Lieferanten für dich aufgetan. Einer davon hat pro Monat noch vier Kilo Schnee, die er dir für einen anständigen Kurs liefern kann und der andere könnte weitere zwei Kilo liefern. Zusätzlich aber auch noch sechs Kilo Ice, wenn du interessiert bist«, erklärte Paul.
Roy freute sich wie ein Kind an Weihnachten. »Das ist hervorragend, Paul. Wann kann die erste Lieferung erfolgen?«
»Wenn du Kapazitäten hast bereits nächste Woche. Wir brauchen nur einen Ort für eine Übergabe!«
»Den habe ich bereits. Die Koordinaten gebe ich den Lieferanten durch.«
Er konnte Paul grinsen hören, »Das ist in Ordnung. Aber du solltest auch genug Geld bei dir haben, sonst wird niemand deine Leiche finden. Die machen da keine Späßchen!«
»Das habe ich mir bereits gedacht, aber am Geld sollte es nicht liegen. Ich habe genug, um die Lieferungen zu bezahlen. Wie ist die Reinheit von der Ware?«
»Schnee zu 89 % und Ice zu 92 %.«
Roy grinste in sich hinein. Das war besser als er erwartet hatte. Mit den Werten konnte er die Lieferungen deutlich strecken und noch mehr Geld einnehmen. »Okay, schick mir die Daten. Ich erwarte die Lieferungen dann.«
»Mach ich Roy. Und nicht vergessen, das Geld bereitzuhalten. Ich melde mich nächsten Monat wieder bei dir!«, sagte Paul und legte auf.
Endlich hatte Roy ein bisschen mehr Ware, die er im Großraum Las Vegas unter die Menschen bringen konnte. Seine Abnehmer wollten sowieso schon deutlich mehr von ihm kaufen als er heranschaffen konnte. Jetzt hatte er zwei neue Lieferanten, denen er das benötigte abkaufen konnte. Es war zwar immer noch zu wenig für seinen großen Plan, aber er war nicht mehr nur auf die Gnade der SNB angewiesen, die ihn an der kurzen Leine hielt. Sollten sie doch endlich ihre Lieferprobleme in den Griff bekommen. Falls er dann aus dieser Richtung mehr erwarten konnte, wäre er im Großraum Las Vegas einer der Verteiler, die sich einen Teil der Stadt sichern konnte. In Amerikas Spielplatz in der Wüste von Nevada war der Bedarf besonders hoch. Das Glücksspiel in den vielen Casinos lockte jährlich sehr viele Kunden an. Vor allem diejenigen, die schon genug Geld auf der Seite hatten und das hier als Freizeit betrachteten, zogen sich gerne mal eine Line.
Roy Cabrera freute sich auf die bevorstehenden Wochen und der Anhebung seiner Vorräte. Das bedeutete zwar in erster Linie mehr Arbeit für ihn, aber auch mehr Einnahmen, für die er über verschiedene Möglichkeiten neue Drogen in sein Sortiment aufnehmen konnte. Seit Cannabis zum Eigengebrauch in den Staaten legalisiert war, konnte man damit kein Geld mehr verdienen. Der Staat griff sich die Einnahmen ab und da es nicht mehr illegal war, konnte man damit auch nichts mehr verdienen. Die Kunden waren einfach zu verwöhnt, weil man Cannabis fast überall kaufen konnte.
* * *
Vereinigte Staaten, Dallas (TX)
Der Morgen dieses Frühlingstages in Dallas war ungewöhnlich kalt zu dieser Jahreszeit. In der Nacht gab es sogar noch teilweise Bodenfrost und die Temperatur war noch nicht auf angenehme Werte angestiegen. Auf dem Parkplatz vor dem Lincoln Square, einem Einkaufszentrum zwischen Dallas und Fort Worth am Tom Landry Freeway wartete Stuart Clarke leicht frierend in seinem himmelblauen Transporter. Er hatte sich einen Kaffee gekauft, um sich wenigstens ein bisschen aufzuwärmen. Sein Kontakt ließ ein bisschen auf sich warten. Er hatte vorher angekündigt, dass es etwas länger dauern könnte.
Leider wartete er jetzt schon über eine Stunde auf seine Lieferung. Es war nicht einfach in Amerika an eine unregistrierte Waffe zu gelangen. Zwar durfte man in Texas offiziell Waffen kaufen und auch bei sich tragen, aber sie waren alle auf die jeweiligen Besitzer registriert. Brauchte man unregistrierte Waffen wurde es deutlich schwerer an eine zu gelangen. Sein Kontakt konnte allerdings einige davon liefern, die man nicht in einem Waffengeschäft bekam. Stuart hatte einige bestellt, die auf dem offiziellen Markt überhaupt nicht geliefert wurden. Der National Firearms Act regelte den Besitz der vollautomatischen Waffen in den USA. Privatleute, die eine solche Waffe bei sich tragen wollten, brauchten eine Erlaubnis. Dazu wurden sie vom FBI überprüft und mussten beim zuständigen Bundesamt Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives, kurz ATF genannt eingetragen werden.
Stuart Clarke war schon mehrfach wegen krimineller Machenschaften verurteilt worden und musste auch einige seiner 34 Lebensjahre hinter Stahlstangen verbringen. Wer allerdings vorbestraft war, durfte keine Waffe mehr besitzen oder bei sich tragen. Das machte es für Personen in seiner Position sehr schwer an Feuerwaffen zu kommen. Kaufen konnte er sie nicht, weil man ihn sofort abgelehnt hätte. Es blieb ihm nur die Möglichkeit seine Schnellfeuergewehre illegal zu erwerben. Dazu gehörte es leider auch auf seinen Lieferanten zu warten. Jetzt saß er am frühen Morgen hier auf diesem düsteren Parkplatz.
Langsam ging schon die Sonne auf und der Parkplatz wurde etwas belebter. Das war nicht gerade das, was sich Stuart erhofft hatte. Er wollte das Geschäft im Wert von 300.000 Dollar möglichst abwickeln, solange es noch dunkel war. Vor allem war das Einkaufszentrum nicht gerade der beste Ort, um unerkannt Geschäfte abzuwickeln. Plötzlich hielt direkt vor ihm ein Mittelklassewagen mit einem Nummernschild aus Oklahoma. Der Fahrer des Wagens war ungewöhnlich. Er wirkte wie ein junger Student auf Klassenfahrt und nicht wie ein Waffenhändler. Stuart stieg aus und ging auf den Fahrer zu.
Der entschuldigte sich sofort, »Tut mir leid, ich bin verdammt spät dran, aber ich wurde auf dem Highway aufgehalten. Ihre Lieferung liegt im Kofferraum.«
Ohne Umschweife öffnete der junge Mann die Heckklappe und im Gepäckfach des Wagens kam eine länglich zugenagelte Holzkiste zum Vorschein. Stuart sah sie einen Moment schweigend an. Dann ging er zu seinem Transporter zurück und öffnete eine Seite der Ladefläche. Die Holzkiste war sehr schwer und der junge Student musste ihm helfen sie zu verladen. Als sie sicher auf