Der Einsatzleiter gab sich geschlagen und gab Anweisung zusammenzupacken und die Wohnung zu verlassen. Immerhin war Spears Bundesagentin des FBI und gegenüber ihm weisungsbefugt. Seine Kollegen packten ihr mitgebrachtes Equipment zusammen und schlenderten damit zum Ausgang. Der Einsatzleiter war, der letzte der ging und die beiden Agenten mit dem Sergeant alleine ließ. Spears folgte ihm in den Gang und forderte Barber auf, sich etwas anzuziehen. Dann schloss sie die Tür zum Schlafzimmer und die beiden Männer blieben alleine zurück. Wenige Minuten später öffnete Barber die Tür und kam mit ihrem Kollegen aus dem Schlafzimmer.
»Darf ich ihnen einen Kaffee anbieten?«, fragte er die Agenten.
Spears antwortete nach einem kurzen Blick zu ihrem Kollegen »Gerne. Aber bitte mit normalem Zucker, falls sie welchen haben.«
Barber lachte mit tiefer Stimme und bat die beiden in die Küche an den runden Tisch aus hellem Kiefernholz. Er begann frischen Kaffee aufzusetzen. Die Agenten setzten sich auf die Stühle. Ashleigh ergriff erneut das Wort und richtete eine erste Frage an Barber.
»Treiben ihre Kollegen öfter solche Scherze mit ihnen, Sergeant?«
»Eigentlich nicht. Ich kann mir auch nicht vorstellen, wer daran ein Interesse haben sollte. Wir verstehen uns untereinander gut auf dem Revier, aber solche Scherze erlaubt sich keiner von uns. Die Beamten haben schon mehr als genug zu tun, da muss man nicht noch eilig eine Durchsuchung beim Staatsanwalt beantragen, ein Team zusammenstellen und dann eine Wohnung auseinandernehmen. Außerdem ist es kaum möglich während ich unterwegs bin hier einzusteigen ohne, dass ich es bemerke. Nur meine Nachbarin besitzt einen Schlüssel zu meiner Wohnung. Aber die ist derzeit gar nicht in der Nähe. Sie wurde letzte Woche mit Verdacht auf eine Lungenentzündung in die Klinik gebracht«, erklärte er freundlich, als der Duft nach frischem Kaffee die helle Küche eroberte. Dann fügte er hinzu, »Mir scheint eher, dass man versucht hat mir etwas anzuhängen. Allerdings ist mir nicht klar, warum man dazu Zucker in meinem Schlafzimmer verstecken sollte.«
»Genau das ist der Punkt, der mir auch unbegreiflich ist. Ein Dealer, der etwas gegen sie hat, würde wohl kaum Zucker verstecken, sondern eine ganze Anzahl verschiedener Drogen überall deponieren und dann auf dem Revier anrufen und ein Verbrechen melden.«
Barber drehte sich zu ihr um, lehnte sich an die Anrichte und fragte, »Jemand hat die Dienststelle angerufen und ein Verbrechen gemeldet?«
Cooper Knight erwachte aus seinen Tagträumen mit seiner Kollegin in der Hauptrolle, »Es gab einen Anruf auf der Nummer des Drogendezernats. Ein Officer hat ihn entgegengenommen und die erforderlichen Schritte eingeleitet. Der Anrufer hat auch explizit auf das Schlafzimmer verwiesen, wo die Drogen angeblich liegen würden. Man hat den Anruf schon zurückverfolgt. Laut Auskunft der Technik kam der Anruf aus Fayetteville in Arkansas.«
Der Sergeant überlegte eine Sekunde, »Schon wieder ein Anruf. Lassen Sie mich raten. Der Anrufer wollte anonym bleiben und mich nur anschwärzen. Natürlich nur ganz zufällig, wenn gerade sie vom FBI bei uns auftauchen. Bei Nash war es ebenfalls so ein Anruf, der uns auf die Spur gebracht hat. Irgendjemand verfolgt wohl das Ziel mich aus dem Weg zu räumen. Aber warum mit Kandiszucker? Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn!«
»Wer war sonst noch in der Wohnung außer ihnen? Sie hatten heute Abend definitiv Besuch. Weiblichen Besuch wie ich vermute und hatten ein bisschen Spaß in der Horizontalen, wie ich am Zustand des Betts erkennen konnte«, wollte Spears wissen.
»Gute Ermittlungsarbeit Special Agentin Spears«, lobte Barber. »Sie haben recht. Ich war nicht alleine. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mich einmal die Woche eine junge Dame besucht. Auf die näheren Details muss ich hoffentlich nicht eingehen.«
»Mal abgesehen davon, dass sie eine Prostituierte in Anspruch nehmen, was übrigens illegal ist, geht es mir darum aufzuklären, warum man zu solchen Mitteln greift. Ganz zu schweigen von der Unfähigkeit, wenn man statt einer Droge Kandiszucker versteckt. Angenommen, der Fall Edwin Nash und dieses Schauspiel hier gehören zusammen, muss die Dame, die sie regelmäßig besucht, darin verwickelt sein. Eine andere Möglichkeit würde mir auf die Schnelle jetzt nicht einfallen. Wie heißt die Dame, wo arbeitet sie und wo ist sie zu finden?«, fragte Spears ganz offen heraus.
Barber wollte das nicht einfach so beantworten. Es war ihm mehr als unangenehm von der FBI Agentin ertappt worden zu sein. Wenn sie das wüssten, könnte er auch gleich einen Aushang auf dem Revier machen. Allerdings war es offensichtlich, dass seine bevorzugte Servicemitarbeiterin etwas damit zu tun haben musste und er es nicht mehr verschweigen durfte. Deswegen erzählte er ganz offen davon, dass aufgrund seines Jobs nicht viel Zeit für eine Beziehung blieb. Seine erste Ehe war am Zeitmangel zerbrochen und durch die vielen Schichten auf dem Revier gelang es ihm nicht eine andere Dame für sich zu begeistern. Natürlich hatte er, wie jeder andere Mensch auch, das Bedürfnis nach Körperkontakt und Nähe. Sein Gehalt war zwar nicht sehr üppig, aber einmal die Woche leistete er sich eine junge Frau aus diesem Gewerbe. Sie nannte sich Madeleine und arbeitete auf freiwilliger Basis bei Emma Reed. Ihr Etablissement war nicht ortsgebunden. Sie unterhielt außerhalb Portlands mehrere kleinere wirklich heruntergekommene Läden und tarnte sie als Bar.
Sie selbst leitete ihre Geschäfte über das Internet und Telefon. Wo sie allerdings ihre Unterkunft hatte, wusste niemand. Spears wollte nicht glauben, dass man ihren Aufenthaltsort nicht ganz einfach herausfinden konnte. Eine Abfrage der Telefongesellschaft oder der IP Nummer ihres Computers waren eine Sache von wenigen Minuten. Barber fing an zu schmunzeln und erklärte, »Stellen sie sich das nicht so einfach vor. Emma Reed hat gute Verbindungen bis in die höchsten Kreise von Portland. Fragen Sie mal einen Staatsanwalt nach einem Beschluss. Das dauert keine Stunde bis sie eine Absage erhalten, weil die Beweise, die sie vorlegen, zu gering waren oder nicht ausreichen würden. Die Sitte hat schon die ganzen Ermittlungsakten der letzten Jahre vorgelegt, die alle auf Emma