Das heilige Donnerwetter. Adolf Paul. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Adolf Paul
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 4064066116316
Скачать книгу
wegen Herausforderung seines Chefs, des Obristen Belling, strafversetzt werden mußte!“

      „Was sagte ich!“ knurrte der König gallig. „Ein aufrührerischer Krabat! An seinen Chef wollte er heran! Und nun möchte er gar an uns selbst sein Mütchen kühlen! Ich werde ihn schon Mores lehren!“

      Er erhob den Stock und schlug auf den Tisch. „Keinen [pg 34]Pardon vor ihm! Keinen Pardon! Und den Abschied auch nicht!“

      „Wollen Majestät gnädigst verstatten? Hier steht noch von einer öffentlichen Belobigung des gedachten Rittmeisters aus Allerhöchstdero eigenem Munde!“

      Lölhöffel zeigte auf sein Dokument.

      „Wo hatte ich? Wann hätte ich?“

      „Bei einer Revue in Stargard Anno siebenzig!“

      „In Stargard? Laß Er sehen!“ Der König blieb stehen und dachte nach. „Recht hat Er – der von Blücher war’s! Der hatte mit einer Handvoll Leute dreihundert konföderierte Polacken angegriffen, vier Rittmeisters und achtzig Mann gefangengenommen! Und Er selbst, Lölhöffel, mußte ihn, auf meinen Befehl, vor der Front loben! So war’s! Sehe Er, unser Gedächtnis pariert Ordres noch besser, als unsere Offiziere es manchmal tun! – Ein braver Mann! Ein tapferer Mann! Können solche Leute immer gut gebrauchen! Der Rittmeister bekommt seinen Abschied nicht!“

      „Sein Chef, der General von Lossow, befürwortet die Entlassung!“

      „Der von Lossow ist ein Besserwisser und ein Streber. Der soll mir nichts weismachen wollen. Weswegen mag er den Rittmeister nicht leiden?“

      Lölhöffel las in seinem Papier nach und blickte dann den König an.

      „Zu Befehl! Eben wegen der Verfehlung, die Majestät soeben Höchstselbst an ihm zu rügen geruhte! Weil er entgegen des Allerhöchsten Verbots die Polacken durch sein allzu forsches Zugreifen aufreizte, als er eine seiner Postierungen ermordet vorfand!“

      „Mir sind die Einzelheiten der Geschichte entfallen!“ sagte der König. „Wir haben so viel und weit Schlimmeres im Leben erfahren! Erzähle er mir! Wo hatte der Blücher zugegriffen? Wen hatte er –?“

      „Einen polnischen Landgeistlichen in der Gegend von Kalisch, den er als Anstifter in Verdacht hatte. – Er ließ ihn aufheben und, da er nicht bekennen wollte, sans façon [pg 35]vor eine frisch aufgeworfene Grube stellen, die Augen verbinden und eine Salve über seinen Kopf abfeuern!“

      „Das wird dem hübsch in die Glieder gefahren sein!“

      „Vor Schreck ist er fast ums Leben gekommen!“

      „Groß wäre der Schaden nicht gewesen! Unrecht ist ihm sicherlich auch nicht geschehen!“

      „Zu Befehl! Seine Schuld war mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen! Nur nachweisen ließ sich nichts!“

      „Der Rittmeister tat gegen Befehl, dafür gebührte ihm Strafe. Er handelte aber ansonsten brav! Das wollen wir ihm lohnen! Sage Er einmal, Lölhöffel, wieso kommt jener Brausekopf dazu, mir einen despektierlichen Brief zu schreiben?“

      „Er fand sich unverdienterweise übergangen! Er glaubte als ältester Stabsrittmeister ein Anrecht auf die erledigte Schwadron des abgehenden Majors von Zülow zu haben, die einem anderen gegeben wurde!“

      „Was heißt Anrecht? Die Schwadrons vergebe ich! Ein Anrecht außer Unserer Entschließung gibt’s nicht! Und wider Unsere Entschließung hat niemand aufzubegehren. Der Rittmeister war ungehorsam – dafür wurde er im Avancement mit Recht übergangen! Er schrieb uns einen despektierlichen Brief, dafür sitzet er in Arrest! So er sich aber demütiget, wollen wir ihn begnadigen und ihn befördern. Schreibe Er: der Rittmeister von Blücher wird zum Major befördert! – – – Nein, noch nicht! Erst soll er abbitten! Sonst denkt er, er hätte es uns abgetrotzt!“

      Lölhöffel räusperte sich, blickte den König unsicher an und wagte dann doch noch der Gnaden des Königs anheimzustellen, dem Rittmeister, der trotz seines Eigensinnes und seines jähzornig aufbrausenden Temperaments ein verdienter, tapferer Soldat sei, die ersehnte und erflehte Beförderung zum Major zuteil werden zu lassen. Um so eher, da gedachter von Blücher im Begriff sei, zu heiraten und einen Hausstand zu begründen – –

      Damit kam er an den Unrechten.

      [pg 36]

      „Heiraten will er?“ schrie der König außer sich und stieß mit seinem Stock mehrfach auf den Boden auf. – „Was erzählt Er mir da für Räubergeschichten, Lölhöffel? Weiß Er nicht, daß es sich vor die Husaren nicht schickt, wenn sie Weibers nehmen? Daß sie dann keinen Schuß Pulvers mehr wert sind?! Weiß Er nicht, daß ich vor alle derartigen Mariagen einen greulichen Abscheu habe? Wie kann Er indizieren, daß wir einen Menschen von solcher Fermete noch befördern? Er ist wohl des Teufels?!“

      Der König redete sich immer mehr in die Wut hinein und schrie, daß die Hunde ängstlich wurden, ihm winselnd um die Beine liefen und den General gar auch noch anknurrten, weil er den Zorn ihres Herrn geweckt und ihre Ruhe gestört hatte!

      „Ruhe, ihr Biester! Oder wollt ihr etwa auch mariage tun?“ schrie der König und schlug nach seinen Lieblingen, zum maßlosen Staunen der Lakaien. „Ruhe, Mene! Tu beau Alceste! Wo hat Er das Gesuch des Rittmeisters, Lölhöffel? Geb Er den Wisch her!“

      Und er riß dem General das Papier aus der Hand, humpelte, so gut es ging, auf seinen alten gichtischen Beinen an ihm vorbei ins Arbeitszimmer hinein, warf das Papier auf die schräge Tischplatte, ergriff einen Federkiel, stieß ihn mit Wucht in die Tinte, daß sie weit herumspritzte, kratzte dann mit zitteriger Hand eiligst ein paar Worte unter das Gesuch und sprach sie, wie immer, beim Schreiben laut vor sich hin.

      „Der Rittmeister von Blücher kann sich zum Teufel scheren!“

      Er warf den Federkiel fort.

      „Mag er sich in des Teufels Namen kopulieren lassen, soviel er will! Aber unter meine Husaren führet er keine Schürzenwirtschaft ein! Basta!“

      Dann ließ er den General stehen, eilte mit gehobenem Stock wieder ins Schlafzimmer hinein, wo die Hunde nur mit Mühe von den Lakaien gebändigt werden konnten, und hieb – nicht die Hunde – aber die Diener durch, die so [pg 37]schlecht aufpaßten, daß ihm heute keine Ruhe zum Regieren blieb!

      Und Lölhöffel zog mit langem Gesicht ab. Es war ein schnöder Abschied für einen langgedienten, braven Offizier wie Blücher. Aber mit der Despektierlichkeit durfte man dem Alten Fritz nur vorsichtig nahen! Und mit der mariage nimmermehr!

       Im Schatten

       Inhaltsverzeichnis

      „Hätte ich noch den schwarzen Dolman angehabt,“ sagte der Rittmeister Blücher und hieb Treff-As auf den Tisch, daß er zitterte, „weiß der Deibel, ich hätte mir vielleicht doch noch die Sache überlegt! Denn den hatte ich mir sozusagen mit der Waffe in der Hand erobert und in Ehren getragen! Im roten Dolman hatte ich immer das Gefühl: den ziehst du bald wieder aus! Gemütlich war’s ja nicht, drin zu stecken, nachdem der Alte Fritz die von Gersdorffschen aufgelöst hatte und uns kommandierte, in ihre entehrte Pelle zu schlüpfen! Trotzdem ziehe ich sie mit Wonne wieder an, wenn’s endlich so weit gediehen ist mit der königlichen Gnade! Kinder!“ rief er, schob seinen Stuhl zurück und füllte die Gläser, während der Postmeister die Karten mischte und der Apotheker Gewinn und Verlust der letzten Runde getreulich buchte. „Mit keinem König möchte ich tauschen, so vergnügt bin ich heute!“

      „Nun ja,“ schmunzelte der Postmeister, „du hast auch alle Ursache! Reiten, jagen, das Mädchen geküßt, die Karte in fröhlicher Runde gebogen, was willst du mehr?“

      „Gewinnen!“ antwortete für ihn der Apotheker, der jetzt mit seiner Rechnung im reinen war. „Gewinnen will er!“

      „Gewinnen,