Das heilige Donnerwetter. Adolf Paul. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Adolf Paul
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 4064066116316
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       Adolf Paul

      Das heilige Donnerwetter

      Ein Blücherroman

      Veröffentlicht im Good Press Verlag, 2020

       [email protected]

      EAN 4064066116316

       1 Im Adlernest

       2 Erster Flugversuch

       3 Der alte Adler

       4 Im Schatten

       5 Aus dem Nest heraus

       6 Der Solofänger Nummer Eins

       7 Vulkans Schmiede

       8 „Prüske Dickköppe“

       9 Jena

       10 Zwei Welten

       11 Zwischen den Schlachten

       12 Das heilige Donnerwetter

       13 Das Fell des Löwen

       14 Der größte Sieg

      [pg 5]

       Im Adlernest

       Inhaltsverzeichnis

      In schnellem Flug huschte dann und wann der schneeweiße Körper einer Möwe vorüber und leuchtete grell gegen das von keinen Wolken bedeckte Blau des Himmels auf. Aber keiner von den drei jungen Leuten, die nebeneinander auf den zusammengerafften Segeln im Boote lagen, drehte auch nur den Kopf, um die Kunststücke des gewandten Luftseglers zu beachten. Sie starrten unentwegt nach dem kleinen dunklen Punkt, der, kaum noch wahrnehmbar, sich hoch in den Lüften bewegte.

      „Aufgepaßt!“ rief der eine halblaut, „seine Kreise werden enger! Er sieht Beute!“

      „Er zielt!“ rief der zweite.

      „Er fällt!“

      Der schwarze Punkt wurde schnell größer, breitete sich zur Fläche aus, gliederte sich, wurde zum Körper, dessen Kopf, Rumpf, Flügel und Schwanz sich scharf von der klaren Luft abzeichneten. Dann schoß er rasch tiefer, hielt jäh an und stürzte pfeilschnell kopfüber in den See.

      Mit einem Ruck schnellten die drei jungen Leute empor, standen da kerzengerade im Boot und blickten dem goldbraunen Körper des Raubvogels nach, der ins Wasser hineinschoß, daß der Schaum hoch aufspritzte. Bald kam er wieder zum Vorschein, hob sich zum Flug und steuerte mit ruhigen, kraftvollen Schlägen seiner mächtigen Schwingen in flacher Bahn der Küste zu, einen großen, silberweißen Fisch in den Krallen mit sich führend.

      [pg 6]

      „Der Adler von gestern!“ rief der längste von den dreien. „Ich kenne ihn genau! Die gleiche Größe und Zeichnung! Nicht zu verkennen!“

      „Er wird wohl hier in der Gegend nisten!“

      „Sicherlich! Denn als er gestern drüben bei Hiddensee fischte, stieg er mit seinem Raub jäh in die Höhe und flog nach Nordost, hierher. Jetzt steuert er flach gegen das Land. Dort auf den Kreidefelsen wird es sein!“

      „Schauen wir nach!“

      Im Nu saßen zwei an den Riemen, der dritte am Steuer, und von kräftigen Schlägen getrieben, glitt das Boot dem Ufer zu, wo hoch oben auf dem weiß leuchtenden Kreidefelsen ein paar uralte Kiefern wie vorweltliche Riesen ihre knorrigen Kronen aus der saftig grünen Masse des Laubwaldes emporhoben.

      Auf diese Bäume setzten sie Kurs. Und lange dauerte es nicht, bis das braungeteerte Boot sich am Geröll des Ufers scheuerte.

      Bald war es an Land gezogen, Segel und Ruder versteckt, und die drei Freunde sprangen von Stein zu Stein auf das Gemengsel von Sand, Schlemmkreide und Feuersteinen hinauf, aus dem der schmale Uferstreifen gebildet war, der den Felsenrand vom Wasser trennte.

      „In einer der alten Kiefern da oben wird er sein Nest haben!“

      „Klettern wir hinauf!“

      „Wozu klettern? Weiter nach links weiß ich einen Pfad, der bequem zu steigen ist!“

      „Der gerade Weg ist der beste!“ antwortete der, der zuerst geredet hatte – ein lang aufgeschossener Jüngling mit Adlernase und dunklen, blauen Augen. Und ohne sich um die anderen zu kümmern, nahm er entschlossen Anlauf, packte mit kräftigem Griff den nächsten Busch, stemmte die Füße gegen die Spalten und Vorsprünge des Felsens, nahm im ersten Ansturm die halbe Höhe und blieb da auf einem breiteren Vorsprung stehen und blickte hinauf.

      [pg 7]

      „Da ist er wieder!“ schrie er und zeigte auf den Adler, der in raschem Flug wieder seewärts steuerte. „Was sagte ich? Sein Nest ist hier!“

      „Vorwärts nur!“

      Ein paar kräftige Klimmzüge, ein Keuchen und Fluchen, wenn der Fuß einmal ausglitt und Steine und Sand prasselnd in die Tiefe schickte, dann waren sie oben und fanden da den Dritten im Bunde lachend vor. Denn der bequemere, wenn auch längere Pfad hatte ihn doch zuerst ans Ziel geführt.

      „Lache nur!“ rief der Lange. „Hier wärest du nimmermehr heraufgelangt!“

      „Wozu denn Wände hochsteigen, wenn es auch so geht?“ antwortete der andere, ohne sich aus der guten Laune bringen zu lassen.

      „Um auf dem geraden Weg zu bleiben! Umwege sind Abwege!“

      Damit drang er den anderen voran durch den Laubwald nach der Anhöhe, wo in einsamer Majestät eine alte Kiefer thronte. Das Adlernest hatte er bald herausgefunden. Aber wie hinaufkommen? Der riesige, mannsdicke Baum, der es trug, hob sich wie eine Säule zu mächtiger Höhe. Sein von Wind und Wetter glattpolierter Stamm bot dem Kletternden fast gar keine Stützpunkte.

      „Wo du da einen bequemeren Umweg finden willst, möchte ich nur wissen!“ rief der Lange.

      „Freund Diercks klettert auf die Bäume wie ein Affe, Bruder!“ antwortete der zweite der beiden Bergsteiger. Und Diercks, der seine Kräfte vorhin geschont hatte, spuckte in die Hände, packte den Baumstamm, umschlang ihn mit Armen und Beinen und schob sich so langsam daran hoch, jede Muskel des stämmigen Körpers auf das Äußerste anspannend. Endlos schien es den Untenstehenden, bis sie ihn den Arm über den ersten Ast der Krone schieben sahen, um mit Aufbietung der letzten Kraft den Körper hinaufzuziehen.

      [pg 8]

      Einen Augenblick blieb er