Das heilige Donnerwetter. Adolf Paul. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Adolf Paul
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 4064066116316
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also Glück mit dem Gelde! Das Glück in der Liebe brachte mir auch Glück im Spiel! Das hat wohl denn auch gute Vorbedeutung für mein Gnadengesuch an den König.“

      „Du hast wieder –“

      „Ich habe dem König für das mir geliehene Geld gedankt und die Gelegenheit benutzt, um Wiedereinstellung als Major zu bitten, und zwar mit Anciennität vom Tage meines Abschieds ab! Einmal hat er’s mir abgeschlagen. Das war vor vier Jahren! Jetzt wird er wohl ein Einsehen haben!“

      „Alle Wetter!“ sagte der Postmeister. „Gut, daß du von der Sache sprichst. Vorhin kam eben ein amtliches Schreiben an den Herrn Deputierten des Pommerschen Landschaftsrates von Blücher an. Vom Königlichen Kabinett, scheint’s mir! Ich nahm das Ding mit. Ihr machtet aber gleich einen Lärm, daß ich nicht zu Worte kommen konnte, und dann hab ich’s verschwitzt, als es mit dem Spiel losging! Nun, aufgeschoben ist nicht aufgehoben! Da nimm!“

      Er reichte Blücher einen Brief mit dem königlichen Siegel.

      Blücher nahm ihn, machte ihn schnell auf, flog den Inhalt durch, wurde plötzlich ernst und nahm sein Glas.

      „Auf das Wohl Seiner Königlichen Majestät!“ sagte er kurz. „Er soll leben! Und wir auch – wofern wir nicht für ihn sterben dürfen!“

      „Abgelehnt?“ fragte der Postmeister zögernd.

      „Abgelehnt!“ sagte Blücher kurz. „Abgelehnt zum zweiten Male! Das bedeutet weiter nichts, als daß ich nochmals bei Seiner Majestät mit meinem Gnadengesuch vorstellig werde, und dann nochmals und dann nochmals, bis ich damit durchdringe und er mich wieder einstellt. Ich lasse nicht locker! Ist er eigensinnig – bin ich es noch zehnmal mehr! [pg 43]Jetzt kommt aber; es wird schwül hier drinnen! Draußen im Garten atmet sich’s leichter! Ich lasse eine Bowle ansetzen, die euch munden wird wie den Kindern Israels das Manna in der Wüste!“

      Er setzte den Hut auf, faßte den Postmeister unter den Arm und ging hinaus, von den beiden anderen gefolgt.

       Aus dem Nest heraus

       Inhaltsverzeichnis

      „Enten waren da, die Masse“, sagte der Rittmeister und zwirbelte seinen Schnurrbart. „Aber sie hatten Glück! Der Nebel wollte nicht weichen, die Sonne machte sich’s bequem! Und der Hund taugte auch nichts! Weiß der Teufel, was ihm in die Nase gefahren war! Der Nebel hatte ihm wohl den Riecher genommen! Denn er stieß direkt mit der Nase auf den Vogel, ehe er ihn gewahr wurde! Der schoß dann wie ein Pfeil davon, und der dumme Köter stand da und glotzte in sein Kielwasser, wie es lustig durch das Schilf rieselte, bis es zu spät wurde und der Vogel untergetaucht war. Keinen einzigen Aufflug brachte er zustande! Keine Möglichkeit, zum Schuß zu kommen!

      Da mußte ich selbst den Hund machen! Beim nächsten Vogel, den wir aufstöberten, sprang ich ins Wasser und machte ein alles andere denn weidmannsgerechtes Hallo, um ihn zum Aufflug zu bringen!

      Das gelang nun schon nach Wunsch! Aber alles, was ich vom Vogel bekam, war weiter nichts als sein höhnisches Schnattern und das Rauschen seiner Flügel und, wo er aufflog, eine sonderbare Bewegung im Nebel, die im Dämmerlicht der aufgehenden Sonne Gestalt annahm und zu etwas Menschenähnlichem wurde!“

      „Etwas Menschenähnlichem?!“ wiederholte die Frau Rittmeisterin und blickte von ihrer Handarbeit auf.

      „Ja, eine menschenähnliche Gestalt, eine Nixe, die mich [pg 44]hold anlächelte und die Arme gegen mich ausstreckte. Deine Züge hatte sie!“

      „Geh!“

      „Auf Ehre! Sie hatte es! Und ich, nicht faul, gleich hinterher, ohne an den morastigen Boden zu denken! Und plötzlich, ehe ich’s mich versah, gab der Grund unter meinen Füßen nach, und im Nu stand ich bis zum Hals im Sumpf!“

      „Das geschah dir recht! Warum jagst du Nixen nach!“

      „Deine Züge hatte sie!“

      „Wer’s glaubt. Dann hättest du’s sicher nicht so eilig gehabt!“

      „So eilig sogar, daß es mir fast das Leben kostete!“

      „Dein Leben achtetest du stets gering!“

      „In dem Augenblick nicht! Ich gab gehörig Hals! Und zum Glück war der Förster nicht weit!“

      „Der Hasse?“

      „Ja! Im letzten Augenblick kam er hinzu, reichte mir seinen Flintenlauf, und daran konnte ich mich dann so allmählich aus dem Schlamm herausholen! Es hätte aber schief gehen können!“

      „Ja, da siehst du, wohin der Übereifer dich führt! Immer mußt du Leben und Gesundheit aufs Spiel setzen, und sei’s nur um eine Wildente – oder, meinetwegen, um eine Nixe zu erwischen!“

      „So ist’s! Immer aufs Ganze! Nur so erreicht man etwas!“

      „Wenn man nicht das Genick dabei bricht!“

      „Darum brauchst du nicht zu bangen! Ich komme nicht um! Ich bin fest überzeugt, daß mir gegeben wurde, im Leben etwas Besonderes zu leisten! Das macht fest gegen Schuß und Hieb! Wenn ich auch manchmal etwas abgekriegt habe –, das Leben hat’s noch nicht gekostet! Zum Krüppel wurde ich auch nicht! Und heute, wo ich bis zum Hals versank und mich kaum noch bewegen konnte, auch heute verließ mich die Zuversicht nicht, sondern ich dachte: ‚Habe ich etwas im Leben zu tun, so bleibe ich wohl am Leben!‘ Und [pg 45]ich blieb! Die rettende Hand war gleich zur Stelle! Das gibt mir Zuversicht. Denn so wie auf der heutigen Jagd, so war mein ganzes bisheriges Leben, seitdem ich den Dienst quittierte. Bis zum Hals im Schlamm versunken, ohne Möglichkeit, mich zu bewegen, wenn nicht bald die Hilfe kommt, mich aus dem Sumpf herausbringt, mich wieder als Soldat einstellt und mich mittun und mitleben läßt! Denn so wie jetzt geht’s nicht weiter! So komme ich um! So versumpfe ich ganz und gar!“

      „Warst du denn so unglücklich mit mir?“

      „Wie kannst du nur fragen? Saumäßig wohl war’s mir die ganze Zeit! Ein stolzes Gefühl, als freier Herr auf eigenem Grund und Boden zu schalten und zu walten und zu sehen, wie wir vorwärtskamen und uns wohl dabei standen! Ich trug schon die Nase gehörig hoch bei all der Anerkennung, die mir von allen Seiten zuteil wurde! Das leugne ich gewiß nicht! Aber das ist gewesen, und das soll mich von nichts mehr abhalten dürfen! Alles hat seine Zeit! Das mußte auch erlebt sein, und das habe ich erlebt! Das genügt aber nicht! Das erfüllt mein Leben nicht! So schlafe ich ein, geistig wie leiblich. Und das darf nicht sein! Ich habe den Trieb, mich weit darüber hinaus zu betätigen, und wenn’s mir das Leben kosten sollte! Vorwärtsstürmen aufs Unmögliche los, um es möglich zu machen und auch andere dazu treiben! Das habe ich! Das kann ich! Ob’s der Abenteurer ist, der mir im Blute liegt – ob’s weiter nichts ist als purer Leichtsinn –, jener Trieb muß befriedigt werden, oder ich krepiere!“

      Die Frau Rittmeisterin blickte auf.

      „Man soll das Leben nur für etwas einsetzen, was des Lebens wert ist!“

      „Wer nicht bereit ist, es stets und immerdar für seine Sache einzusetzen, wie gering sie auch anderen scheinen mag, der ist nicht wert, zu leben!“

      „Du wirfst es aber hin, wie wenn du Geld auf eine Karte setzest.“

      „Und gewinne es zehnfach wieder!“

      [pg 46]

      „Wenn du nicht Pech hast, wie meistens – Pech beim Spiel, Pech auf der Jagd, Pech in der Liebe –“

      „Wie kannst du das sagen?“

      „Wieso nicht?! Wo du mit einer Frau leben mußtest, die dir weiter keine Empfindungen eingeben konnte als das Gefühl, an ihrer Seite im Sumpf zu versinken!“

      „Verdrehe meine Worte nicht! Versteh mich recht: ich fühle mich zurückgesetzt, ausgestoßen, zu nichts