DU GEHÖRST IHNEN.. Dankmar H. Isleib. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dankmar H. Isleib
Издательство: Bookwire
Серия: 666 - Perfektion des Bösen
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783969020050
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glaube, du weißt es längst: Niemand redet mehr von Tina. You are the Queen of Rock´n´Roll, Lady! Die Band war großartig, ihr habt sehr gut harmoniert und auch der Sound war sensationell. Kräftig und doch durchlässig, offen. Sehr viel Bässe, mir manchmal fast zu dick, aber ich weiß, die Kids mögen das. Ich hätte nicht gedacht, dass Andy in der akustisch schwierigen Halle einen dermaßen fetten Sound fahren kann. Es ist schade, dass wir den Gig nicht mitgeschnitten und aufgezeichnet haben. Wäre eine super Live-CD und DVD geworden! Wirklich schade.«

      »Danke. Auch ich habe gespürt, dass es heute besonders gut lief und es berührt mich doppelt stark, dass mein Bruder den großen Erfolg in Deutschland nicht mehr erleben konnte ...«, erwiderte Stella mit ihrer rauchig-kehligen, überaus warmen Stimme.

      »Von wem ist die Karte?«

      »Er sah aus wie ein normaler Fan, aber ich denke, der Typ ist etwas Besonderes. Die gepflegten Hände, die Art, wie er mich ansprach, wie er sich sicher war, dass du den Abend nach dem Konzert mit ihm verbringen wirst, war schon verblüffend«, sagte Marek. »Absolut selbstsicher, überzeugend sein Auftritt. Gutaussehend. Deutscher, zirka fünfunddreißig. Vielleicht ein wenig älter. Schwer zu schätzen. Interessanter Typ, auf jeden Fall.«

      Marek kannte Stellas Vorlieben. Er traf nach ihren Konzerten stets eine vorzügliche Wahl. Dezent, unaufdringlich, sicher. Denn er war um das Wohl seines Superstars besorgt. Sie ließ sich gerne überraschen und war immer wieder erstaunt, wie sicher Marek ihren Geschmack traf. Das hatte nichts mit Äußerlichkeiten zu tun. Die waren ihr mehr oder minder egal. Es kam ihr auf eine ganz gewisse, nicht zu beschreibende Ausstrahlung an, die sie von den Männern erwartete, denen das Privileg zuteilwurde, den Abend, die Nacht oder Teile der Nacht mit dem Superstar verbringen zu dürfen. Dafür hatte Marek, der ihre Tourneen weltweit promotete, im Laufe der Jahre ein gutes Händchen entwickelt. Und wenn kein Mann seiner Wahl die Prüfung bestand, ging Stella ohne zu murren allein in ihre Suite.

      Stella war sein Gold. Er wusste den Schatz zu hüten.

      Auf dem Kärtchen standen – die ausgewogene, kräftige und leicht nach links kippende Schrift war einladend, männlich und sexy, wie Stella befand – nur wenige Worte:

       – Alles oder nichts. Sie haben die Wahl. R.M. –

      »Weiß er, wohin wir gehen?«, fragte Stella Marek.

      »Natürlich, Liebes. Die ganze Crew ist von ihm zum Essen eingeladen. Schon gestern, per Email. Einfach so. Der hat ein super Restaurant in Wiesbaden gebucht und schrieb, dass er Stella Henderson und Band sehr mag und sich für die tollen Songs der letzten Jahre erkenntlich zeigen wolle. Wir haben umdisponiert, seine Einladung angenommen, dadurch können wir zusätzlich unser Budget ein wenig entlasten. Why not? Ihr beide habt einen wunderschönen Tisch, uneinsehbar. Ich habe mir den Feinschmeckertempel im Hotel Nassauer Hof vorhin schon angesehen und Bruno hat ihn gecheckt. Ist absolut OK. Es wird dir dort gefallen. Nicht nur in Wiesbaden weiß man die >Ente< zu schätzen.«

      Und damit ging Marek Bergfield, ihre Antwort gar nicht erst abwartend, ebenso dezent aus der Garderobe wie er gekommen war.

      Stella schaute noch einmal auf das Kärtchen, die federnde Schrift.

      ... Alles oder Nichts ...

      Ich glaube, ich will alles, ging es ihr durch den Kopf. Sie streifte den Bademantel ab, streichelte sanft über ihre rosaroten, hart aufgerichteten Knospen, schaute zufrieden an sich hinunter, ging unter die Dusche und drehte das Wasser auf sehr, sehr heiß.

      VI

      WIR MÜSSEN DAS PARADIGMA DES KONTRAHIERTEN GEISTES

      AUFGEBEN.

      DER GEIST REICHT WEIT ÜBER DEN TEIL DES GEHIRNS HINAUS;

      ER BESEELT DEN GANZEN KÖRPER UND BELEBT IHN.

      DER KARTESIANISCHE BANN IST GEBROCHEN.

      GLAUBT ES ENDLICH.

      ES GIBT KEINE MAUERN ZWISCHEN GEIST UND MATERIE,

      PSYCHE UND KÖRPER, SUBJEKT UND OBJEKT.

      Nach Rupert Sheldrake – Danis

      Hongkong, Anfang Oktober, Tai-Pans unter sich. Konspiratives Treffen, erschreckende

      Infos über die Illuminaten,

      der Lee-Tower in Seoul wird von einem

      Flugobjekt getroffen ...

      Einen der weltweit besten Italiener findet der Gourmet in Hongkong, der noch immer einmaligen Metropole Asiens, die durch die Übernahme der Rotchinesen nicht allzu viel gelitten zu haben schien. Zumindest auf den ersten Blick des ahnungslosen Touristen, des internationalen Geschäftsmannes, der auf ein gutes, wenn möglich schnelles Geschäft hofft. Für jemanden also, der nicht gewillt ist, sich Gedanken um die Menschen zu machen. An der Schale sollte man freilich nicht kratzen. Es könnte sein, dass darunter Rost zutage tritt. Oder andere, rote Schmutzpartikel, die der glänzende Lack verhüllt.

      Im >Langham Hongkong< ist das Restaurant seit vielen Jahren zu Hause. Das Langham ist ein eher unauffälliges Hotel der nach wie vor unbeschreiblich pulsierenden, geschäftigen Stadt, wenn man die mondänen oder traditionsreichen Hotels wie das attraktive >Grand Hyatt<, das >Ritz Carlton<, das >Landmark Mandarin Oriental< oder das betagte, doch hervorragend geführte >Peninsula< zum Maßstab nimmt.

      Ebenso unauffällig gleitet ein dunkelroter Rolls Royce Phantom die Nathan Road entlang, fährt auf das Planetarium zu, dem zwar markanten, aber architektonisch wenig gelungenen Bauwerk, biegt nach rechts in die Salisbury Road, streift das Peninsula Hotel, fährt von dort in die Canton Road, vorbei am Star House, dem Omni Hotel, lässt das Ocean Center links liegen, um dann sanft und noch immer unauffällig in die Peking Road einzubiegen und vor der Nummer 8 zu halten. Der Fahrer, livriert, wie es sich für den Chauffeur eines Rolls gehört, ist voller Konzentration. Der Phantom trägt das unter Chinesen gefragteste und sehr teure Kennzeichen 888.

      Nummernschilder mit der Zahl 8 sind von reichen Hongkong- Chinesen unverändert begehrt, denn die 8 verkörpert Glück, Reichtum; man wird von Gott bevorzugt. Mit einer 8 im Kennzeichen kann dem Besitzer des Wagens nichts Schlechtes widerfahren. Nie und nimmer. Wer den Wagen mit der 888 fährt, gehört zu den Mächtigsten, den wahren Tai-Pans in Asien. Die verdreifachte Ziffer 8, die Zahl 888, wird von vielen Okkultisten für die Zahl Jesu Christi im Hinblick auf seine Erlöser-Berufung angesehen; im asiatischen Raum steht die Zahl für Buddha. Um das besondere, einmalige Kennzeichen – das von der britischen Stadtregierung versteigert wurde, kurz bevor die Chinesen die Macht übernahmen – zu erhalten, hatte der Besitzer des dunkelroten Rolls Royce gut zehn Millionen Hongkong-Dollar hinblättern müssen. Der Erlös aus Versteigerungen von begehrten Autokennzeichen floss unter den Briten traditionsgemäß sozialen Einrichtungen des Stadtstaates zu; vermutlich halten das die nun regierenden Chinesen ebenso. Aber: Darüber spricht man nicht und Touristen werden mit dem Zahlenchakra, das für die Chinesen ungemein wichtig ist, nicht belästigt.

      Der Rolls hat sein Ziel erreicht. Der Hotelboy öffnet devot die hintere rechte Tür des fabrikneu ausschauenden Wagens und nickt dem schlanken, zierlichen Asiaten beim Aussteigen freundlich zu. Die Anfahrt zum Langham ist so unauffällig, wie man es von diesem Hotel erwartet. Der Ankommende hat das Gefühl, direkt in den Garagenpark des Hotels zu fahren. Nur die großzügige Messingtür, die roten Teppiche im nüchtern gehaltenen Eingangsbereich erinnern daran, dass man sich in ein Luxushotel begibt. Die Mengen von wohlhabenden Shopping-Touristen, vorwiegend Japaner, Amerikaner, Australier, fahren an den seitlichen Haupteingang des Hotels mit dem Taxi vor, wenn sie vom stets ergiebigen Shopping mit unzähligen Tüten und Kartons bepackt zurückkommen. Die, die weniger auf Shopping-Trips aus sind, erlaufen sich Teile der Stadt zu Fuß und erreichen durch den ebenso unauffälligen Vordereingang, eine Rolltreppe hochfahrend, die Lobby des Langham.

      Kaum ist der zierliche und distinguiert wirkende Herr im maßgeschneiderten, dunkelgrauen Seiden-Kashmir-Anzug ausgestiegen, rollt der Rolls wieder der Ausfahrt entgegen. Sir Lincoln Lee geht gemessenen, doch zügigen Schrittes auf einen der vier Fahrstühle zu und wird im Gewusel der einkaufswütigen Touristen und Business-People kaum wahrgenommen.