„Ich verstehe schon.“ Mehr brauchte ich nicht zu hören.
Sie hatten mein Zuhause überrannt. Meine Angestellten verletzt. Mein Schlafzimmer betreten. Natalias Leben bedroht. Sie hatten etwas in meinen Drink gemixt, Max gefangengenommen und Daniel erschossen.
Wie durch einen Nebel hörte ich Natalia meinen Namen sagen.
„Sie werden dafür bezahlen.“
Sie zwang mich, die Faust zu öffnen und schob ihre zarte Hand in meine wunde und raue. „Cristiano, bitte. Beruhige dich. In deinem Zustand ist es nicht gut, wenn du dich aufregst.“
„Sie wissen, dass ich mich nicht einfach zurücklehnen und nichts tun werde.“
„Was der Grund ist, warum du genau das tun wirst“, sagte sie. „Niemand weiß, was jetzt passiert. Das könnte eine Falle sein, oder eine Art von Ablenkung, oder …“
Den Rest hörte ich nicht mehr. Bei ihrer Berührung allein beruhigte sich mein Herzschlag.
Natalia seufzte, als ob sie alle Last der Welt auf den Schultern trug. „Möchtest du gar nicht wissen, wie es dir geht?“
Auch ohne es von den Ärzten zu hören konnte ich erkennen, dass meine Verletzungen relativ gering waren. Man hatte mich zusammengeflickt und zweifellos würden sie versuchen, mich lächerlich lange im Bett liegenzulassen. Ich wusste allerdings aus Erfahrung, dass die Schmerzen schlimmer sein könnten, und da ich sowieso schon unruhig war, dass ich über kurz oder lang wieder fit sein würde.
Allerdings ergab das keinen Sinn. Ich sollte tot sein. Es war noch nie jemandem gelungen, mich in die Knie zu zwingen und lange genug in der Gewalt zu haben, um mir ein Messer drei oder vier Mal in den Körper zu rammen. Ich war komplett gelähmt gewesen. Ich hätte zusehen können, wie man mir eine Waffe an die Schläfe hält, und nichts dagegen unternehmen können.
„Ein paar der Ärzte denken, dass du Glück hattest“, sagte Natalia sanft. „Aber ich weiß, dass du deines eigenen Glückes Schmied bist. Der Angreifer hat keine wichtigen Organe verletzt. Und dein Herz verfehlt.“
Ich zog ihre Hand an meinen Mund, beobachtete ihr Gesicht, bat stumm um Erlaubnis, als ich ihre Finger und ihre Handfläche küsste. „Das liegt daran, dass ich kein normaler Mensch bin, ich hab es dir doch schon gesagt. Meine Organe sind unverwundbar.“
„Und dein Herz? Ist das auch unverwundbar?“
„Nein. Aber es war nicht da, wo es hätte sein sollen. Denn es war hier. Bei dir.“
„Cristiano“, sagte sie atemlos. Sie schob mir ein paar Strähnen aus der Stirn und ich musste mir alles abverlangen, um nicht die Augen zu schließen und mich dem Gefühl ihrer Finger auf meiner Haut hinzugeben. Ich hatte sie schon viel zu lange nicht angesehen. Ich wollte mich an ihr sattsehen. „Die Ärzte haben nichts davon gesagt, dass du dir den Kopf aufgeschlagen hast? Geht es dir denn gut? Hat dich diese Nahtoderfahrung zu einem Romantiker gemacht?“
„Sie hat mir nur gezeigt, was ich schon wusste. Dass Zeit kostbar ist. Ich werde keine mehr verlieren und mich zurückhalten.“
„Du? Dich zurückhalten?“, fragte sie mit einem kleinen Lächeln. „Seit wann?“
Ich wünschte, sie würde nachgeben und ein für alle Mal in meine Arme sinken. Bei mir nach Schutz und Sicherheit suchen. Allerdings hielt sie sich noch zurück. Irgendetwas hatte sich geändert. Ich spürte, wie sie langsam nachgab, aber noch nicht ganz.
Sie rutschte nah genug, dass wir uns flüsternd unterhalten konnten. „Du hast alle in Angst und Schrecken versetzt.“
„Dich?“
„Ja. Mich. Wirst du mir sagen, warum du überhaupt weg warst? Wonach du gesucht hast? Was war so wichtig, dass du dein Leben dafür aufs Spiel gesetzt hast?“
„Wenn du es zulassen würdest, würdest du die Antwort erkennen.“
Sie biss sich auf die Lippe und ihr Blick glitt über meinen bandagierten Körper, wobei ihr das rabenschwarze Haar ums Gesicht fiel.
„Du, Natalia“, sagte ich. „Ich habe nach dir gesucht, und mein Leben für dich aufs Spiel gesetzt.“
Ihr Blick schoss hoch und sie umfasste so schnell meine Wangen, dass ich zusammenfuhr. Sie zwang mich, in ihre Augen zu sehen.
„Nein.“
Ich runzelte die Stirn. „Nein, was?“
„Nein zu allen Suchunternehmungen nach Abschluss, oder Beweisen, oder was immer es war, dass dich bewogen hat, zu gehen. Ich brauche das nicht, Cristiano de la Rosa. Du wirst nie mehr losziehen und nach einem Abschluss für mich suchen.“
„Aber es ist nicht nur für dich. Ich tue es auch für mich.“ Ich legte meine rauen, unwürdigen Hände über ihre sanften, verletzten und umfasste sie. „Es wird immer den Hauch eines Zweifels in dir über meine Rolle an Biancas Tod in dir geben. Damit kann ich nicht leben.“
Sie lehnte sich etwas zurück und Überraschung huschte über ihr Gesicht. Ihre Brauen zogen sich zusammen, als sie zur Seite blickte. Weg von mir. Was war los? Womit haderte sie? Sie wollte über alles, was mit ihrer Mutter zusammenhing, Antworten haben. Aber das hieß auch, dass sie mich weitermachen lassen musste.
„Weißt du etwas?“, fragte sie.
„Ich habe nur Vermutungen, denen ich auf den Grund gehen will.“
Sie holte tief Luft durch die Nase. Wenn sie mich bitten würde, wieder loszuziehen, würde ich es tun. Sobald ich einen Plan ausgearbeitet hatte, wie ich Max befreien und Vergeltung an den Belmonte-Ruiz üben konnte.
„Geh nicht“, sagte sie schließlich. „Ich will, dass du hierbleibst. Zu Hause. Zieh nicht los und suche nach Antworten, und lass die Belmonte-Ruiz in Ruhe.“
Ich musste mich verhört haben. Sie würde mein Wohlergehen über Informationen zu Biancas Ermordung stellen? Über Rache? In diesem Augenblick heilten meine Wunden. Die Loyalität und das Vertrauen meiner Frau waren der Balsam, die Betäubung, die Heilung für ein Leben voller Zurückweisung und Verlust.
Es war, endlich, das erste Anzeichen dafür, dass sie einen Weg finden konnte, mich zu lieben.
Neulich noch wäre das alles gewesen, was ich von ihr hören wollte. Bleib.
Aber wir wussten beide, dass das nicht sein konnte. Ich war schon immer in diesem Leben und würde es immer sein. Ich stand schon immer in der Schusslinie. War in Gefahr. Für mich gab es keine Garantie auf ein Morgen. Ich würde nichts fallen lassen und jetzt, da Belmonte-Ruiz uns angegriffen hatte, wollte ich zehnmal so viel Rache ausüben. Natalia mochte das nicht gut finden und ihre Sorge brachte mich fast dazu, noch einmal darüber nachzudenken, aber ich konnte Daniel und die anderen nicht für nichts begraben. Und ich konnte Max nicht im Stich lassen. Auch wenn ich, ganz tief in mir, sein Schicksal kannte.
„Genug über Geschäftliches.“ Ich streichelte und drückte ihren Oberarm. Ich wollte sie gern näher bei mir haben, aber wir hatten bereits riesige Fortschritte gemacht. Ich wollte mein Glück nicht herausfordern. „Hast du bei mir geschlafen?“
Sie schüttelte langsam den Kopf. „Du brauchtest Platz.“
„Du hast geschworen, in meinem Bett zu schlafen.“ Mein Tonfall wurde dunkler. „Das ist eine Regel, mi Amor.“
„Gib mir mildernde Umstände.“
„Wenn du nicht hier gewesen wärst, als ich aufgewacht bin, hätte ich alle nach dir suchen lassen.“
„Da