Violent Triumphs - König und Königin. Jessica Hawkins. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jessica Hawkins
Издательство: Bookwire
Серия: White Monarch Trilogie
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783864439551
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konnten. Calavera war der Top-Händler für Waffen. Weltweit. Und das machte sie nahezu unantastbar. Aber reichte das, um sie zu beschützen, wenn es die Runde machte, dass die Badlands eigentlich eine Art Rehabilitationszentrum waren, für alle, die von anderen Kartellen in die Sklaverei verkauft worden waren? Die Anführer der Untergrundorganisationen in der Welt, in der ich aufgewachsene war, konnten fast alles rechtfertigen und unterstützen. Aber die Zerstörung feststehender Strukturen, Diebstahl, der Cristianos Rivalen richtig wehtat und das Zusammenbrechen eines ganzen Geschäftszweiges, der seit Jahrzehnten Bestand hatte …

      Das war etwas, das keiner hier unterstützen würde.

      Aber darüber konnte ich mir jetzt keine Sorgen machen. Cristianos Leben stand auf dem Spiel. Und ich wollte nicht an das denken, was ohne ihn aus all dem hier werden könnte.

      Kapitel 3

       Natalia

      Man hatte die Balkontüren geschlossen und die Vorhänge zugezogen. Doch durch den durchsichtigen Stoff färbte sich der Nachthimmel zu einem Royalblau, als der Morgen dämmerte. Doktor Sosa trat von Cristianos Bett zurück, um etwas auf dem Klemmbrett zu notieren. Es war das erste Mal, dass sie sich von ihrem Team löste, und ich nutzte die Chance, um Antworten zu bekommen.

      „Doktor Sosa? Ich bin Natalia“, sagte ich, als ich auf sie zuging. Und dann fügte ich hinzu: „De la Rosa. Cristianos Frau. Ist er … wird er überleben?“

      Sie schob sich das Klemmbrett unter den Arm. Als sie die Gummis der Chirurgenmaske über die Ohren zog, fielen ihr ein paar Strähnen des hellbraunen Haares ins Gesicht. Wenn man sich den zerfledderten Dutt und die verquollenen Augen betrachtete, erkannte man, dass sie geschlafen hatte, als sie gerufen wurde.

      „Ja.“

      Die Luft entwich meinen Lungen. Ich hatte kein einfaches Ja erwartet. Ich öffnete den Mund, fand aber keine Worte. „Er … wirklich?“

      „Cristiano erlitt drei Stichverletzungen“, sagte sie. „Zwei sehr tiefe, aber saubere Schnitte in den Bauch, und einer hat sein Herz nur knapp verfehlt.“

      Ich legte mir die Hand vor den Mund. So drastisch zu hören, wie knapp er dem Tod entgangen war, ließ mein Kinn zittern. Eine Hand auf meiner Schulter machte mich auf Alejandro aufmerksam.

      „Knapp verfehlt ist eine gute Sache, Natalia“, sagte er.

      „Cristiano hat viel Glück gehabt“, stimmte Doktor Sosa zu. „Entweder das, oder sein Angreifer war extrem talentiert.“

      „Was?“, fragte ich. „Entschuldigung, es war eine lange Nacht. Ich habe gerade verstanden, sie hätten extrem talentiert gesagt.“

      „Ich auch. Was soll das bedeuten?“, fragte Alejandro.

      „Es wurden keine wichtigen Organe verletzt“, erklärte sie und zeigte auf ihren eigenen Bauch. „Bei drei Versuchen kommt es einem fast so vor, als hätte man versucht ihn nicht umzubringen.“

      „Das ergibt keinen Sinn“, sagte Alejandro. „Aber das klingt nach guten Nachrichten.“

      Sie nickte. „Er hat Blut verloren, aber er ist clever. Oder ein Narr. Weil er immer, bevor er länger fortbleibt, hier Blut einlagert. Außerdem leben im Ort einige, die als Blutspender für ihn infrage kommen.“ Sie betrachtete ihre Aufzeichnungen und seufzte. „Jemand weniger stures hätte von dem Blutverlust wahrscheinlich schon einen hypovolämischen Schock erlitten. Aber glücklicherweise waren wir auf eine Transfusion vorbereitet. Ich muss die Wunden eine Weile im Auge behalten, und sobald wir uns sicher sind, dass keine Infektionsgefahr mehr besteht, nähen wir ihn.“

      „Also wird er wieder gesund?“, fragte ich zögerlich.

      „Es ist nie ratsam, in so einer Situation wie dieser Garantien auszusprechen, aber es sieht gut aus. Er hat Gewebe- und Muskelschäden, dazu kommen noch die Nähte, also wird er ein paar Wochen das Bett hüten müssen.“

      „Das wird ihm nicht gefallen“, sagte Alejandro. „Er musste früher schon öfter Bettruhe halten, wie wir alle auch. Aber ich kenne ihn. Er ist sehr ungeduldig. Erinnerst du dich, als er das letzte Mal angeschossen wurde?“

      Ich runzelte die Stirn. „Das letzte Mal? Wie oft …?“

      „Er war schon kurz darauf wieder im Einsatz“, antwortete Doktor Sosa. „Ihr müsst ihm immer wieder klarmachen, dass er im schlimmsten Fall operiert werden muss. Oder eine Infektion bekommt. Haltet die Wunden sauber, stellt sicher, dass er das Antibiotikum schluckt und haltet ihn so lange es geht im Bett. Dann sollte er bald wieder der Alte sein.“

      Der Alte sein.

      Wollte ich das denn?

      Mein Körper beantwortete diese Frage für mich. Ich wusste nicht, wie ich den Ansturm der Erleichterung bewältigen sollte. Auf positive Neuigkeiten war ich nicht eingestellt gewesen. Meine Muskeln wurden schwach und Erschöpfung setzte ein. Aber ich riss mich zusammen.

      „Gott sei Dank. Nein. Ihnen sei Dank, Doktor Sosa.“

      „Das ist doch selbstverständlich, aber ich bin noch nicht fertig.“

      „Bei Weitem nicht“, stimmte Alejandro zu und betrachtete mich. „Würdest du bitte Natalia untersuchen?“

      „Mir geht es gut“, sagte ich zu der Ärztin. „Cristiano braucht Sie mehr.“

      „Meine Kollegen können sich für den Augenblick um ihn kümmern. Kommen Sie, setzen Sie sich“, sagte sie und führte mich am Ellbogen zu der Couch am Kamin. „Ich sehe, dass Sie die Wunden Ihrer eigenen Schlacht tragen. Kopfschmerzen?“

      „Ein bisschen, ja.“

      „Das ist zu erwarten. Ihre Aussprache klingt normal, was gut ist. Lassen Sie uns mal schauen.“ Sie setzte mich hin und entfernte meine Pflaster und Bandagen, um die Schnittwunden zu untersuchen. „Das sieht schlimmer aus, als es ist“, stellte sie fest. „Oberflächenwunden, aber die am Hals und der Wange werden wahrscheinlich Narben hinterlassen.“

      Ich blickte zu Alejandro. „Dann habe ich wenigstens Beweise dafür, dass ich mich selbst verteidigt habe, wenn Cristiano aufwacht.“

      Er lächelte. „Er wird gute Neuigkeiten brauchen können.“

      Nachdem Doktor Sosa meine Schnitte genäht hatte, rollte ich mich auf der Couch zusammen und beobachtete, wie sie das Gleiche bei Cristiano machte.

      Finger streichelten mir durchs Haar. Ich genoss die tröstliche Berührung.

      Cristiano.

      Er war hier. Er war …

      Verletzt.

      Ich öffnete die Augen. Pilar saß auf der Sofakante in Cristianos Schlafzimmer, wo ich vor dem Kamin eingeschlafen war.

      „Wie fühlst du dich?“, fragte sie und deckte mich mit einer Wolldecke zu.

      „Ist Cristiano wach?“, fragte ich und setzte mich auf.

      „Noch nicht.“

      Ich sah zu ihm hinüber. Es waren keine Leute mehr da, nur der Kontrollmonitor mit dem Piepsen seines Herzschlags deutete auf Leben hin.

      Pilar sah zu der geschlossenen Schlafzimmertür und flüsterte: „Wir könnten einfach gehen.“

      Ich rieb mir die Reste des Kopfschmerzes aus der rechten Schläfe. „Bitte?“

      „Ich … wegen dem, was Jaz im Panikraum gesagt hat …“ Sie legte sich den offenen Pferdeschwanz über die Schulter und drehte die Haarspitzen um ihre Hand. „Ich weiß, dass Cristiano sich wahrscheinlich wieder erholt, aber alles Mögliche könnte passieren. Wir könnten in echte Schwierigkeiten geraten, wenn er sich nicht mehr erholen sollte. Selbst, wenn er es tut, wir könnten abhauen. Jetzt. Bevor er wach wird.“

      Hatte mir Pilar die ganze Zeit nicht zugehört? „Niemand kann vor ihm weglaufen. Ganz besonders nicht ich. Wenn das