Violent Triumphs - König und Königin. Jessica Hawkins. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jessica Hawkins
Издательство: Bookwire
Серия: White Monarch Trilogie
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783864439551
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hatte Angst“, sagte sie rau. „Um dich und um mich.“

      Mein Blick fiel erneut auf die Schnittwunde. Blaue und rote Flecken färbten ihren schmalen Hals. Ich hob ihr Kinn noch etwas mehr an. „Was sind das für Flecken? Schnitte? Deine Stimme … sieht aus als … hat dich jemand gewürgt?“

      „Ich habe mich gewehrt“, sagte sie und lächelte sanft. „Und ich habe gesiegt. Das ist alles, was zählt.“

      Stolz durchflutete meine Brust. Mein Mädchen. Gut hatte sie das gemacht, aber ein Sieg war lange nicht genug, um mich zu beschwichtigen. „Schone mich nicht, Natalia.“

      Als ich wieder versuchte, mich aufzusetzen, hielt sie mich mit einer bandagierten Hand auf meiner Schulter davon ab.

      „Was ist mit deiner Hand?“

      „Bitte. Leg dich hin …“

      „Hör auf, mir das zu sagen. Erzähl mir jedes Detail, oder ich gehe und finde jemanden, der es tun wird.“

      Sie sah auf meinen Herzmonitor. „Ich will nicht, dass du dich aufregst.“

      Ich schnappte mir ihr Handgelenk und legte ihre Handfläche auf meine nackte Brust, sodass sie meinen Herzschlag fühlen konnte. „Der körperliche Schmerz ist nichts. Ich hatte schon Schlimmeres. Aber jede Sekunde, die vergeht, ohne zu wissen, was dir zugestoßen ist, wird der Schmerz heftiger. Wird mein Zorn schlimmer und mein Herz …“

      „Okay“, sagte sie mit beruhigender Stimme. Auch wenn ihr Blick zum Monitor schoss, als sie bemerkte, wie sich mein Herzschlag erhöhte. Sie kam näher, ließ die warme Hand über meinem Herzen liegen. „Nun gut. Ich erzähle es. Belmonte-Ruiz hatte einen Plan. Sie wollten für jede Frau, die du ihnen weggenommen hast, den Gefallen erwidern.“

      „Sie haben dich ins Visier genommen.“

      „Alle Frauen. Wir haben uns verteidigt“, sagte sie schnell. „Nicht jede hat es überlebt, aber Jaz, ich und Pilar haben es geschafft.“

      Das war nicht gut genug. Ein Leben, eine einzige Verletzung, war schon zu viel. Ich schloss die Augen. „Ich hatte dir geschworen, dass du hier sicher bist. Dass ich hier bin, um dich zu beschützen. Euch alle.“ Mein Kiefer verkrampfte sich und sich sah weg. „Ich habe euch im Stich gelassen.“

      Sie kam noch näher. „Du warst hier, Cristiano. Ein Mann drang ins Zimmer ein, während ich mit dir am Telefon war. Er hat seine Hände um meinen Hals gelegt, bis ich Sternchen gesehen habe.“

      Ich würde ihm die Gliedmaßen einzeln ausreißen. Ich würde eiskalten Zorn auf seine ganze Familie herabregnen lassen, über seine Brüder, jedem, an dem ihm etwas lag. Ein undurchsichtiger Schleier legte sich über mein Sichtfeld, während mich die herannahende Explosion zum Beben brachte. Ich sah nur noch einen Fremden in meinem Schlafzimmer.

      Wie er meine Frau bedrohte.

      Anfasste.

      Bilder zuckten durch meinen Verstand, wie Wellen, die sich an scharfen Felsen brachen. „Ich werde diesen Hurensohn umbringen.“

      „Das habe ich schon“, sagte sie und sah mir fest in die Augen.

       Was?

      Meine Wut kühlte etwas ab, als die Worte einsickerten.

      „Du …“

      Sie nickte langsam und ein stolzes Lächeln formte sich auf ihrem Gesicht. „Ich hab doch gesagt, ich habe mich verteidigt. Und gewonnen. Du warst also da. Du hast mir das beigebracht.“ Ihr Gesichtsausdruck wurde wieder ernst. „Allerdings bin ich in Panik geraten. Ich hatte nicht die richtige geistige Haltung und konnte ihn nicht bekämpfen. Ich fing an, aufzugeben. Zunächst habe ich alles falsch gemacht, aber er hatte nicht damit gerechnet, dass ich mich wehren würde. Und das war sein Fehler. Ich glaube nicht, dass einer von ihnen damit gerechnet hatte, dass wir uns wehren würden.“

      „Er hat dich unterschätzt. Aber du selbst hast dich nicht unterschätzt.“

      „Du hast uns, oder vielmehr mir, Werkzeuge gegeben, mit denen ich mich wehren konnte. Und ich habe sie genutzt.“

      „Wie?“

      „Jaz hat geholfen.“ Die Finger auf meiner Brust formten sich zu einer Faust. „Ich werde dir die genauen Einzelheiten später erzählen, und du kannst mir erläutern, was ich das nächste Mal besser machen kann.“

      Ich schüttelte den Kopf. Halb ehrfürchtig, halb wünschend, ich hätte es mit eigenen Augen gesehen. „Du hast genau das getan, was du tun solltest. Am Leben bleiben.“

      „Regel Nummer eins. Nicht sterben.“ Sie nahm mich am Handgelenk, senkte den Kopf so, dass ich mich nicht strecken musste, und legte meine Finger an ihre genähten Schnittwunden. „Sie sind eine Ehrenmedaille. Du hast mich gewarnt, dass ich verletzt werden könnte, also war ich darauf eingestellt. Du hast Narben. Jetzt habe ich auch welche. Und sie werden mir eine Erinnerung daran sein, dass die Dinge manchmal angsteinflößend und unmöglich zu sein scheinen. Aber, dass sie das nicht unbedingt sind.“

      Sprach sie über mehr als den Angriff? Alles an mir und meinem Leben hatte sie verängstigt, als sie hier ankam. Ich hoffte, dass dies ihre Art war, mir mitzuteilen, dass ich sie gut vorbereitet hatte. Dass ich ihr beigebracht hatte, sich selbst zu verteidigen und dass sie jetzt offen war für angsteinflößende und unmögliche Dinge. Wie uns.

      „Die Narben sind ein Teil von dir“, sagte ich. „Und sie repräsentieren die zweite Chance, die du dir selbst gegeben hast.“ Ich fuhr mit dem Daumen über ihre wunde und zerschnittene Wange. Es stand allerdings eine grelle Frage im Raum, die ich nicht ignorieren konnte. Ich befürchtete, dass die Antwort mich so aufregen könnte, dass ich nicht in der Lage wäre, mich zu beruhigen, aber ich musste es wissen.

      „Natalia. Hat er dich angefasst? Hat er … hat er …“ Ich zwang mich, weiterzusprechen. Sie war meine Ehefrau. Wir teilten uns ein Bett. Ich hatte das Universum gewarnt, dass kein anderer Mann ihr jemals zu nahe treten durfte. Wenn er auch nur irgendetwas bei ihr versucht haben sollte, dann würde es alles ändern. Die Art, wie ich mich an sie wenden, sie berühren, ja, ansprechen würde. Es würde mir das Herz in Stücke reißen und mich in die tiefsten Ebenen der Hölle schicken, die nicht einmal ich kennenlernen wollte. Doch ich musste mich zunächst um sie kümmern, bevor ich an mich dachte. „Ich muss wissen, ob er dich vergewaltigt oder es versucht hat.“

      Sie zog sich zurück und sah schockiert aus. Meine Frage war unverblümt, aber nur so konnte ich sie stellen. Ich musste es wissen. Sofort.

      „Nein. Nein, nein, nein.“ Sie drückte mit beiden Händen meine. „Dafür waren sie nicht hier. Sie wollten uns umbringen.“

      Mein Herzschlag beruhigte sich, während ich einen Entschluss fasste. „Ich werde einen Weg finden, es wiedergutzumachen. Seine Brüder, seine Familie, sie werden dafür bezahlen. Und ich werde das Belmonte-Ruiz-Kartell sprengen. Dass ich versucht habe, ihre Geschäfte zu unterbinden, war nichts im Vergleich. Jetzt werde ich sie jagen.“

      „Aber zunächst ruhst du dich aus“, sagte sie und zog mir das Laken über die Brust. Sie hob die heruntergefallene Infusion auf und rollte den Ständer dafür näher ans Bett. „Und du wirst für mich keinem Unschuldigen etwas antun. Sei zufrieden mit der Tatsache, dass niemand, der diese Mauern mit bösem Vorsatz betreten hat, überlebt hat.“

      „Das schenkt mir wenig Zufriedenheit. Sie sind nur der Rattenschwanz.“ Ich schnaubte, obwohl ich zugegebenermaßen froh war, das zu hören. „Nicht ein Einziger ist entkommen?“

      „Nicht ein Einziger. Halt still.“ Sie hob den Verband um meinen Brustkorb etwas an, um meine Wunden zu untersuchen. „Manche waren dabei, zu entkommen, aber deine Männer haben deren Hubschrauber abgeschossen. Du hast deine Angestellten, deine Leute, gut ausgerüstet. Im Angesicht der Gefahr haben sie besonnen gehandelt. Genau wie du. Die meisten haben deswegen überlebt.“

      Es war nicht wirklich die Zeit, um ein Lob auszusprechen, aber ich merkte, dass sie versuchte, mich zu beruhigen. Ihr Interesse an meinem Gefühlsleben war neu. Und sehr willkommen.