HUNTER. James Byron Huggins. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: James Byron Huggins
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958354197
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indem man einen festen Untergrund wählte. Wenn viele Äste auf dem Boden waren, musste man den Fuß parallel dazu aufsetzen.

      Vorsichtig inspizierte er den Felsen, suchte, analysierte jede Stelle, an der der blau-braune Staub, der auf dem Gestein war, verwischt wirkte. Und nach zwanzig Minuten sorgfältiger Suche fand er ihn: einen tiefen Abdruck von Klauen auf dem Felsen.

      Hunter ging in die Hocke und drehte den Kopf, um den Fluss unter sich zu betrachten. Er schätzte die Entfernung ab und schüttelte den Kopf, als sich ihm der Eindruck aufdrängte, noch vor seinen Berechnungen, dass der Sprung mindestens zehn Meter betrug. Das war eine gewaltige Distanz für jedes Lebewesen, selbst für einen Tiger.

      Um zu bestätigen, dass er richtig lag, sah er sich um und fand Klauenspuren im Felsen, Spuren, die von einer gewaltigen Stärke zeugten. Er sah anhand hunderter winziger Anzeichen, die ein unerfahrener Fährtenleser leicht übersehen hätte, wo es geklettert war. Er nickte; ja, deswegen waren keine weiteren Spuren im Flussbett zu sehen gewesen.

      Er erklomm den Abhang und kletterte behände bis zum Gipfel. Als er nach unten sah, erblickte er Takakura, der noch weit entfernt, gebückt schleichend das Team anführte.

      Er winkte sie näher heran und wartete, bis Bobbi Jo auf der anderen Seite des Flusses aus dem Wald auftauchte. Als er sie sah, winkte er und sie nickte und kam auf ihn zu.

      Als das Team an der Basis des Abhangs eintraf, zeigte Hunter nur auf den Gipfel und sie machten sich gemeinsam an den Aufstieg.

      Kapitel 6

      Die Fänge unter glühenden roten Augen entblößt, schlich er in das Licht des fahlen Mondes, der wie ein ausgezehrter Schädel über den Bergen hing. Seine Schultern spannten sich gewaltig und furchteinflößend unter einem entfernt menschlich wirkenden Gesicht und dem bösartigen Starren.

      Mit tierischer Anmut hob er den Arm, um einen Ast zur Seite zu drücken, und betrat eine große, mit Gras bewachsene Lichtung. Er hatte genug geschlafen – und das, was er einst gewesen war, existierte nicht mehr.

      Er trat ins Licht und war deutlich zu sehen – gebückt, mit enormen Muskeln bepackt, die Hände locker geballt. Lange, schwarze Klauen ragten aus den Fingern. Er wirkte eindeutig menschlich, auch wenn der breite, muskulöse Körper alles übertraf, was irgendwie menschlich genannt werden konnte.

      Er hatte beschlossen, sie in der Nacht anzugreifen. Und im richtigen Moment würde er sie alle töten. Er hatte damit gerechnet, dass sie ihm folgten, hatte es gewusst; und dass sie versuchen würden, ihn zu vernichten, für das, was er getan hatte. Ja, er würde sie alle töten, aber noch nicht jetzt. Das würde er erst tun, wenn er sie an einem Ort in die Ecke gedrängt hatte, an dem ihre Helikopter und Support-Teams ihnen nicht mehr zur Rettung eilen konnten.

      Noch ein Tag und vielleicht ein weiterer.

      Er dachte über das nach, was er beobachtet hatte …

      Tagsüber hatte er den Mann mit den Mokassins sorgfältig im Auge behalten, derjenige, der mit dem Wolf unterwegs war und seiner Spur so selbstsicher folgte. Auch wenn er keine Angst verspürte, wie sie es taten, wusste er, dass er diesem nicht so leicht entkommen konnte, wie den anderen.

      Ja, er würde diesen Mann zuerst töten müssen. Dann waren die anderen Schlachtvieh, er konnte sie umbringen, wann er wollte, während er sie durch Licht und Dunkelheit jagte. Vielleicht, wenn sie Glück hatten, entkamen einige. Aber er würde den Mann mit dem Funkgerät schnell töten, damit sie nicht kommunizieren konnten; so viel verstand er von ihrer Vorgehensweise.

      Er knurrte und kehrte in Gedanken zornerfüllt zu dem Mann zurück …

      Ja, er war gefährlich; ein verhasstes Phantom aus Tagen, als er wahrlich mächtige Gegner bekämpft hatte, die ihn verletzten wollten. Sicherlich musste er bei diesem Mann rasch zuschlagen und es schnell beenden.

      Der Rest war dann Jagdbeute.

      Auch in der Unterzahl war er zuversichtlich, denn er war schneller, stärker und viel gerissener als sie. Und er fürchtete sich nicht vor Schmerz, so wie er es manchmal getan hatte, als sie ihn mit Kugeln und Explosionen überzogen hatten.

      Obwohl er seinen neuen Körper noch nicht ganz verstand, wusste er, dass die harten Muskeln erstaunlich widerstandsfähig gegenüber modernen Waffen waren. Alles, was er jetzt brauchte, war das restliche Serum, um sich selbst zu vervollkommnen; der alte und der neue Mensch, das perfekte Wesen.

      Dass er diese rasende Kraft zweier Spezies aus etwas gewonnen hatte, das der Erde seit Äonen verloren gegangen war, störte ihn nicht. Ja, es genügte, am Leben zu sein, und wenn er das Serum in die Finger bekäme, dann würde er nie den Tod schmecken, so wie es normale Sterbliche taten.

      Er stand in tiefste Finsternis gehüllt und sah von einer Felskante auf ihr Camp hinab, wo sie ein Feuer entzündet hatten.

      Ja, dachte er, nutzt nur euer Feuer. So wie sie es schon früher getan hatten. Aber wir haben euch abgeschlachtet.

       Wir werden euch wieder abschlachten.

      Die Dunkelheit lauerte am Rande des Feuerscheins.

      In der unheimlichen Stille lud Taylor eine Schrotflinte, Kaliber .12, und entlud sie erneut, indem er repetierte. Dabei arbeitete er mit mechanischer Präzision, beinahe selbst eine Verlängerung der Waffe. Verschiedene Flinten waren um ihn herum verteilt, und er trug eine doppelläufige, abgesägte Schrotflinte mit verkürztem Knauf an der Hüfte. Auf der anderen Seite eine großkalibrige Pistole. Er war der am schwersten bewaffnete Mann im Team, und der größte. Das hohe Gewicht der Munition und der Waffen schien ihn nicht im Geringsten zu stören.

      Eine der Waffen, die er über den Rücken geschlungen trug, war eine M26-Schrotflinte mit kurzem Lauf, die man mit Magazinen laden konnte, in denen Patronen Kaliber .12 waren, genauso, wie Soldaten normalerweise Magazine verwendeten, die mit Patronen Kaliber .223 geladen waren. Über einer Schulter trug er einen voll bestückten Gurt mit Granaten. Über der anderen einen Gurt, in dem Magazine für die automatische Schrotflinte steckten.

      Hunter hatte nicht mit Taylor geredet, bis er sein Nachtlager herrichtete. Aber er sah auf, als Taylor näherkam und fragte: »Wieso der Blödsinn mit den ganzen Stöcken und Blättern? Glaubst du, das schützt dich davor, zu erfrieren?«

      »Funktioniert normalerweise«, sagte Hunter nur.

      Stille.

      »Weißt du Hunter, du bist gut.« Er schien darüber nachzudenken. »Du bist sogar sehr gut. Vielleicht der Beste, den ich je gesehen habe. Aber ich mag Typen wie dich nicht.«

      Hunter zuckte die Achseln. »Macht keinen großen Unterschied, oder?«

      »Für mich schon.«

      »Nun«, erwiderte Hunter, als er sorgfältig ein Stück Rinde ablegte, »sieh es mal so, Taylor. Wenn du tatsächlich so gut bist, wie man sagt, dann wirst du dich sowieso nicht mehr lange mit mir rumärgern müssen.«

      Stille. Taylor schnaubte. »Ich habe mal einen Typen wie dich in Vietnam kennengelernt. Wirklich geheimnisvoll. Ein Spurenleser. Indianer. Hat mit Geistern geredet und all so’n Scheiß. Alle mochten ihn. Bis all die tollen Geister uns in einen Hinterhalt geführt haben und sie als Hundefutter endeten.«

      »Tut mir leid, Taylor.« Hunter schloss seinen Bettbau mit einem abgerundeten Stück Rinde ab. »Aber Fakt ist, ich rede nicht so viel mit Geistern, großen oder anderen. Also brauchst du dir keine Sorgen machen.«

      Nach einem Moment murmelte Taylor leise etwas, das nur er verstand, und ging zu seinem Zelt.

      Hunter hatte sich schon an das brandnarbige Gesicht des Sergeants gewöhnt. Eine Hälfte war rot und glatt, das tote Auge blickte unter einer breiten, entschlossen wirkenden Braue hervor, das andere war dunkel und wild, veränderte sich in einem Augenblick von konzentriert und distanziert zu persönlich, nahe und bedrohlich. Als er sich das Gespräch noch einmal durch den Kopf gehen ließ, spürte Hunter, wie jemand anderes näherkam, aber er drehte sich nicht um, denn er erkannte