Taylors vernarbtes Gesicht verzerrte sich, als er die Augen beschattete, und den Sonnenstand abschätzte. »Wir müssen in weniger als drei Stunden ein Camp aufschlagen und sichern, oder wir haben kein Licht mehr. Die Dunkelheit kommt schnell in diesen Bergen. Das hab ich schon früher erlebt.«
»Ja?« Bucks Interesse war geweckt. »Wann?«
»Ach, damals in den späten Achtzigern.« Er spuckte zur Seite aus. »Eine große Aufklärungsaktion auf dem North Ridge. Ich wusste nicht, was wir machten. Angeblich sollten wir nach einer Höhle oder so was suchen. Wir haben nichts gefunden und uns den Arsch abgefroren.«
»Na ja, jetzt sitzt du wieder im Sattel, mein Alter.« Buck stand auf, als Hunter und der Rest des Teams sich auf dem Hügel in Richtung des Tals darunter bewegten. »Aber so, wie sich das Ding bewegt, stehen die Chancen nicht schlecht, dass wir es gar nicht vor die Flinte bekommen.«
Taylor grummelte. »Buck, du Idiot. Hast du eigentlich gar keine Ahnung?« Er gestikulierte in Richtung der Hügelkette. »Du bist bei den Special Forces und weißt immer noch nicht, wie gut der Typ ist? Dieser abgebrühte Wichser … der ist tough.« Er schwieg eine Sekunde, um seine Waffe zu schultern. »So jemanden hab ich noch nie gesehen, und ich hab die Fährtenleser der Army kennengelernt; das sind angeblich die besten, aber die können nicht mal in einem Tag bei Sonnenlicht das leisten, was der Kerl in 15 Minuten fertigbringt. Er liest jede noch so kleine Spur, Junge. Und ich meine jede.« Er hielt kurz inne. »Nein, der wird das Ding nicht entkommen lassen.«
Er warf Buck einen letzten Blick zu und ging los. »Mach dich mal besser fertig, mein Junge.«
Hunter starrte auf den Boden, als Bobbi Jo sich neben ihn kniete. Als er redete, war seine Stimme so leise, dass sie ihn kaum hören konnte. Ihr wurde klar, dass er das Geräusch des Flusses nutzte, um seine Worte zu übertönen.
»Heute Morgen haben sie ganz gut angefangen«, flüsterte er. »Jetzt klingen sie wie eine Büffelherde.« Kurzes Schweigen. »Das passiert eben. Die Leute werden zu bequem. Dann sorglos. Sie überqueren einen Strom 99 mal und sehen keine Schlangen. Beim hundertsten Mal schauen sie nicht mehr nach unten, weil sie denken, es ist sicher. Dann ist sie da. Und dann schlägt sie zu. Gewohnheit. Das bringt einen hier draußen um.«
Sie beobachtete die Gegend, drehte sich dann um und warf einen Blick auf das Team am Abhang. Sie konnte nichts aus ihrer Richtung hören, aber das Geräusch des Gebirgsbaches übertönte alles im schwindenden Tageslicht. Während sie die anderen beobachtete, schien es immer noch, als würden sie sich lautlos bewegen, sie machten behutsam einen Schritt nach dem anderen im Gänsemarsch mit jeweils drei Metern Abstand.
Sie fragte sich, was Hunter so beunruhigte, näherte sich ihm vorsichtig und trat dicht neben ihn. Er studierte alles um sich herum schweigend. Sie sah eine einzelne Spur auf dem trockenen Ufer und sonst nichts. Es war, als wäre die Kreatur vom Erdboden verschluckt worden.
Hunter drehte den Kopf leicht zur Seite.
»Ghost«, sagte er leise.
Mit unheimlicher Geschmeidigkeit schlich der riesige, schwarze Wolf heran, den Kopf gesenkt und völlig ruhig. Bobbi Jo packte unwillkürlich ihre Waffe fester, angesichts des Profils des Wildtieres, seines breiten Kopfes und der schwarzen Augen, die wie tot wirkten.
Hunter deutete auf die Fährte und sagte: »Such.«
Einen Moment später war der Wolf hinter einer Biegung des Flusses verschwunden, unsichtbar in der Schwärze des scheinbar unendlichen Waldes. Bobbi Jo wartete, aber Hunter sagte nichts mehr, während er weiter das Trittsiegel betrachtete. Dann fasste sie sich ein Herz gegenüber dem Mann, der hier im Wald zu Hause zu sein schien, und fragte: »Was geht Ihnen durch den Kopf?«
Hunter antwortete eine Zeit lang nicht.
Dann: »Das ergibt keinen Sinn.«
»Was?«
»Die Abrollspuren.« Hunter sah vor sie und nach rechts. »Das Ding hat sich nach rechts bewegte, aber es gibt keine Spuren auf der rechten Seite. Nur diesen Berghang.«
Eine steil ansteigende Felswand war neben ihnen, über 50 Meter hoch. Sie bestand aus furchigem Schiefergestein und kein Pfad war darin sichtbar. Sie konnten die Wand sicher erklettern, aber es gab kein Anzeichen, dass die Kreatur diesen Weg genommen hatte, also war es sinnlos.
Bobbi Jo flüsterte: »Wissen Sie, Hunter, es ist den ganzen Tag nahe am Wasser geblieben.«
»Das ist es, was mir Kopfzerbrechen macht.«
»Was meinen Sie?«
»Tiere dieser Größe bleiben während des Tages nicht nahe am Wasser«, sagte er und ließ seine Stimme vom Wasser übertönen. Sie wusste nun, wie er das machte. Er veränderte die Tonlage so, dass die Stimme mit dem Plätschern verschmolz, modulierte die Worte, um das etwas tiefere Gurgeln des Wassers neben sich nachzuahmen. Sie war erstaunt, dass er sich so perfekt an die Umgebung anpassen konnte. Es war, als wäre er selbst ein Teil der Wildnis.
Er fuhr fort: »Große Tiere trinken immer im Morgengrauen und dann wieder in der Nacht. Man kann die Uhr danach stellen. Und sie bleiben nicht tagsüber in der Nähe des Wassers. Am Tag jagen und fressen sie.«
»Aber das Ding hat noch nicht gefressen«, erwiderte sie und versuchte ihre Stimme zu senken, damit sie mit dem Strom verschmolz. »Es ist rasch vorangekommen.«
»Ja«, antwortete Hunter. »Das stört mich auch. Es bewegt sich zu schnell. Und ein großes Tier tut das nicht. Sie schaffen vielleicht … drei bis fünf Meilen in der Stunde. Aber diese Kreatur legte einiges an Strecke zurück. Nichts davon fühlt sich richtig an.«
Sie kam noch näher. »Hunter, ich glaube, ich hab da eine ganz gute Vorstellung. Es hat sich den ganzen Tag am Wasser entlangbewegt.«
»Wie es ein Mensch machen würde«, sagte er, ohne aufzublicken.
Sie schwieg einen Moment. »Ja, nun, vielleicht. Aber Tatsache ist, dass es gern nahe am Wasser bleibt. Und das macht es vermutlich jetzt, weil es seine Gewohnheiten nicht plötzlich ändert. Dieses Ding ist unglaublich stark. Aber ich glaube, es tut einfach weiter, was es bisher gemacht hat.«
Hunter drehte langsam den Kopf, um Zentimeter für Zentimeter den Berghang abzusuchen. Sein Mund war leicht geöffnet und sein Gesicht wie eingefroren, als hätte er eine Eingebung.
»Nein«, flüsterte er, »es würde etwas … anderes machen.«
Mit Augen wie ein Falke sah er den Berghang an.
»Ich sag Ihnen was«, meinte Bobbi Jo, »wie wäre es, wenn ich etwa hundert Meter vor Ihnen die Spur kreuze? Ich werde darauf achten, keine Abdrücke zu verwischen, wenn ich welche finde.«
Sie wartete fast eine Minute, bis er etwas sagte.
»Ja«, murmelte er und betrachtete den gezackten Bergkamm. »Tun Sie das. Ich werde mich hier umsehen.« Er drehte sich zu ihr und sein Gesichtsausdruck wurde strenger. »Aber gehen Sie nicht weiter weg.«
»Werde ich nicht.« Sie erhob sich, während sie noch sprach, trat vorsichtig von einem Felsen auf den anderen und bewegte sich flussabwärts.
Hunter betrachtete noch eine lange Zeit den Felshang, studierte Kanten, Absätze und Ritzen im Felsen. Ein guter Kletterer wäre da in etwa 20 Minuten hochgekommen. Dann trat er vorwärts, packte einen Felsvorsprung und zog sich ohne große Anstrengung über die Kante. Mühelos fand er einen Pfad den Hang hinauf, setzte sicher einen Fuß vor den anderen und überprüfte die Tragfähigkeit des Steins, bevor er Gewicht darauf legte. Er wählte den leichtesten Pfad.
Die Prozedur war im Endeffekt nur eine Ausweitung der Methode, die er nutzte, um sich lautlos fortzubewegen. Er wusste, um sich im Wald geräuschlos zu bewegen, musste man den Fußballen zuerst aufsetzen und dann langsam den ganzen