HUNTER. James Byron Huggins. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: James Byron Huggins
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958354197
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einem.

      Hunters Augen verengten sich, als er das zerfranste, abrupte Ende des Spalts betrachtete. Er ging näher heran, richtete den Lichtstrahl in den Riss.

      Und sah es.

      Es war erst schwer zu erkennen, aber als er die Richtung des Lichtstrahls ein klein wenig änderte, wusste er, was es war. Er holte sein Taschenmesser heraus und hebelte es behutsam aus dem Stahl. Dann starrte er auf das, was er in der Hand hielt, hob es vorsichtig vors Gesicht, um das lange, gebogene, scharfe Fragment zu betrachten. Die Kante war gezackt wie ein Steakmesser. Er warf einen Blick über die Schulter, stellte sicher, dass er allein war, und steckte es in die Tasche.

      Schritt für Schritt bahnte er sich leise einen Pfad tiefer in die Einrichtung, bis er bei etwas ankam, das ein Labor zu sein schien. Er blickte sich in der schwach beleuchteten Kammer um und sah, dass sie genauso demoliert war, wie der Rest. Dann erregte eine sperrangelweit offenstehende Stahltür, eingerahmt vom Licht dahinter, seine Aufmerksamkeit. Er ging langsam darauf zu. Erstaunt über die verbogene Stahltür und die zerstörten Geräte näherte er sich und sah hinein.

      Einen Moment betrachtete er schweigend das Innere, bis ihm klar wurde, was hier nicht stimmte. Und dann war es da, so offensichtlich, dass er sich schämte, es übersehen zu haben: Der Raum war ein Lager mit Kühlkammern, die ordentlich an einer Wand aufgereiht waren. Aber das Seltsame war, dass dieser Raum – und nur dieser – nicht von der Attacke der Kreatur verwüstet worden war.

      Keine der Glastüren war zersplittert. Keine der schweren Türen aus den Angeln gerissen. Die Stahltische in der Mitte des Raumes, die aussahen wie für eine Autopsie gedacht, waren unbeschädigt. Also bückte sich Hunter, sah auf den Boden, leuchtete mit der Taschenlampe schräg darauf.

      Wieso hatte es jeden anderen Raum demoliert, aber nicht diesen hier?

      Er sah keine blutigen Spuren auf den grauen Fliesen, kein Anzeichen, dass es überhaupt hier drin gewesen war. Das Ding war zielstrebig durch die gesamte Einrichtung gegangen und hatte seiner unbändigen Wut freien Raum gelassen.

      Hier stimmte etwas nicht. Er trat behutsam an den Rand, um nicht die fast unsichtbaren Spuren zu verwischen, und untersuchte alles genau. Die Wände inspizierte er nach Kratzern, Schlieren, irgendetwas. Und die ganze Zeit, während er sich konzentriert dieser Aufgabe widmete, blieb er wachsam, um nicht den leisesten Laut hinter sich zu überhören. Denn selbst wenn sein Geist hochkonzentriert war, verhinderte sein Überlebensinstinkt, dass sich ihm irgendetwas nähern konnte, ohne dass er es mitbekommen hätte.

      Es dauerte eine Weile, bis er die dünne Linie auf dem Boden entdeckt hatte, eine geisterhafte gezackte Linie weißen Pulvers, so dünn wie eine Rasierklinge. Dann wusste er es. Er nickte, stand auf und öffnete eine der Türen zu einer Kühlkammer, um die Flaschen mit Serum dahinter zu betrachten. Trotz der Verwüstung war diese Einheit noch funktionstüchtig.

      Er suchte ziellos, und dann dämmerte ihm, was hier geschehen war. Nachdem er die Liste der eingelagerten Flüssigkeiten überprüft hatte, war er sich sicher und ließ die Tür offen, als er den Raum verließ.

      Ihm war bereits klar gewesen, dass die Dinge nicht so waren, wie sie schienen. Aber es wäre gefährlich, irgendetwas zu erwähnen, bis er sich beim Wer und Warum sicher war. Er ging mit derselben Aufmerksamkeit, die er beim Eintreten an den Tag gelegt hatte – eine Angewohnheit, die er perfektioniert hatte, indem er jahrelang in Umgebungen überlebt hatte, die an einem Tag noch sicher und am nächsten tödlich waren.

      Die unbeschädigte Kammer war nicht alles, was er eine Zeit lang geheimhalten sollte. Er wusste, dass es nicht klug wäre, den anderen zu sagen, dass er eine abgebrochene Klaue gefunden hatte.

      Nachdem er nichts weiter auf dem Gelände entdeckt hatte, verließ Hunter die Anlage und ging zum Colonel. Er wusste, dass man durch eine konzentrierte Suche nicht mehr herausbekommen würde. Nur zertrampelte Spuren und Blut blieben von dem feurigen Massenmord, der das Gebäude verzehrt hatte.

      »Sie können zu Ende bringen, was immer man da drin gemacht hat«, sagte Hunter als er den Kopf in Richtung des Support-Teams drehte.

      Sie standen schweigend herum, und als er sie ansah, erwiderten sie den Blick unnachgiebig. Einen Moment sahen sich alle herausfordernd und abschätzig an. Aber ein Mitglied des Teams schenkte Hunter besondere Aufmerksamkeit.

      Ein großer Soldat mit breiter Brust und dicken, muskulösen Armen – er hätte auch Schwergewichtsboxer sein können – konzentrierte sich am längsten auf Hunter. Sein Gesicht unter kurzen, grauen Haaren war auf einer Seite durch Feuer grausig vernarbt und ein weißes Auge starrte Hunter aus dem Narbengelände wie eine leblose Murmel an. Das andere Auge wirkte kalkulierend, kalt und strahlte unverhohlene Wildheit aus.

      Ausdruckslos wandte sich Hunter an Maddox. »Von hier ab sage ich, wie’s läuft. Ich nehme an, die wissen, was Sache ist.«

      »Das tun sie.«

      »Okay.« Hunter betrachtete die umliegende Landschaft. »Nun, lassen Sie uns anfangen. Ich werde in die Hügel gehen, um zu sehen, ob ich die Witterung dieses Dings aufnehmen kann. Sorgen Sie dafür, dass alle auf dem Gelände bleiben.«

      Lautlos erschien Ghost an seiner Seite.

      »Ja, natürlich«, sagte Maddox. »Und viel Glück. Wir geben Ihnen Rückendeckung, sobald Sie es finden.«

      Hunter ging und blieb neben Tipler stehen, der in der Nähe des Helikopters geblieben war. Der alte Professor schien an Hunters Gesichtsausdruck abzulesen, dass er im Moment nicht alles sagen konnte, was ihm auf dem Herzen lag. Hunter nahm wortlos seine Marlin und schlang sie über die Schulter.

      Er konzentrierte sich, wie er es immer tat, bevor er eine Spur las, und ließ diese tiefe Konzentration all seine Energie und seinen Geist erfassen, während er langsam auf das offene Tor zuging. Ghost, der keine weitere Anweisung brauchte, lief mit gesenktem Kopf neben ihm her. Am Tor hielt Hunter inne und ließ sich Zeit, um das Terrain zu studieren.

      Er sah vereinzelte Schneeflecken und dazwischen matschigen Boden. Er hob etwas Schnee auf und drückte ihn zusammen, um zu sehen, wie sehr er sich komprimieren ließ und wie trocken er war. Er betrachtete die Fichten, die sich in der sanften Brise wiegten, um die Windrichtung zu erkennen. Eine ganze Weile stand er absolut still, lauschte, beobachtete.

      Dann spürte er eine Präsenz und hörte das Knirschen von Kies unter Stiefeln, aber er drehte sich nicht um, auch wenn der Störenfried nahe war. Eine raue Stimme sprach von oben zu ihm.

      »Wir können jederzeit los, Mr. Spurenleser.«

      Hunter ließ nicht erkennen, dass er ihn gehört hatte.

      »Verdammt«, sagte der Mann, »ich hoffe, das wird nicht so eine Indianergeschichte. Das ist eine Jagd und keine Suche nach irgendwelchen Totemtieren.« Hunter spürte, wie der Mann seine Aufmerksamkeit auf Ghost richtete. Er lachte, ohne ein Anzeichen von Humor. »Netten Hund hast du da.«

      Hunter neigte leicht den Kopf und sah den großen Kerl, den mit der Brandnarbe, wie er eine Hand hob und zwei Finger eine Pistole andeuteten. »Klick«, sagte er. Dann, nachdem er Hunter unverhohlen bösartig angegrinst hatte, ging er davon.

      Hunter richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Boden, sah dann in Richtung der Hügel und erstellte ein Mosaik aus jedem raschelnden Blatt, jedem wogenden Busch und jeder Steigung. Er analysierte, welcher Weg im Dunkeln am einfachsten zu begehen war; er wusste nur zu gut, dass jedes Tier, selbst eine Großkatze, den Weg des geringsten Widerstandes gehen würde – einen natürlichen Pfad, wenn es einen gab.

      Einen Augenblick später höre er erneut Schritte, aber anderer Art. Sie klangen sachte, geduldig, als würde der Eindringling ihn nicht stören wollen. Sie hielten etwa fünf Meter entfernt inne, gefolgt von absoluter Stille.

      Schließlich richtete sich Hunter auf und sah in die Richtung, aus der das Geräusch ungefähr gekommen war. Wer immer es war – im Grunde unwichtig – hatte Respekt gezeigt; Hunter würde dasselbe tun.

      Kaum drei Meter hinter ihm – überraschenderweise weniger, als Hunter geschätzt hatte – stand