Auch Cooper wäre es lieber gewesen in einem großen Team auf Verbrecherjagd zu gehen und nicht nur mit seiner Kollegin. Er wusste, dass es gefährlich werden könnte nur zwei Bundesagenten ins Feld zu schicken, um eine ganze Organisation hochzunehmen. Oft hörte man davon, dass Freunde und Kollegen aus dem Leben gerissen wurden, nur weil sie im Kampf gegen skrupellose Verbrecher alleine gegen eine Übermacht angetreten waren. Ihre einzige Aussicht auf Hilfe war Interpol in Lyon, die aber erstens noch nichts von ihrem Glück wussten und zum anderen nur Bürotiger beschäftigten die sich maximal an Briefbögen mal die Finger aufschnitten. Diese Menschen waren nicht im freien Feld zu gebrauchen. Da konnte es schon ziemlich hart zur Sache gehen.
Am frühen Nachmittag, die laue Frühlingssonne stand bereits schon ziemlich tief am Firmament, trafen die beiden Agenten vor dem Flughafen von Washinton D.C. zusammen. Ihre Reisetaschen wurden in die Maschine geladen und die beiden Special Agents folgten in die Aluminiumhülle. Während die Boeing 737 über die Startbahn raste, warf Cooper Knight einen Blick in die Akten die ihnen ihr Agentenführer zusammengestellt hatte. Ashleigh bat ihn laut vorzulesen was sie bisher hatten. Sie wollte sich die Akten nicht auch noch anschauen müssen. Cooper las und fasste es in seinen eigenen Worten für sie zusammen.
»Die meisten Opfer sind junge Frauen die in prekären Lebensumständen stecken. Bevorzugt sprechen sie Studentinnen an, die mit dem Kleingeld was sie als Kellnerin verdienen ihr Leben und ihr Studium finanzieren. Sie locken sie alle mit kleineren Beträgen, wie 2000 bis etwa 5000 Dollar für einfache Botendienste. Irgendwo etwas abholen und an einem anderen Ort wieder abstellen. Die Polizei tappt nach wie vor im Dunkeln. Sie haben sogar schon versucht einen Verdächtigen nur zu beschatten und darauf zu warten, wer das gelieferte Päckchen abholt, aber auch nach drei Tagen war noch niemand daran interessiert. Als sie das Paket dann selbst geholt haben war es leer. Der Inhalt war wie von Zauberhand verschwunden, obwohl sie das Paket die ganzen drei Tagen nicht aus den Augen gelassen hatten. Was die Beamten in Texas versucht haben wäre auch mein erster Ansatz gewesen. Die haben nur den Lieferant mit Zivilbeamten beobachtet und darauf gewartet was passiert. Aber auch nach mehr als einem Monat wurde er nicht wieder beauftragt. Irgendjemand der Gruppierung die hinter SNB steht muss entweder die ganzen Kuriere überwachen, oder Verbindungen in die höchsten Polizeikreise haben.«
»Das wird ja immer besser«, maulte Ashleigh Spears ihren Kollegen an. »Da verschwindet Material aus Paketen die überwacht werden und die Kuriere werden nicht mehr eingesetzt, wenn wir sie im Auge behalten. Das ist ja wie verhext! Aber könnten wir nicht mit ein bisschen Überwachungstechnik zumindest die Empfänger ausfindig machen?«
»Wie soll das gehen?«, fragte Cooper verwirrt. »Die lassen ihre Pakete nicht unbeaufsichtigt. Wir können da nicht einfach einen Sender anbringen und darauf warten, dass es abgeliefert wird.«
Spears lächelte geheimnisvoll, »Wenn wir einen Kurier umdrehen können dann schaffen wir es auch ein Paket nachzuverfolgen.«
Während die Boeing in zehn Kilometer Höhe weiter Richtung Westen flog diskutierten die beiden Ashleighs Vorschlag. Die Frage war nur wie man einen Kurier umdrehen konnte ohne das die SNB Leute nichts davon mitbekamen. Ganz egal aus welcher Perspektive sie das Problem aber auch betrachteten kamen sie zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis. Das Problem war einfach nicht zu lösen. Jede Möglichkeit die sie besprachen, führte immer wieder in die gleiche Sackgasse. Eine Lieferung die nicht aus den Augen gelassen wurde konnte man nicht einfach mit einem Sender versehen, ohne dass es jemand mitbekam. Sie brauchten andere Lösungsansätze.
Dann berichtete Cooper vom letzten Kurier den die Kollegen in Portland festgenommen hatten. »Edwin Nash hat fast 18 kg Crystal Meth aus dem Kofferraum eines Wagens der an einer Umgehungsstraße abgestellt war herausgeholt. Sein Auftrag war es die hochgefährliche Droge nach Sacramento in Kalifornien zu bringen. Als er sie übernommen hatte wurde er von den Kollegen einkassiert. Leider hielt er sich für einen Geheimagenten der seinen Auftrag zu Ende bringen musste und fing an sich gegen seine Festnahme zur Wehr zu setzen. Ein junger Streifencop, der ihn mit seiner Dienstwaffe in Schach halten wollte, um seinen Vorgesetzten zu sichern war allerdings so nervös bei der Geschichte das sich ein Schuss gelöst hat. Er traf Mister Nash so unglücklich in den Oberbauch, dass sein Projektil erst den Magen durchlöcherte und anschließend die Milz zerfetzte. Der 19 Jahre alte Aushilfsarbeiter wurde in der Klinik notoperiert und konnte durch die Ärzte gerettet werden. Die Kollegen haben sein Appartement durchsucht und fanden nicht den geringsten Hinweis auf das SNB. Erst als sie ihn vernehmen konnten kam heraus, dass er dafür 2500 Dollar erhalten sollte, was in seinem Fall ungefähr drei Monatsgehältern entspricht. Der Wagen den man ihm zur Verfügung stellte war erst am Vorabend aus der Garage einer Familie gestohlen die einen Kurzurlaub in der Karibik verbringt.«
»Sehr clever«, summte Ashleigh, »Der Diebstahl des Wagens wäre also gar nicht aufgefallen bevor Nash seinen Auftrag beendet hatte. Wie haben die Kollegen davon erfahren, dass Mister Nash etwas erledigt?«
»Es gab einen anonymen Hinweis auf den Wagen in dem die Drogen versteckt waren.«
»Ein anonymer Hinweis auf gleich mal 18 kg Crystal Meth? Wer könnte ein Interesse daran haben so etwas zu verraten?«, fragte sie.
»Ein Drogendealer dem es angeboten wurde?«
»Unwahrscheinlich«, schüttelte Spears den Kopf, »zufällig weiß ich, dass die meisten Drogen an der Westküste über den Hafen von Seattle ins Land gelangen und Crystal Meth verkauft sich am besten in Los Angeles, Las Vegas oder in San Francisco. Sacramento liegt nicht weit von San Francisco entfernt. Gut möglich, dass es nur ein weiterer Übergabeort war an dem die 18 Kg aufgeteilt werden sollten. 6 kg werden extra