Ein tödliches Komplott. Matthias Boden. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Matthias Boden
Издательство: Bookwire
Серия: Michael Korn & Liz Croll
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783985109371
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was sie mit ihr er­war­ten wür­de, ver­zo­gen sie sich. Wenn es hieß, nicht mehr eja­ku­lie­ren zu dür­fen, zog sich ih­re ver­grö­ßer­te Li­bi­do so­fort zu­rück und ver­steck­te sich. Der Funk un­ter den Ju­gend­li­chen er­le­dig­te dann den Rest, denn kei­ner hat­te dar­an ernst­haf­tes In­ter­es­se. Selbst, wenn konn­te er sich im Krei­se sei­ner Freun­de nicht leis­ten dar­auf an­zu­sprin­gen.

      Die Li­nie des Bus­ses führ­te im­mer wei­ter aus der In­nen­stadt von Port­land hin­aus. Die Häu­ser an der Stra­ße wur­den deut­lich klei­ner und die Men­schen we­ni­ger. Ih­re Ziel­per­son ei­ni­ge Rei­hen vor ihr schau­te ver­träumt aus dem Fens­ter. Im­mer mehr Grün tauch­te an der Stra­ße auf und die großen Bü­rotür­me der In­nen­stadt ver­schwan­den hin­ter ih­nen im Ab­gas­ne­bel. Auch die Ab­stän­de zwi­schen den Hal­te­stel­len wur­den im­mer grö­ßer. Vi­vi­an warf einen Blick auf den Stre­cken­ver­lauf, der als Dia­gramm über ihr hing. Die An­zei­ge auf dem Mo­ni­tor im vor­de­ren Teil hin­ter dem Fah­rer zeig­te ihr, dass sie nur noch ei­ni­ge Hal­te­stel­len bis zur End­sta­ti­on hat­ten.

      Erst als die vor­letz­te Hal­te­stel­le auf der Rou­te an­ge­sagt wur­de, mach­te sich ih­re Ziel­per­son be­reit aus­zu­stei­gen. Sie wa­ren in ei­ner ziem­lich spär­lich be­sie­del­ten Vor­stadt an­ge­kom­men. Die klei­nen Häu­ser am Stra­ßen­rand wa­ren al­le­samt in ei­nem eher er­bärm­li­chen Zu­stand. Die Far­be der Fassa­den war ver­blasst oder hing schon in lan­gen Fet­zen an den Be­hau­sun­gen her­un­ter. Vi­vi­an konn­te sich noch gut an die­se Art zu le­ben er­in­nern. Auch sie war erst seit ih­rer Aus­bil­dung lang­sam aus so ei­ner Ge­gend in die Stadt ge­flüch­tet. Ih­re Woh­nung war zwar auch nicht ge­ra­de ei­ne Man­sar­de in ei­nem an­ge­sag­ten Vier­tel der Stadt, aber zu­min­dest war sie ru­hig und doch zen­tral ge­le­gen. Sie hat­te so­gar den Vor­teil ei­ne U-Bahn-Sta­ti­on in ih­rer Stra­ße zu ha­ben. So brauch­te sie bis in die In­nen­stadt nur ei­ni­ge Mi­nu­ten.

      Als der Bus an­hielt und ih­re Ziel­per­son mit ei­nem un­si­che­ren Schritt auf den schmut­zi­gen As­phalt das Fahr­zeug ver­ließ, schick­te sie sich auch an das Ve­hi­kel zu ver­las­sen. Der al­te Mann be­ach­te­te sie nicht, als er sich in die ent­ge­gen­ge­setz­te Rich­tung des Bus­ses auf den Weg mach­te. Vi­vi­an blieb ei­ni­ge Se­kun­den ver­wirrt an der Bus­hal­te­stel­le ste­hen und sah ihm un­si­cher hin­ter­her. Das konn­te beim bes­ten Wil­len kein Agent des SNB sein. Trotz­dem muss­te sie an ihm dran­blei­ben. Der Weg soll­te nicht um­sonst sein und sie woll­te zu­min­dest in Er­fah­rung brin­gen, wer das war und was er da­mit zu tun hat­te.

      Sie folg­te ihm noch ei­ne gan­ze Wei­le in si­che­rem Ab­stand zu ei­nem ver­wil­dert aus­se­hen­den Haus in ei­ner schreck­lich aus­se­hen­den Stra­ße. Im­mer wie­der muss­te der Al­te vor ihr ei­ne kur­ze Pau­se ein­le­gen, um den Weg zu über­ste­hen. Er war nicht mehr wirk­lich so fit auf den Bei­nen und brauch­te die Pau­sen wohl um Luft zu ho­len. Das Haus, auf das er zu­steu­er­te, war von ei­nem al­ten ver­ros­te­ten Zaun um­ge­ben und die Bü­sche im Vor­gar­ten schie­nen seit Jahr­zehn­ten nicht mehr zu­rück­ge­schnit­ten wor­den zu sein. Sie rag­ten me­ter­hoch vor der bei­gen Fassa­de auf, die ein­mal in Weiß ge­stri­chen wur­de. Der al­te Mann zog sei­nen Schlüs­sel aus der Ta­sche sei­nes An­zugs und be­trat das Haus. Vi­vi­an sah ihm von wei­tem zu. Das Si­de­board, was sie im Flur ste­hen sah, war ge­nau­so ab­ge­ta­kelt wie der An­zug, den ih­re Ziel­per­son trug.

      Vi­vi­an ent­schied sich nach we­ni­gen Mi­nu­ten ih­rer Ziel­per­son zu fol­gen und lief an sei­nem Brief­kas­ten vor­bei. Ein Na­me war nicht dar­auf ver­merkt, aber es la­gen ei­ni­ge Brie­fe dar­in. Vor­sich­tig sah sie sich um und als nie­mand zu se­hen war griff sie sich einen der Brie­fe auf dem die Adres­se an­ge­ge­ben war. Auf dem Weg zu­rück zur Bus­hal­te­stel­le sah sie sich den Na­men des Emp­fän­gers an. Das Schrei­ben war an einen Cur­tis Cha­se adres­siert. Das war al­so der Na­me des Agen­ten, den sie ver­folgt hat­te. Wäh­rend sie auf ih­re Fahr­ge­le­gen­heit in die Stadt war­te­te, nahm sie ihr Mo­bil­te­le­fon aus der klei­nen Hand­ta­sche und schrieb ei­ne Nach­richt an ih­re Freun­din Tia­na Niel­sen, für die sie die­sen Auf­trag über­nahm. Ih­re Freun­din soll­te am Abend den Na­men über­prü­fen und al­les her­aus­fin­den, was in­ter­essant sein könn­te.

      Die Bus­fahrt zu­rück nach Port­land mach­te sich Vi­vi­an ei­ni­ge Ge­dan­ken zu dem al­ten Mann, den sie bis in die graue Vor­stadt ver­folgt hat­te. Das konn­te de­fi­ni­tiv kein Agent des SNB sein, es sei denn er hat­te die fast per­fek­te Tar­nung. Die gan­ze Fahrt über mach­te sie sich die ver­schie­dens­ten Ge­dan­ken und ent­warf in ih­rem Kopf ein paar mög­li­che Sze­na­ri­en. Trotz­dem muss­te sie da­von aus­ge­hen wie­der je­man­den ver­folgt zu ha­ben, der nur einen klei­nen Auf­trag er­le­dig­te. Die ers­te Ver­fol­gung führ­te sie auch nur zu Tia­na die, wie sie selbst ei­ni­ge Auf­trä­ge für das SNB er­le­di­gen durf­te. An die Or­ga­ni­sa­ti­on war schein­bar kein her­an­kom­men.

      In der In­nen­stadt wisch­te sie die ne­ga­ti­ven Ge­dan­ken bei­sei­te und kon­zen­trier­te sich auf ih­ren Auf­trag. Sie be­trat das Ver­wal­tungs­ge­bäu­de und nahm den Fahr­stuhl bis in die 14. Eta­ge. Dort wand­te sie sich nach links und folg­te dem Gang bis zur Feu­er­trep­pe an der Au­ßen­sei­te. Dort war der Kas­ten des Was­ser­schlauchs, des­sen Ver­schluss be­reits ge­öff­net war. Noch ein­mal blick­te sie sich um, ob sie nie­mand be­ob­ach­te­te, aber nie­mand be­ach­te­te die jun­ge Frau. Vi­vi­an öff­ne­te den Kas­ten und sah das in hell­blau­en Plas­tik ein­ge­schla­ge­ne Pa­ket dar­in lie­gen. Sie nahm es in die Hand und ließ es un­ter ih­rer dün­nen Ja­cke ver­schwin­den. Mit dem Obe­r­arm press­te sie es un­ter ih­re Ach­sel und ging zu­rück zum Auf­zug. Erst dort ver­stau­te sie das Päck­chen in ih­rem hin­te­ren Ho­sen­bund. So ver­ließ sie das Bü­ro­ge­bäu­de und ging hin­über zu dem Re­stau­rant, in dem sie schon den hal­b­en Tag auf der Lau­er lag. Die­ses Mal nahm sie sich einen Tisch im In­nen­raum. Den Kell­ner ließ sie nur ein Er­fri­schungs­ge­tränk brin­gen.

      Als es vor ihr auf dem Tisch stand, nahm sie einen tie­fen Schluck aus dem Glas. Dann stand sie auf und ver­schwand auf der Toi­let­te. Vi­vi­an schloss sich in ei­ner Ka­bi­ne ein und be­frei­te das Pa­ket. Sie setz­te sich auf den Thron und be­trach­te­te das Päck­chen in ih­rer Hand. Es war nicht be­son­ders groß und wog auch nur ei­ni­ge hun­dert Gramm. Sie woll­te end­lich wis­sen, was sie da trans­por­tier­ten, wenn sie schon nicht her­aus­fin­den konn­ten, wer hin­ter der Or­ga­ni­sa­ti­on steck­te. Mit feuch­ten Hän­den zog sie die di­cke Plas­tik­fo­lie auf die Sei­te. Heraus kam ein wei­ßer Block in der Grö­ße ei­ner Han­dypa­ckung, der er­neut mit ei­ner durch­sich­ti­gen Zel­lo­phan­hül­le um­hüllt war. Das in­ne­re sah aus wie gro­bes Meer­salz, was man zu ei­nem Block zu­sam­men­ge­presst hat­te. So­fort schoss ihr ein un­an­ge­neh­mer Ge­dan­ke in den Kopf. Sie und ih­re Freun­din trans­por­tier­ten Dro­gen für ei­ne an­geb­li­che Bun­des­be­hör­de durch die Stadt.

      Sie konn­te die­ses Päck­chen nicht ein­fach blind­lings ab­lie­fern, als ob sie nichts ge­se­hen hät­te. Aber wür­de man sie aus den Au­gen ge­las­sen ha­ben? Wer im­mer auch da­hin­ter­steck­te, muss­te ein In­ter­es­se dar­an ha­ben, die­ses Pa­ket an sei­nen Be­stim­mungs­ort zu brin­gen und den Ku­ri­er wahr­schein­lich über­wa­chen. Vi­vi­an brauch­te auf der Stel­le einen Aus­weich­plan. Sie ent­schied sich da­für, das Päck­chen im Spül­kas­ten des Re­stau­rants zu­rück­zu­las­sen