Spears nahm den jungen unerfahrenen Officer ins Visier. »Das ist hier kein Stehimbiss. Hinsetzen!«
Jeffrey Hester war völlig überfordert mit der Situation. Mit zitternden Fingern stellte er sich umständlich einen Stuhl zurecht und nahm darauf Platz. Barber interessierte das Schauspiel, das sein Kollege bot nicht. Der Beginn seiner Karriere lag schon so lange zurück, dass er sich nicht mehr daran erinnern konnte, wann er das erste Mal auf Agenten des FBI getroffen war. Damals war er ebenfalls ziemlich nervös gewesen. In der Zwischenzeit war es ihm egal. Er betrachtete das FBI nicht mehr als Gegner, die sich in seine Ermittlungen einmischten, wenn ihnen danach war. Sie waren ein notwendiges Übel, wenn etwas vorging, was seine Gehaltsklasse deutlich überstieg.
Special Agent Cooper Knight begann die Anhörung mit dem Sergeant, »Sergeant Barber, woher wussten sie von der Übergabe?«
Barber räusperte sich ganz entspannt, »Es gab einen anonymen Anruf, der uns die Übergabe angekündigt hat.«
»Haben sie versucht, den Anruf zurückzuverfolgen?«, wollte Spears wissen.
»Natürlich, das passiert völlig automatisch. Wir konnten die Anrufstelle nicht ermitteln. Der Anrufer brachte das ganze System durcheinander.«
»Gut, sie haben sich auf die Informationen verlassen und den Dealer entdeckt. Was passierte dann?«, erfragte Cooper Knight.
Barber machte es sich bequem, »Wir waren zum angegebenen Zeitpunkt vor Ort und konnten den Verdächtigen erkennen, der sich später als Edwin Nash herausstellte. Er entnahm ein großes, offensichtlich schweres Paket aus dem Kofferraum eines dunklen SUV. Als er sich aus dem Staub machen wollte habe ich entschieden ihn zu überprüfen. Der anonyme Anrufer hatte exakt vorausgesagt auf welchen Wagen wir achten müssen und was sich in dem Paket befindet. Er sprach von einer großen Menge Methamphetamin, genannt Crystal Meth oder auch Ice. Die spätere Überprüfung ergab eine Gesamtmenge von etwa 18 Kilogramm, die wir sicherstellen konnten. Davon liegen 17,2 Kilogramm jetzt in der Asservatenkammer und warten auf die Vernichtung.«
»Wo sind die restlichen 800 Gramm gelandet?«, stellte Spears eine Zwischenfrage.
Barber blickte sie an, »Das Paket ist Edwin Nash aus der Hand gefallen und aufgeplatzt. Der Wind hat dann das ausgetretene Pulver über die Straße geweht.«
»Okay, weiter!«, forderte ihn Spears auf.
»Es kamen mehrere Kollegen zu der Situation. Der Verdächtige versuchte sich zu entfernen, woraus ein Handgemenge entstand, in dessen Verlauf mein Kollege einen Schuss abgegeben hat. Nash brach zusammen, wurde medizinisch versorgt und in die Klinik gebracht. Wir haben dann die Beweise aufgenommen und den Ort abgesperrt«, gab Barber zu Protokoll.
Cooper Knight machte sich in seinem Notizbuch einige Aufzeichnungen. Seine Kollegin lief in dem kleinen Büro auf und ab und tippte sich währenddessen mit dem Zeigefinger gegen die Nase. Nach einigen Sekunden wandte sie sich an Officer Jeffrey Hester, »Wieso haben sie auf den Verdächtigen geschossen?«
Der junge Officer brauchte einige Sekunden bis er antworten konnte. »Ich sah meinen Sergeant im Hintertreffen, deshalb habe ich einen Schuss auf den Angreifer abgegeben.«
»Man hat ihnen auf der Polizeischule nicht beigebracht, zuerst einen Warnschuss in die Luft zu feuern?«, warf ihm Spears vor.
»Doch, natürlich«, stotterte Hester.
Die junge Agentin schüttelte den Kopf, »Und obwohl man ihnen das beigebracht hat, feuern sie dem armen Edwin Nash ohne Warnung eine Kugel in den Magen. Ganz nebenbei zerfetzt das Projektil auch noch die Milz, bevor sie stecken bleibt.«
Barber stellte sich vor seinen jungen Kollegen. »Lassen sie den Officer zufrieden! Er hat einen Fehler begangen wie schon jeder von uns. Hester ist jung, es war sein erster gefährlicher Einsatz und er war extrem nervös. Dabei vergisst man schon mal etwas, was man gelernt hat.«
»Wäre Edwin Nash jetzt tot, hätte ihr Kollege jetzt noch ganz andere Probleme, aber das lassen wir jetzt mal dahingestellt. Interessanter ist allerdings die Frage, weshalb der Drogenschmuggel in den letzten sechs Monaten in der Umgebung von Portland um fast 60 % angestiegen ist«, fügte Ashleigh Spears hinzu.
Der Sergeant wurde etwas ungehalten, »Hören sie Mädchen, mehr als arbeiten können wir nicht. Ich verbringe die meiste Zeit meines Lebens auf der Straße, um dieses Dreckszeug aufzuspüren und zu verhindern, dass jeder Idiot es an einer Straßenecke kaufen kann. Wir werden an jeder Ecke kaputtgespart, junge Kollegen systematisch abgezogen und bekommen immer mehr bürokratische Scheiße auferlegt. Jetzt sollen wir uns dann auch noch dafür rechtfertigen, warum es für diese Verbrecher einfacher ist den Müll zu verkaufen. Während sie noch in die Windeln geschissen haben, war ich bereits auf der Straße unterwegs und habe gegen das Unrecht gekämpft. Heute schickt uns das FBI eine Agentin, die sich nicht mal alleine anziehen kann, deren einzige Intention zu sein scheint uns zu belehren, was wir besser machen sollten!«
Cooper unterbrach ihn, »Wir sind nicht hier, um sie unter Druck zu setzen, sondern sollen diesen Fall aufklären, um ihnen zu helfen. Derzeit versuchen wir nur zu erfahren, was dazu geführt haben könnte. Die Verwaltung liegt nicht in unserer Hand und auch wir haben damit immer öfter Probleme. Vielleicht gibt es jemanden, den sie im Verdacht haben.«
»Verdächtige?«, fragte Barber. »Wie viele wollen sie denn sprechen?«
»So viele wie nötig sind, um eine Spur zu finden! Sie kennen ihre Pappenheimer hier in Portland. Wer sitzt da ganz dick im Geschäft?«
Sergeant Barber musste nicht lange überlegen. In seiner Stadt gab es nur ganze zwei, die mit derlei Geschäften ihr Geld verdienten, aber so gut wie nie öffentlich bekannt wurden. »Es gibt zwei Leute, die den Drogenhandel in Portland kontrollieren. Im Westen ist das Arthur Antunes und im Osten Kylie Richardson. Den beiden werden sie allerdings nicht das