Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980672
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seid, der Benjamin und du!«, kam ein neuer Vorstoß der älteren Frau. »Und ich hab noch so gedacht, Afra, hab ich gedacht, wenn das nur gut geht mit den jungen Leuten, wo sie doch das Gewitter angesagt hatten! Wann ist er denn zurückgekommen, der Ben?«

      Marie schaute Afra gerade in die Augen. »Das fragst du ihn am besten selbst. Ich glaube, du findest ihn drüben in seiner Werkstatt.« Sie wandte sich zu ihrer Freundin und umarmte sie kurz. »Ich muss jetzt los, Lisa. Ich will erst noch rüber zu Doktor Seefeld und dann zur Bank wegen meiner Umbauten. Wegen des Mädelabends telefonieren wir, ja?«

      »Sehr gern! Bis dahin, tschau, tschau«, säuselte Lisa, ganz die liebevolle Freundin.

      Marie ging rasch zur Kasse, während Afra und die junge Frau noch einen Moment zusammen standen. »Was will sie denn beim Doktor?«, murmelte Lisa halb in Gedanken.

      »Na, sich das Rezept holen!«, antwortete Afra mit einem vielsagenden Lächeln.

      »Hä? Was für ein Rezept denn?«, fragte Lisa irritiert. Sie mochte wohl eine kleine Intrigantin sein, aber sehr schnell beim Denken war sie nicht.

      »Für die Pille natürlich!«, trumpfte Afra auf.

      »Habt ihr nichts anderes zu tun, als hier im Weg zu stehen und euch über andere Menschen unausgegorene Gedanken zu machen?«, ertönte plötzlich eine scharfe Frauenstimme hinter ihnen. Traudel Bruckner war unbemerkt von den beiden Klatschmäulern in den Laden getreten.

      »Was heißt hier unausgegoren? Benjamin Lauterbach hat gestern gegen Mitternacht mit ihr zusammen den Biergarten verlassen, weil er sie nach Hause bringen wollte. Und heute in der Früh ist er hier aus ihrem Auto gestiegen!«, informierte sie Afra prompt.

      »Na und?« Fassungslos schüttelte Traudel den Kopf. »Was bedeutet das? Ihr solltet aufhören, eure Nasen in die Angelegenheiten anderer zu stecken, sonst handelt ihr euch noch gewaltigen Ärger ein!«

      »Ich hab doch gar nichts gesagt!«, verteidigte Lisa empört ihre Rolle als alte Freundin.

      Traudel warf ihr einen scharfen Blick zu. »Nein, aber gedacht!«, erwiderte sie.

      Lisa zuckte in gespielter Unschuld die Achseln und stöckelte zurück in ihren Salon. Afras Augen blitzten neugieriger denn je, sie witterte Ärger! Traudel hievte kopfschüttelnd ihren Korb bei Fanny auf den Tisch. »Man braucht gar kein Buntes Blättchen mehr zu kaufen, ein Besuch in deinem Geschäft reicht völlig!«, meinte sie zu der jungen Frau an der Kasse.

      Fanny nickte wissend. »Wem sagst du das!«

      *

      »Grüß Gott, Frau Höfer! Bitte setzten Sie sich.« Sebastian Seefeld deutete freundlich auf den bequemen Stuhl vor seinem Schreibtisch.

      »Grüß Gott, Herr Doktor!« Marie nahm Platz und griff nach ihrer Handtasche.

      »Wie geht es Ihnen?«, fragte der Arzt. Er schaute sie freundlich-prüfend an und bemerkte erfreut, wie ausgeruht und entspannt die junge Frau wirkte.

      »Es geht mir sehr gut!«, antwortete sie umgehend. »Ich freue mich auf meine neue Aufgabe und kann es kaum noch abwarten, dass es endlich losgeht! Und deshalb bin ich gekommen. Ich glaube, dass ich meine Tetanusimpfung auffrischen lassen muss. Man weiß ja nie, was passieren kann, vor allem nicht auf einer Baustelle.«

      »Das ist sehr vernünftig!«, antwortete Doktor Seefeld mit Nachdruck. »Gerade den Schutz gegen Wundstarrkrampf verlieren viele aus den Augen, weil er nur alle zehn Jahre aufgefrischt werden muss.« Er studierte Maries Impfpass. »Das sieht alles noch gut aus, nur den Tetanusschutz müssen wir tatsächlich auffrischen, die letzte Impfung ist im Frühjahr zehn Jahre her gewesen. Wenn jetzt keine Erkältung oder andere Infekte vorliegen, können wir Sie gleich impfen.«

      »Mir geht es rundum gut«, erklärte Marie.

      Der Arzt führte sie in das Behandlungszimmer hinüber. Während er den Impfstoff und die nötigen Utensilien bereit legte, fragte er: »Möchten Sie sich lieber hinlegen oder setzten?«

      »Danke, wenn ich sitze, reicht es. Mir wird nicht schwummerig, wenn ich eine Spritze bekomme«, antwortete Marie.

      »Spritzen lösen bei vielen Menschen Stress aus und das kann auf den Kreislauf, deshalb frage ich lieber vorher«, sagte Doktor Seefeld und fügte mit einem kleinen Schmunzeln hinzu: »Es sind übrigens meistens Männer, die sich lieber hinlegen, wenn es ums Spritzen geht.«

      Routiniert führte der Arzt die Impfung durch. »Heute und morgen keine großen körperlichen Anstrengungen, keinen Sport und keine Sonnenbäder!«, erinnerte Doktor Seefeld seine Patientin.

      »Ich denk dran«, antwortete Marie. Sie reckte unternehmungslustig ihr Kinn empor. »Jetzt stehen sowieso erst einmal die ganze Organisation und Gespräche mit Banken und Versicherungen an.«

      »Dann wünsche ich Ihnen viel Erfolg!«, sagte Sebastian Seefeld aufrichtig. Er zögerte einen kleinen Augenblick und fragte dann behutsam: »Sie kommen gut zurecht mit allem hier?« Er dachte an den Abend im Biergarten zurück und an das, was eine zornige Traudel über das Gerede im Dorf erzählt hatte. »Sie wissen doch, dass Sie sich an mich wenden können, wenn es Schwierigkeiten gibt?«

      Voller Vertrauen schaute Marie den Arzt an. »Ich weiß!«, antwortete sie mit einem Lächeln.

      »Unsere dörfliche Gemeinschaft ist etwas sehr Wertvolles, aber manchmal kann sie auch ein wenig …«, er zögerte, »… eng werden.«

      Die junge Frau nickte, dankbar für das Verständnis.

      »Also, nicht vergessen: wenn es irgendwann hakt, dann melden Sie sich bei uns!« Mit einem freundlichen Händedruck verabschiedete sich der Arzt von seiner Patientin.

      Unter der Tür schaute Marie sich noch einmal um und schmunzelte. »Früher, als ich noch ganz klein war, hat die Mutter gesagt: zu unserem Doktor kannst du immer gehen, wenn’s nötig ist, der Seefeld Benedikt kommt ohne feste Sprechzeiten daher!«

      Der Arzt lachte. »Und so soll es bleiben, auch wenn jetzt der Seefeld Sebastian daher kommt!«

      Die Impfung beeinträchtigte Marie in keiner Weise, und kurze Zeit später war sie unterwegs in die Kreisstadt. Sie hatte einen Termin bei der Bank, wo es um die benötigten Gelder für ihren Umbau ging. Die junge Frau ging gut vorbereitet in das Gespräch, und es gab keine Schwierigkeiten, die veranschlagte Summe zu erhalten. Sehr zufrieden mit dem, was sie im Laufe des Tages erledigt hatte, fuhr Marie nach Bergmoosbach zurück.

      Ehe sie auf die Landstraße einbog, die zum Ebereschenhof führte, hielt sie am Wegesrand und pflückte einen Strauß Feldblumen. Sie fand das weiße Hirtentäschelkraut, blaue Ackerglockenblumen, Wiesenmargeriten, wilde Malve und sogar noch prächtig blühenden Klatschmohn. Einzelne lange Gräser vervollständigten diesen sommerlichen Gruß, und sie umwand ihn mit einer langen Efeuranke, die an einem Weidegatter empor gewachsen war.

      Mit diesem Strauß in der Hand ging Marie hinüber auf den kleinen Friedhof, auf dem ihre Eltern beerdigt waren. Liebevoll zupfte sie welke Blumen von den blühenden Gräbern, holte frisches Wasser und stellte das Glas mit ihrem Feldblumenstrauß zu ihren Eltern.

      »So magst du es doch am liebsten, gell, Mama?«, sagte sie leise. »Ich wollte euch einen Gruß bringen und einen Dank für den Ebereschenhof. Ich musste eine Hypothek aufnehmen und ich weiß, ihr seht es nicht gern, dass jetzt Schulden auf unserem Zuhause lasten. Wir hatten ja darüber gesprochen. Es ist so eigenartig, das jetzt alles allein zu tun, ohne euch. Ihr wisst schon: das Schuldenmachen und Bauen und Abbezahlen, ohne dass wir uns dabei gegenseitig raten und helfen können.« Marie schwieg, und in Gedanken versunken strichen ihre Fingerspitzen über das Stückchen Erde, unter dem ihre Eltern ruhten. Ein ganz vorsichtiges Lächeln erwachte auf ihrem ernsten Gesicht.

      »Wisst ihr, so ganz und gar allein bin ich eigentlich nicht. Es gibt da jemanden, der mir eine große Hilfe ist; er heißt Benjamin, aber seine Freunde sagen Ben. Und dieser Ben und ich – ich kann gar nicht sagen, was es genau ist, es ist jedenfalls etwas Besonderes und sehr Schönes.«

      Ein leichter Windhauch strich über den friedlichen