Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980672
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      »Sommerferien. Wir sind ausgebucht!«, antwortete Shakira, und für sie war damit klar, dass alles gesagt war, was es dazu zu sagen gab.

      Wieder wechselten die beiden Gäste einen Blick, er schwankte zwischen Belustigung und Ärger. »Und? Was schlagen Sie nun vor?«, fragte Sophia.

      Shakira zuckte die Achseln. »Wie gesagt, wir sind belegt. Entweder Sie teilen sich das Zimmer, oder einer von Ihnen schläft woanders. Ich glaube aber nicht, dass Sie noch was finden. In den Sommerferien ist hier alles voll.« Nach dieser Ansage widmete sie sich endgültig dem Artikel über den legendären Rockstar und seine Kindfrau, die noch nicht einmal halb so alt war wie er.

      Diese Unverschämtheit machte die beiden Gäste zunächst sprachlos, dann brachen sie in Gelächter aus. »Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend!«, meinte Sophia spöttisch, »Lassen Sie sich nur nicht von Ihrer interessanten Lektüre abhalten!« Sie spielte mit dem Zimmerschlüssel und schaute Leander an. »Und nun? Wollen wir losen?«

      »Das ist nicht nötig«, antwortete Leander. »Sie können das Zimmer gern haben. Ich habe meinen ausgebauten Wagen hier, in dem ich schlafen kann. Zu dieser späten Stunde möchte ich nicht mehr bei den Seefelds klingeln und um ein Nachtquartier bitten. Es reicht, wenn sie bei medizinischen Notfällen gerufen werden. Es wäre nur nett, wenn ich Ihr Bad benutzen könnte. Bei mir an Bord kann ich zwar einen Kaffee kochen, aber mit Duschen und Zähneputzen sieht es schlecht aus.«

      »Natürlich! Holen Sie Ihre Sachen«, antwortete Sophia. Sie hatte zwar überhaupt keine Lust, Leander in ihrem Zimmer zu sehen, aber sie wollte nicht unhöflich sein.

      »Danke! Morgen wird sich bestimmt eine bessere Lösung finden«, entgegnete er.

      Während Leander seine Sachen holte, richtete sich Sophia in ihrem Zimmer ein. Es war ein gemütlicher Raum mit viel bayerischem Charme, und seine Fenster gingen auf einen großen Garten hinaus.

      Als Leander sich zum Duschen in ihr Badezimmer zurückzog, setzte sie sich aufs Bett, gab im Internet seinen Namen ein und forschte nach, was über ihn bekannt war. Sie fand Einträge, die seinen beachtlichen beruflichen Werdegang dokumentierten, und wenige Lebensdaten. Er war ein wenig älter als sie, Anfang Vierzig, arbeitete als Selbstständiger, hatte seinen festen Wohnsitz an der Grenze zu Österreich und war anscheinend ledig.

      »Ja, dann …« Leander stand plötzlich vor ihr, mit feuchten Haaren und seiner geschmackvollen Ledertasche unter dem Arm. Er brachte einen Hauch von Sandelholz mit ins Zimmer, der zu ihrem Bett hinüberwehte. »Danke nochmals für die Badbenutzung! Ich nehme an, wir sehen uns morgen?«

      »Höchstwahrscheinlich«, antwortete Sophia zerstreut. Der Duft des Sandelholzes irritierte sie. »Also, schlafen Sie gut!«

      »Danke, Sie auch!«, antwortete Leander und zog leise die Tür hinter sich ins Schloss.

      Die junge Frau beschloss, keine Zeit mehr vor dem Laptop zu vertrödeln. Die Nacht war kurz, und morgen wartete viel Arbeit auf sie. Sie griff nach ihrem Nachthemd und ihrer Kosmetiktasche und ging ins Bad. Sophia war heikel, was die Benutzung ihres Badezimmers durch einen Unbekannten betraf, und sie fragte sich naserümpfend, wie sie es wohl vorfinden würde.

      Es war perfekt aufgeräumt. Die Duschwände abgezogen, keine feuchten Fußabdrücke auf den Bodenfliesen. Benutzte Handtücher lagen im Wäschekorb, und das Waschbecken verunzierten weder Haare noch Reste von Zahncreme. Nur ein leichter Dunstschleier auf dem Spiegel zeigte an, dass das Bad vor kurzem benutzt worden war.

      Man konnte gerade noch die Worte Gute Nacht! erkennen, die er für sie in die zarte Feuchtigkeit gemalt hatte.

      *

      Am anderen Morgen erwachte Sophia mit einem dumpfen Druckgefühl unter der Schädeldecke. Sie hoffte, dass sich der Kopfschmerz nicht zu einer richtigen Migräne auswuchs, unter der sie oft zu leiden hatte. Trotz der ruhigen Lage ihres Zimmers hatte sie nicht gut geschlafen, und sie stand müde aus dem Bett auf. Nach einer Wechseldusche und einem leichten Frühstück ging es ihr etwas besser, und bei einer letzten Tasse Kaffee ging sie in Gedanken die Arbeiten des heutigen Tages durch.

      Es würde jetzt in erster Linie darum gehen, die weiße Wandfarbe weiter zu entfernen und festzustellen, wie großflächig die alte Malerei darunter war. Man wusste bereits, dass es größere Stellen gab, an denen früher der alte Putz herabgefallen und erneuert worden war. Damit waren Teile des alten Freskos unwiederbringlich verloren. Es würde sich also eher um Teile einer alten Malerei als um ein vollständiges Szenario handeln, das sie freilegen und restaurieren sollte.

      Leander war wahrscheinlich bereits drüben in der Kirche, er schien auf ungestörtes Arbeiten – das heißt, dass er allein blieb – großen Wert zu legen. Bitte, das konnte er haben. Sophia hatte nicht die Absicht, ihn in lange Gespräche zu verwickeln. Ihre Arbeitsgänge waren naturgemäß leise, er sollte sich also durch sie nicht gestört fühlen. Wie es im umgekehrten Fall war, blieb abzuwarten. Es könnte sein, dass die Kirche stundenlang von ein und demselben schrägen Ton widerhallte, an dessen Korrektur der Orgelbauer arbeitete. Mit einem unbewussten Seufzer griff Sophia nach der dicken Strickjacke, die sie gegen die Kühle in der Kirche brauchen würde, und machte sich auf den Weg zu ihrer Arbeit.

      Nur wenige Straßen entfernt rüstete sich Doktor Seefeld für seinen ersten Patiententermin. Frau Sonnleitner, die Besitzerin des Hotels Sonnenhof, hatte um einen außerplanmäßigen Termin gebeten, ihre Magenbeschwerden machten ihr wieder sehr zu schaffen.

      »Grüß Gott, Herr Doktor, Sie können sich gar nicht vorstellen, wieviel Ärger ich im Augenblick habe! Kein Wunder, dass mir das auf den Magen schlägt!«, informierte ihn seine Patientin und ließ sich mit einem Seufzer in den Stuhl vor Sebastians Schreibtisch fallen.

      Zenzi Sonnleitner war klein und korpulent, man sah ihr die Vorliebe für deftiges Essen an. Sie war eine hervorragende Köchin und kannte sich bestens in der heimischen Küche aus. Wer viel arbeitet, muss viel essen, lautete ihr Credo. Da Zenzi Sonnleitner von morgens bis abends beschäftigt war, aß sie gut und reichlich, und für die Seele gab es Schokolade. In jüngeren Jahren war das nur in hübschen Rundungen zu Buche geschlagen, aber jetzt, mit Mitte Fünfzig, machten sich Leber und Galle bemerkbar. Der Landdoktor hatte schon seit geraumer Zeit zur nötigen Operation geraten, aber Frau Sonnleitner lehnte das ab.

      »Herr Doktor, woher soll ich denn die Zeit nehmen, um ins Krankenhaus zu gehen? Und dann später die Zeit des Ausruhens zu Hause? Wer macht mir denn die Arbeit im Hotel und in der Wirtstube?«, sagte sie auch jetzt.

      »Ihr Mann und die älteste Tochter arbeiten doch im Betrieb mit, und Sie haben Angestellte«, entgegnete Sebastian.

      »Angestellte!« Zenzi Sonnleitner schaute den Arzt voller Empörung an. »Was die sich heutzutage leisten! Nicht jeder hat so eine Perle wie Sie mit der Gerti Fechner, Herr Doktor! Soll ich Ihnen mal sagen, was sich dieses Madl aus Berlin, diese Shakira Plaschke, geleistet hat? Hat doch glatt ein Zimmer doppelt belegt und wurde auch noch pampig, als die Gäste von ihr Hilfe bei der Suche nach einem anderen Quartier erbeten hatten! Hat überhaupt kein Benehmen, und an den guten Ruf des Hauses denkt sie schon mal gar nicht!« Frau Sonnleitners Blutdruck kletterte bedenklich in die Höhe. »Welchen Eindruck hinterlässt das denn jetzt bei den beiden Künstlern, die drüben in der Kirche arbeiten? Kein Wunder, dass mir die Galle überläuft nach dem, was mir die Signora Corelli heute morgen erzählt hat!«

      Sebastian horchte auf. »Es gab Ärger wegen des Zimmers der italienischen Malerin?«

      »Und das des Orgelbauers«, nickte die Wirtin und erzählte von dem Geschehen der letzten Nacht.

      Der Landdoktor zögerte nur kurz (eigentlich zögerte er überhaupt nicht) und erwiderte: »Bitte, richten Sie Signora Corelli aus, dass im Doktorhaus ein Gästezimmer zur Verfügung steht. Sollte sie während der Hochsaison nichts anderes finden, kann sie gern hier wohnen, wir freuen uns über ihren Besuch!«

      Frau Sonnleitner strahlte. »Ach, Herr Doktor, das ist nett von Ihnen und Traudel! Damit ist die Ehre des Sonnenhofs gerettet, vielen Dank! Ich gehe gleich in der Kirche vorbei und sage der Signora Bescheid.«

      »Freut mich,