Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980672
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schön wäre es, wenn sich am Ende alle mit Kerstin über ihre Heilung freuen könnten.

      *

      Sebastian war allein, als Matthias die Praxis betrat. Die Sprechstunde war bereits vorbei, Gerti war schon gegangen und die Tür zum Sprechzimmer stand offen. Sebastian saß hinter seinem Schreibtisch und bat Matthias, davor Platz zu nehmen.

      »Gibt es Neuigkeiten, die Kerstin betreffen?«, fragte er, als Sebastian sich in seinem Sessel zurücklehnte und ihn aufmerksam anschaute.

      »Ja, die gibt es, wir haben einen Spender für sie gefunden.«

      »Das ist eine wirklich gute Nachricht.« Sie wird gesund werden, dachte Matthias, und er hatte das Gefühl, als fiele eine große Last von ihm ab. »Wer der Spender ist, darfst du mir sicher nicht verraten.«

      »In diesem Fall schon.«

      »Das heißt?«

      »Du bist der Spender, Matthias.«

      »Ich?«, wiederholte Matthias verblüfft.

      »Du bist der einzige, der infrage kommt.«

      »Wann geht es los?«

      »Du bist dir vollkommen sicher, dass du die Prozedur auf dich nehmen willst?«

      »Ja, das bin ich.«

      »Ich werde dir aber trotzdem noch einmal alles genau erklären, bevor du die Einwilligung unterschreibst.«

      »Wenn es nötig ist, allerdings habe ich eine Bitte.«

      »Die wäre?«

      »Ich möchte auf keinen Fall, dass außer dir und Doktor Sander jemand erfährt, dass ich der Spender bin. Ich will nicht, dass Kerstin glaubt, mir dankbar sein zu müssen, und ich will auch nicht, dass jemand für mich lügen muss, sollte sie sich nach dem Spender erkundigen.«

      »Du kannst dich darauf verlassen, es bleibt unter uns«, versicherte ihm Sebastian.

      »Hast du Doktor Sander schon angerufen, damit er Kerstin die gute Nachricht überbringt?«

      »Noch nicht.«

      »Dann tue es, jede Minute Hoffnungslosigkeit ist eine Minute zu viel Angst für sie.«

      »Okay, dann unterhalten wir uns danach.«

      »Kein Problem, ich laufe nicht weg«, sagte Matthias. Ich kann der Frau, die ich schon so lange liebe, helfen, wieder gesund zu werden, ich gehe nirgendwo hin, bis ich das geschafft habe, dachte er.

      *

      »Anna, stell dir vor, eure Suche in Bergmoosbach war erfolgreich. Ich nehme an, du weißt schon, dass ein Spender für mich gefunden wurde.« Kerstin war völlig aufgelöst vor Freude, als Anna sie am nächsten Vormittag besuchte.

      »Ja, ich habe es gehört, es ist eine wunderbare Nachricht.« Sebastian hatte sie am Abend zuvor angerufen und ihr davon erzählt.

      »Doktor Sander meinte, der Spender besteht darauf, anonym zu bleiben. Das finde ich sehr schade, ich würde ihm gern danken.«

      »Jetzt werde erst einmal wieder gesund. Vielleicht ändert er seine Meinung später noch, dann kannst du ihm immer noch danken.« Anna hatte den Verdacht, dass dieser Spender möglicherweise Matthias war. Dass Sebastian ihn am Tag zuvor so dringend hatte sprechen wollen und kurz darauf die Nachricht die Runde machte, dass ein Spender gefunden war, das schien gut zusammen zu passen.

      »Schau, was sie mir geschickt haben.« Kerstin deutete auf das Foto ihrer Fußballmannschaft mit den Unterschriften der Mädchen, das Arndt ihr vorbeigebracht hatte und das an der Wand gegenüber dem Bett hing.

      »Alle sind in Gedanken bei dir, das wird dir helfen, schnell wieder gesund zu werden.«

      »Heinz Bodekind hat mich auch angerufen, er wird wohl jetzt öfter nach Bergmoosbach fahren.«

      »Um Margot Wendelstein zu besuchen, nehme ich an.«

      »Die beiden mögen sich.«

      »So wie Matthias und du.«

      »Wie geht es ihm, Anna?«

      »Er würde dich gern mal wieder besuchen.«

      »Besser nicht.«

      »Aber er liebt dich, Kerstin.«

      »Ich liebe ihn auch.«

      »Warum stehst du nicht dazu?«

      »Weil eine Spende nicht unbedingt bedeutet, dass ich gesund werde. Es kann noch so viel passieren, weißt du. Ich möchte nicht, dass Matthias sich mit einer kranken Frau belastet.«

      »Und Arndt?«

      »Arndt ist ein guter Freund. Wenn ich dazu in der Lage wäre, dir zu helfen, dann würde ich keine Sekunde zögern, dich zu retten, hat er mir erst gestern versichert.«

      »Du willst also tatsächlich mit diesem Mann dein Leben verbringen?«

      »Darüber denke ich nach, wenn ich weiß, ob ich überhaupt noch ein Leben haben werde.«

      »Du schaffst das«, machte Anna ihr erneut Mut.

      »Wir werden sehen. Die nächsten Tage werde ich keinen Besuch empfangen dürfen. Mein Immunsystem wird heruntergefahren, damit mein Blut die Spenderzellen nicht gleich wieder vernichtet«, sagte Kerstin, als Anna sich bald darauf von ihr verabschiedete.

      »Wir denken an dich«, versicherte ihr Anna und nahm sie noch einmal in die Arme.

      Den Zeitungsartikel, den Emilia ihr gezeigt hatte, erwähnte sie nicht. Wenn Kerstin an Arndt glauben wollte, dann durfte sie ihr diesen Glauben jetzt nicht nehmen. Emilia hatte auch mit ihrem Großvater, Traudel und Gerti gesprochen, ob jemand Arndt am Tag des Testes in Bergmoosbach gesehen hatte, aber niemand konnte sich daran erinnern. Sebastians Bemerkung, dass er sich überall testen lassen konnte oder auch nicht, deutete Anna damit, dass er mehr wusste, aber nicht darüber sprechen konnte. Aber was auch immer sie in den nächsten Tagen über Arndt Weißmüller herausfanden, sie und die Seefelds hatten beschlossen, Kerstin auf keinen Fall damit zu belasten. Sie benötigte ihre ganze Kraft, um die Behandlung gut zu überstehen.

      In Bergmoosbach hatte sich die gute Nachricht schnell herumgesprochen und Kerstins Gesundheitszustand war erst einmal das wichtigste Thema im Dorf. Matthias ging vier Tage lang jeden Morgen vor der Sprechstunde zu Sebastian in die Praxis und ließ sich von ihm die notwendigen Spritzen geben. Als es dann soweit war, fuhr er in die Klinik zu Doktor Sander und spendete das Blut, das Kerstin retten sollte. Zwei Wochen später erhielt Sebastian während seiner Vormittagssprechstunde den erlösenden Anruf. Kerstin war auf dem Weg der Besserung. Er rief sofort Anna an, und sie verabredeten, Kerstin am Abend zu besuchen, danach sprach er mit Matthias, der vor Freude über diese Nachricht erst einmal kein Wort herausbrachte.

      »Wenn ich sie doch nur sehen könnte, wenigstens für einen Augenblick«, sagte er, als er sich wieder gefangen hatte.

      »Anna und ich fahren heute Abend zu ihr, wir werden ihr ausrichten, dass du an sie denkst«, versprach ihm Sebastian.

      *

      »Ohne dich wäre es vermutlich nicht gut ausgegangen«, sagte Anna, als Sebastian ihr auf dem Parkplatz der Klinik aus dem Auto half.

      »Wir haben alle unseren Teil dazu beigetragen. Ohne dich hätte ich gar nicht erfahren, dass Kerstin krank ist. Nur wegen der Bänderdehnung hätte ich sie sicher nicht in die Klinik eingewiesen.«

      »Du gehörst also nicht zu den Ärzten, die Menschen in die Augen schauen und wissen, was sie haben?«

      »Ich kann erkennen, ob jemand müde, erschöpft, vielleicht sogar krank ist, aber nicht mehr. Obwohl, nein, das ist doch noch nicht alles.« Sie ist wunderschön, dachte er und betrachtete die junge Frau in der roten Jeans und dem weißen Seidenpulli, die ihr langes brünettes Haar zurückwarf und ihn mit ihren geheimnisvollen grünen Augen anschaute.

      »Was kannst du noch sehen?«, fragte Anna und versank in seinen hellen grauen