Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980672
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zusammenkrampfte, als er diese schreckliche Wahrheit aussprach.

      »Sie wird es schaffen.« Anna streichelte mitfühlend über seinen Arm, als die Tränen in seine Augen traten.

      »Sie ist nicht besonders zuversichtlich«, sagte Matthias und erzählte seinen Freunden von Kerstins Zweifeln, ob sich überhaupt ein Spender finden würde. Als er die fragenden Blicke der Mädchen bemerkte, wechselte er schnell das Thema und gab sich fröhlich.

      Nach dem Abendessen nahmen die beiden Fußballmannschaften voneinander Abschied. Die Mädchen umarmten sich und versprachen, sich bald wiederzusehen. Nachdem die Bergmoosbacher Eltern ihre Töchter abgeholt hatten, machten sich auch Matthias, Sebastian und Emilia auf den Heimweg. Anna blieb in dieser Nacht in der Jugendherberge. Sie wollte Heinz nicht allein die Verantwortung für die Mädchen übertragen, und sie wollte ihm beistehen, wenn er der Mannschaft erklärte, wie es um ihre Trainerin stand.

      *

      Schon am nächsten Abend mussten alle die bittere Wahrheit akzeptieren. Es hatte sich kein Spender für Kerstin gefunden. Matthias und Anna, die sie am Nachmittag im Krankenhaus besucht hatten und auf dem Rückweg bei den Seefelds vorbeischauten, saßen mit Sebastian, Benedikt und Traudel auf der Terrasse, als der Anruf von Doktor Sander kam.

      »Hat sie denn eine so seltene Blutgruppe?«, fragte Matthias, nachdem sie sich alle von ihrem ersten Schreck über diese Nachricht erholt hatten.

      »Nein, die Blutgruppe ist auch nicht entscheidend. Es sind bestimmte Merkmale des Immunsystems, die zueinander passen müssen. Das scheint in Kerstins Fall schwierig, leider«, sagte Sebastian.

      »Das heißt, das war es?«, fragte Matthias entsetzt.

      »Es kann sein, dass schon morgen ein Spender registriert wird, der zu ihr passt, und wenn das so ist, dann wird Moritz das sofort erfahren. Solange müssen wir auf eine medikamentöse Behandlung vertrauen.«

      »Die vermutlich keinen Erfolg hat.« Matthias hatte sich inzwischen über diese Krankheit informiert, er wusste, dass Kerstin ein Wunder brauchte, um zu überleben.

      »Hat Moritz schon mit ihr gesprochen?« wollte Anna wissen.

      »Nein, ich habe ihn gebeten, bis morgen zu warten, weil ich der Meinung bin, dass wir nicht so schnell aufgeben sollten.«

      »Was genau heißt das, mein Sohn?«, fragte Benedikt.

      »Wir suchen hier vor Ort nach einem Spender.«

      »Viele Leute fürchten sich vor einer Blutentnahme, das wird in Bergmoosbach nicht anders sein«, bemerkte Matthias nachdenklich.

      »Diese Furcht ist unbegründet, es genügt ein Wattestäbchen mit einer Speichelprobe«, erklärte ihm Benedikt.

      »Wie hoch ist das Risiko für einen möglichen Spender?«, wollte Matthias wissen.

      »Gering.«

      »Üblicherweise erfolgt eine Spende heutzutage über eine Bluttransfusion«, erklärte ihm Benedikt, der im Laufe seines langen Berufslebens schon bei einigen Patienten diese Krankheit erkannt hatte.

      »Der Spender erhält vier Tage lang Spritzen mit einem bestimmten Präparat, das bewirkt, dass vermehrt Stammzellen in sein Blut wandern. Ist dieser Prozess abgeschlossen, kann die Transfusion stattfinden.«

      »Das klingt einfach.«

      »Es ist auch nicht sehr belastend. Manchmal treten grippeähnliche Symptome auf, die lassen sich mit Schmerzmitteln aber gut in den Griff bekommen. In seltenen Fällen kann es allerdings Komplikationen mit der Milz geben, die dann möglicherweise sogar entfernt werden muss.«

      »Von was sprecht ihr?«, fragte Emilia, die mit Nolan über die Wiese heraufkam.

      Freudig kläffend sprang der Hund nach seinem Spaziergang um jeden herum, den er auf der Terrasse antraf.

      »Sitz, Nolan!«, rief Sebastian, als der Hund zum dritten Mal um seinen Stuhl herumstob. »Brav«, lobte er ihn, als er seinem Kommando folgte und sich ruhig verhielt.

      »Was ist los? Gibt es noch weitere schlechte Nachrichten?«, fragte das Mädchen. Inzwischen wusste fast jeder in Bergmoosbach, wie krank die Trainerin der Schwabinger Mädchen war, und alle drückten ihr fest die Daumen, dass sie wieder gesund wurde.

      »Es wurde kein Spender für Kerstin gefunden«, klärte Sebastian seine Tochter auf.

      »Das heißt, sie muss sterben?« Emilia stopfte die Hände in die Taschen ihrer Jeans, kreuzte die Beine und ließ ihren Kopf sinken, bis ihr Gesicht von ihren langen Haaren beinahe verdeckt war.

      »So weit ist es noch nicht, Spatz.«

      »Was können wir tun, Papa?« Emilia schaute wieder auf und wischte die Tränen fort, die ihr über die Wangen rollten. Kerstin tat ihr so leid.

      »Komm her, Kleines, ich sage dir, was wir tun werden.« Sebastian zog das Mädchen auf seinen Schoss, um es zu trösten.

      »Sobald ein Termin für den Test feststeht, könnte ich ihn in der Schule bekannt machen, dann kämen sicher auch einige Eltern«, schlug Emilia vor, nachdem Sebastian sie in sein Vorhaben eingeweiht hatte.

      »Gute Idee, Schatz«, stimmte er ihr zu.

      »Ich werde gleich morgen die Draxler Elvira anrufen und ihr von dem Test erzählen, dann spricht sich die Sache schnell herum«, versicherte Traudel den anderen.

      »Die Damen, die morgen zur Schwangerschaftsgymnastik zu mir kommen, werde ich auch zur Verbreitung der Nachricht einspannen.«

      »Und ich werde mit der örtlichen Presse und dem Rundfunk sprechen, damit sie uns unterstützen«, verkündete Matthias, was er tun würde.

      »Wenn viele Leute kommen, werden wir in der Praxis aber nicht genug Platz haben«, gab Traudel zu bedenken.

      »Vielleicht können wir das Gemeindehaus nutzen, darum werde ich mich kümmern«, sagte Benedikt.

      »Wäre es auch möglich, dass du morgen Vormittag die Sprechstunde übernimmst? Dann könnte ich zu Kerstin ins Krankenhaus fahren und mit ihr und Moritz alles besprechen«, wandte sich Sebastian an seinen Vater.

      »So machen wir es, mein Junge«, erklärte sich Benedikt sofort einverstanden.

      *

      Bevor Sebastian am nächsten Morgen zu Kerstin in die Klinik fuhr, hatte sein Vater bereits die Zusage, dass sie am kommenden Wochenende das Gemeindehaus zur Verfügung hatten, auch Matthias war schon informiert und kümmerte sich um die Presse.

      Das wird ihr hoffentlich Mut machen, dachte Sebastian, als er in der Klinik ankam und mit dem Aufzug zu Moritz‘ Station hinauffuhr. Bevor er seinen Freund aufsuchte, ging er zu Kerstin. Sie lag in einem großen hellen Zimmer mit duftigen weißen Gardinen und einem eigenen kleinen Bad. Das Bett stand dicht am Fenster und bot ihr einen weiten Blick über die Stadt und die Berge. Es gab eine gemütliche Sitzecke und einen Esstisch mit zwei Stühlen. Auf ihrem Nachttisch stand eine Vase mit gelben und weißen Rosen.

      »Guten Morgen, Frau Richter, wie geht es Ihnen?«, fragte Sebastian.

      »Doktor Sander war gerade hier, ich habe wohl Pech gehabt«, sagte Kerstin und wandte sich Sebastian zu. Ihre Haut schien beinahe weiß, ihre dunklen Augen wirkten noch größer als sonst, aber sie war vollkommen ruhig. »Ich werde versuchen, mich damit abzufinden.«

      »Es ist zu früh, um aufzugeben.« Sebastian zog sich einen Stuhl zu ihr ans Bett, setzte sich und erzählte ihr, was sie in Bergmoosbach vorhatten.

      »Ich danke Ihnen für Ihren Einsatz, Doktor Seefeld, aber wenn wir weltweit keinen Spender finden konnten, wie groß ist die Chance, ihn ausgerechnet in Bergmoosbach zu finden?«

      »Sie mag klein sein, aber sie besteht, und deshalb werden wir das durchziehen.«

      »Doktor Sander meinte, er könnte mir auf jeden Fall noch ein bisschen Zeit verschaffen. Ich werde deshalb noch ein paar Tage hierbleiben, wenn sich also jemand findet, ich bin hier«, antwortete Kerstin