Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980672
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Seefeld. Es geht mir schon ein wenig besser.«

      »Sie sollten aber auf jeden Fall etwas essen, damit Sie sich nicht zusätzlich schwächen. Sie brauchen in den nächsten Wochen viel Kraft.«

      »Ich habe aber keinen Hunger.«

      »Nehmen Sie vor jedem Essen ein paar Tropfen davon.« Sebastian gab ihr ein weißes Fläschchen, das mit einem Korken verschlossen war.

      »Was ist das?«

      »Ein altes Hausmittel, eine Mischung aus Ingwer, Kümmel, Wermut, Pfefferminz und Wacholderbeeren.«

      »Sie vertrauen auf Kräuter?«

      »Auch die modernen Medikamente basieren auf den Wirkstoffen der Natur. Unsere Traudel ist eine Kräuterexpertin, sie hat uns schon einige Male mit dem Erfolg ihrer Medizin beeindruckt.«

      »Und das bei zwei Ärzten im Haus.«

      »Eine gute Leistung, das denke ich auch.« Sie kann schon wieder ein bisschen lachen, das ist gut, dachte Sebastian. »Wir sehen uns dann gleich am Lagerfeuer«, sagte er und berührte sie noch einmal tröstend am Arm, bevor er ihr Zimmer verließ.

      Nachdem Sebastian gegangen war, nahm Kerstin die Tropfen, die er ihr gegeben hatte, und ging noch einmal ins Badezimmer. Sie trug ein wenig Make-up und Rouge auf, tuschte ihre Wimpern und benutzte einen zartroten Lippenstift. Um ihrem Haar mehr Fülle zu geben, beugte sie sich nach vorn, bürstete es kräftig über den Kopf, bevor sie sich wieder aufrichtete und es mit den Händen ordnete. Das sieht doch schon viel besser aus, dachte sie und schlüpfte in ihre Jeans und einen langärmeligen roten Pullover.

      *

      Als sie wenig später die Treppe hinunterging und der Duft nach gerösteten Würstchen durch die geöffnete Haustür von draußen hereinzog, verspürte sie sogar ein wenig Hunger.

      »Leute, unsere Trainerin ist aufgetaucht!«, rief Inka, die zuerst auf Kerstin aufmerksam wurde. »Wo warst du denn die ganze Zeit?«

      »Ich hatte ein paar wichtige Gespräche zu führen.«

      Sebastian nickte ihr aufmunternd zu. Er lehnte am Stamm der alten Eiche, die neben dem Grillplatz stand, und schnitt mit einem Taschenmesser die Stöcke zurecht, auf die die Mädchen ihre Würstchen spießten und über das Feuer hielten.

      »Wie war denn euer Tag? Hattet ihr Spaß?«, wandte sie sich an ihre Mannschaft.

      »Oh ja, hatten wir«, antwortete Lizzy als erste.

      »Wir haben niedliche Kälbchen gesehen.«

      »Und kleine Schweinchen.«

      »Wir sind durch den Bach gewatet, um den Weg abzukürzen.«

      »Stimmt, das klingt nach viel Spaß«, sagte Kerstin, als nun alle gleichzeitig auf sie einredeten.

      »Wir waren auch im Rathauskeller, da übt eine Band, und zwar die netten Jungs, die wir gestern vor dem Kino getroffen haben«, erzählte Inka, und als sie lächelte, schienen die Sommersprossen in ihrem runden Gesicht hin und her zu hopsen.

      »Und ich bin von der lieben Traudel gemästet worden. Knödel, Braten, Pudding und Kuchen«, sprudelte es aus Lizzy heraus.

      »Offensichtlich hast du aber schon wieder Hunger«, stellte Kerstin lächelnd fest, als Lizzy sich auch einen Stock von Sebastian geben ließ.

      »Ich brauche eben viel Energie.«

      »Deshalb kriegst du den Ball morgen trotzdem nicht in mein Tor«, erklärte Doro selbstbewusst, die wie immer ganz in Schwarz gekleidet und in der Dämmerung kaum auszumachen war.

      »Wir werden sehen«, entgegnete Lizzy unbeeindruckt.

      »Komm zu uns«, forderte Anna Kerstin auf. Sie und Matthias saßen auf einer Bank am Feuer und wickelten die Kartoffeln, die sie backen wollten, in Alufolie.

      »Ich habe dich vermisst«, raunte Matthias ihr zu, als Anna zur Seite rutschte, damit sich Kerstin in die Mitte der Bank setzen konnte. »Ich hoffe, diese Gespräche, die dich aufgehalten haben, waren nicht unangenehm für dich.«

      »Nein, es ist alles gut. Es tut mir nur leid, dass es so lange gedauert hat«, entschuldigte sie sich.

      »Jetzt bist du ja da«, sagte er und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange.

      Ich hätte zu gern mehr Zeit mit dir verbracht, dachte sie und schluckte ihre Tränen hinunter, als Matthias sie mit seinen wundervollen blauen Augen anschaute. Sie wünschte ihm so sehr, dass seine Träume Wirklichkeit wurden, deshalb musste sie dafür sorgen, dass er Kerstin Richter vergaß. »Ich helfe euch«, sagte sie und riss ein Stück Folie von der Rolle ab, die in dem Korb vor Anna lag, und wickelte die nächste Kartoffel ein.

      »Ihr seid echt fleißig«, sagte Emilia, die die Kartoffeln abholte, um sie ins Feuer zu legen.

      »Wir hoffen, dass wir auch etwas abbekommen.«

      »Ich werde mich sofort darum kümmern, Trainer.« Emilia strich sich das Haar aus der Stirn und zwinkerte Matthias fröhlich zu, bevor sie die Kartoffeln in einen Korb packte und zum Feuer trug. Es dauerte nicht lange, da kam sie zurück und drückte Anna, Kerstin und Matthias je ein geröstetes Würstchen in die Hand.

      »Das ging schnell, danke.«

      »Du weißt doch, Matthias, wir reagieren sofort, wenn unser Trainer einen Wunsch äußert.«

      »Ja, klar, immer«, antwortete Matthias schmunzelnd. Nur allzu oft plapperten seine Mädchen auch während des Trainings munter drauflos, und er hatte seine Mühe, bis sie endlich auf seine Anweisungen hörten.

      Kerstin wunderte sich, wie gut es ihr in dieser großen Gesellschaft schmeckte, so gut, dass sie später sogar noch eine Backkartoffel schaffte. Sie wusste selbst nicht, wie es ihr gelang, die Angst vor dem, was ihr bevorstand, zu bändigen. Sie konnte sogar mit den anderen lachen.

      Auch Margot und Heinz kamen für eine Weile ans Feuer, und die Mädchen versorgten sie mit Essen und Getränken, bis die beiden sich wieder in den Garten hinter das Haus zurückzogen.

      Als die ersten Sterne am Nachthimmel funkelten, setzten sich alle dicht ans Feuer auf den Boden, und Emilia brachte ihren Vater dazu, von seinem ersten Lagerfeuer in einer indianischen Siedlung zu erzählen.

      »Er hat eine wundervolle Stimme, und er ist ein begabter Geschichtenerzähler«, flüsterte Kerstin Anna zu, als Sebastian irgendwann eine Pause einlegte, sich etwas zu trinken holte und die Mädchen sofort wild durcheinander redeten, weil sie sich immer etwas mitzuteilen hatten.

      »Glaube mir, ich kenne seine Vorzüge«, sagte Anna.

      Ich habe mich nicht getäuscht, sie liebt ihn, dachte Kerstin, als sie dieses Strahlen in Annas Augen erkannte.

      »Papa, bitte, noch eine Geschichte«, bat Emilia, als Sebastian sich wieder zu ihnen ans Feuer setzte.

      »Einmal wurde ich zu einer weisen alten Frau gerufen«, begann Sebastian auch gleich wieder mit einer neuen Erzählung.

      »Bitte, ein wenig lauter«, baten einige Mädchen.

      »Die weise Frau sprach ganz leise, so wie Indianer mit ihren Kindern sprechen, damit sie genau zuhören und ihre Augen schließen, damit die Worte zu Bildern werden und das Gesagte in ihrem Gedächtnis haften bleibt.« Obwohl Sebastian nicht lauter als zuvor sprach, hörten alle gebannt zu, was er ihnen über die Gebräuche der Indianer zu berichten wusste, und irgendwann schlossen alle die Augen, auch Anna und Kerstin. Matthias aber schaute nur auf Kerstin, es war allein ihr Anblick, den er in seinem Gedächtnis bewahren wollte.

      Nach einer Weile wurde es Kerstin auf dem Boden zu unbequem, die Gelenke schmerzten sie und es war ihr auch zu kühl geworden. Matthias half ihr auf, zog eine Bank näher ans Feuer und hängte ihr seine Jacke um.

      Sebastian hatte inzwischen seine Erzählstunde beendet, und die Mädchen unterhielten sich wieder eifrig miteinander. Auch ihm war es inzwischen auf dem Boden zu unbequem geworden, und er setzte sich auf eine Bank, ein Stück von Matthias