Lodernder Hass. Horst Warnatsch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Horst Warnatsch
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847605270
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auf einem Feudel neben der Wohnungstür stehen sah. Er roch an Sohlen und Gewebe. Der fragende Blick von Friedlaender war fast physisch zu spüren. Auch die Regenjacke, die zuoberst auf dem Karton lag, unterzog er einer Geruchsprobe. Benzinrückstände waren keine wahrzunehmen. Fragte sich nur, ob sie bei diesem Wetter nicht vielleicht ohnehin rückstandslos rausgewaschen worden wären.

      "Was soll das jetzt bedeuten", fragte Friedlaender halb belustigt, halb ärgerlich.

      "Ich finde, es riecht irgendwie verbrannt." Pergande verzog das Gesicht und schnüffelte ostentativ. "Aber wahrscheinlich hat sich der Geruch vom Brandort schon an meinen Nasenhaaren abgesetzt."

      "Ich rieche nichts."

      Pergande zuckte mit den Schultern. "Jetzt bin ich mir auch nicht mehr so sicher." Er drang weiter in die Wohnung vor und wandte sich an die Asiatin. „Wo wohnt Ihre Schwester, Frau Friedlaender?“

      „Auch hier, mit der ganzen Familie. Der Laden von hier nicht so weit.“

      Sie betraten das Wohnzimmer, in das vornean eine moderne Einbauküche integriert war. Über die verbleibende Fläche verteilten sich Spielsachen, zwei Sessel im altdeutschen Stil, zwei größere Schreibtische und ein kleiner, zwei Fernsehgeräte und ein ovaler, dunkler Cocktailtisch mit Sitzkissen. „Wo hält sie sich denn jetzt gerade auf, Ihre Schwester? Haben Sie sie inzwischen erreicht?“

      „Sie hat Handy ausgeschaltet. Sie sehr müde und schlafen.“

      „Meine Schwägerin führt noch ein Thailändisches Restaurant, ganz in der Nähe vom Hauptbahnhof.“ Daniel Friedlaender lehnte am Türrahmen und zeigte wegen des Feuers nicht die Spur von Aufregung oder Betroffenheit. „Ist bis fünf Uhr morgens geöffnet, und sie schläft dann ein paar Stunden im Büro, ehe sie zum Supermarkt fährt.“

      „Sie sprechen sicher vom ‘Siam Park’ im Spadenteich.“ Henningsen musterte die Asiatin und ihren Ehemann eindringlich und versuchte sich in ihr Familienleben und ihre Gewohnheiten hineinzuversetzen. Und er dachte an Bianca, die gerade dorthin unterwegs war. Gregor offenbar auch, denn er hatte bereits sein Handy am Ohr und raunte ein paar Informationen in das Gerät.

      „Eigentlich sind wir gekommen, um Ihnen die Nachricht von dem Feuer zu überbringen“, fuhr Henningsen fort, „und da wissen Sie’s schon. Wie kommt es, Herr Friedlaender, dass Sie sich bei strömendem Regen überhaupt in der Nähe vom Supermarkt aufgehalten haben?“

      Er gähnte und kratzte sich ausgiebig am Hinterkopf. „Reiner Zufall. Ich brauchte einfach etwas frische Luft." Dann grinste er verhalten. "Mehr möchte ich dazu lieber nicht sagen. Wäre auch nicht wichtig.“

      Hier im Wohnzimmer entdeckte Henningsen nichts, was als verdächtig einzustufen wäre.

      „Ich habe meiner Frau gesagt, keine Eile mit dem Laden. Die Polizei hat alles sichergestellt und abgesperrt, wir kommen sowieso nicht hinein. Und die Kunden werden gewiss sehen, warum heute nicht wie normal um 10 geöffnet wird.“

      Pergande durchschritt das Wohnzimmer und hinterließ dort, wo er länger verweilte, feuchte Flecken auf dem Laminatboden. Sein Blick schweifte von Daniel Friedlaender zu seiner Frau „Wieso wollen Sie eigentlich gar nicht wissen, wie es zu dem Feuer kommen konnte? Das sind doch sonst immer die ersten Fragen.“

      „Und die ersten Antworten der Polizei sind immer: Das lässt sich so genau noch nicht sagen, die Ermittlungen sind ja gerade erst angelaufen.“

      „Nicht irgendeine Vermutung?“

      Friedlaender schüttelte den Kopf. Seine Frau schaute sie erwartungsvoll an. Ihr Lächeln war verschwunden. Sie spürte, dass die Lage ernst war. „Ich habe keine Ahnung. Können wir hingehen und gucken?“

      „Na ja“, Pergande setzte sein belehrendes Lächeln auf, „es macht wirklich keinen Sinn, so kurz nach dem Feuer den Laden zu betreten. Je nach dem Grad der Frischluftzufuhr dauert es bis zu zwei Wochen, ehe man ungeschützt in die Räumlichkeiten hinein gehen sollte. Also später Vorsicht bei der Bestandsaufnahme. Sie ahnen nicht, wie hoch die Schadstoffkonzentration so kurz nach einem Brand sein kann.“

      „Ich glaube Ihnen.“

      Pergande legte den Kopf schief und fragte sich, ob sie ihn wirklich verstanden hat. Sein Blick wanderte zu Henningsen, als erwartete er von ihm ein Signal zum Vorstoß.

      „Ich bräuchte von Ihnen die vollständigen Personalien. Haben Sie einen Reisepass griffbereit?“

      „Selbstverständlich.“ Die Asiatin ging zu einem der Schreibtische und wühlte in ihrer Handtasche.

      Pergande und Henningsen tauschten viel sagende Blicke aus, die dem Ermittlungsleiter die letzte Sicherheit gaben: Sie würden die Geschäftsinhaberin mit ersten Informationen konfrontieren.

      „Hier, bitte.“ In ihren feingliedrigen Fingern hielt sie einen deutschen Personalausweis.

      „Sriwan Friedlaender“, las Pergande und notierte die Daten, „geborene Chariyaporn...“ Nach einer Weile blickte er auf und musterte die Asiatin durchdringend. „Angenommen, Frau Friedlaender, unsere Ermittlungen ergeben, dass jemand Ihren Supermarkt absichtlich in Brand gesetzt hat. Wüssten Sie dann, wer so etwas tun würde?“

      „Absichtlich? Meinen Sie?“ Sriwan Friedlaender sah ihn mit großen Augen an, was dann nicht einmal halb so groß war, wie bei Europäern.

      „Ja. Jemand ist bei Ihnen eingebrochen und hat im Verkaufsraum Feuer gemacht. Wir glauben, es ist nichts gestohlen worden. Es ging nur darum, großen Schaden anzurichten und zu verhindern, dass Sie weiter Geschäfte machen können. Verstehen Sie, was ich damit sagen will?“

      Henningsen verfolgte unauffällig aber mit aller Konzentration, wie Daniel Friedlaender auf diese Eröffnung reagierte. Er blieb jedoch gelassen. Entweder bezähmte er seine Neugier oder dieser Hinweis interessierte ihn nicht. Beides bot Anlass, sich genauer mit ihm zu beschäftigen.

      „Ja, ich verstehen...“

      „Aber?“

      „...ich weiß nicht. Ich keine Ahnung, wer...“

      „Es ist nicht wahrscheinlich, dass diese Tat von einem potentiellen Brandstifter begangen worden ist“, trug Pergande weiter vor, „das, was sich in Ihrem Supermarkt abgespielt hat, hat eine Vorgeschichte. Haben Sie mich verstanden?“

      „Ich verstehen, aber...“ Die Asiatin zuckte mit den Schultern.

      „Und Sie, Herr Friedlaender?“ Pergande wölbte die Augenbrauen. „Hegen Sie einen Verdacht?“

      Er schüttelte den Kopf. „Nein“, erwiderte er bestimmt, „sicher gibt es manchen Neider, aber keiner würde auf die Idee kommen, ein Feuer zu legen.“

      „Zum Beispiel?“

      Friedlaender wandte sich an seine Frau. „Du hast doch mal erzählt, dass sich der Inhaber von diesem Asia-Markt weiter unten so komisch verhalten hat.“ Er sah Pergande an. „Kurz vor der Hoheluftbrücke gibt’s einen Pakistani. Ein oder zwei Wochen nach der Eröffnung tauchte er mit seiner ganzen Familie im Supermarkt auf und hat sich angesehen, was wir alles im Angebot haben, wie unsere Preispolitik ist. Haben nichts gekauft, aber die Frau soll gesagt haben, warum wir den Supermarkt nicht an anderer Stelle hätten aufmachen können, stimmt’s, Siri?“

      Sie schüttelte den Kopf. „Na ja, stimmt schon, aber sie dann nicht so machen. Sie machen kein Feuer.“

      „Da haben Sie sicher Recht“, pflichtete Pergande ihr bei, „wenn ich mir überlege, wie viele Bäcker es bei uns in der Nähe gibt und bei keinem hat’s jemals gebrannt.“ Trotzdem prägte er sich den Gedanken ein. Irgendwo musste man ansetzen.

      Henningsen interessierte etwas anderes. Er fragte Sriwan Friedlaender: „Haben Sie einen privaten Pkw?“

      „Ja, wir haben. Einen Toyota.“

      „Ah..... - und für den Notfall auch immer einen Reservekanister mit Benzin dabei?“

      Sie sah ihren Mann fragend an, aber er verhielt sich zurückhaltend.