Lodernder Hass. Horst Warnatsch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Horst Warnatsch
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847605270
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nachsehen, ob wir das Schloss irgendwo finden.“

      „Ein Einbrecher, der etwas auf sich hält, lässt am Tatort keine Beweismittel zurück“, behauptete Stefan.

      „Sobald es hell wird, werde ich mich umgucken“, beendete Gregor die Diskussion. „Ist dir übrigens aufgefallen, dass es kaum noch regnet?“

      „Dann kann ja Bianca nicht weit sein“, war Stefans treffender Kommentar, weil sie in dem Augenblick tatsächlich forschen Schrittes um die Ecke bog. Seine sonst sehr männlichen Gesichtszüge verwandelten sich in ein weiches Lächeln. „Schön, dass du gekommen bist.“

      „Guten Morgen, ihr Lieben.“

      Auf den ersten Blick wirkte Bianca Jochens ausgeruht und voller Tatendrang. Sie trug eine schwarze Samthose und einen dunklen, mit Silberfäden durchwirkten dünnen Pulli, über den sie eine lange, dunkle Strickjacke geworfen hat. Ihr Outfit zeugte noch von ihrem Bühnenauftritt. Das braune Haar mit dem rötlichen Schimmer fiel jedoch schon strähnig auf ihre Schultern und Rouge und Lidschatten täuschten nicht darüber hinweg, wie übernächtigt ihre Augen waren.

      Während Stefan ihr mit heimlicher Bewunderung entgegen blickte, mischte sich leichte Ironie in Gregors Stimme, als er sagte: „Ich werde dann mit Stefan den Brandort begutachten, und Madame kann ja schon mal ins Krankenhaus fahren und mit den Opfern reden.“ Er grinste lausbübisch, als er sah, wie Bianca ihn giftig anfunkelte.

      „Ich mag diese Sprüche nicht, Gregor. Du weißt genau, dass für mich der Brandschutt gar nicht tief genug sein kann. Meine Arbeitsklamotten hängen übrigens bei euch im Transit.“ Ihre Augen überflogen den Halbschatten. „Falls ihr’s nicht wisst, ich habe bis vor kurzem noch im Rampenlicht gestanden. Als du mich angerufen hast, Gregor, war ich gerade eine halbe Stunde zu Hause.“

      Bianca hatte ein hübsches Gesicht mit forschenden braunen Augen, die fröhlich, aber auch hart. kritisch und provozierend blicken konnten. „Warum lässt du dich denn für die Rufbereitschaft einteilen, wenn du heute Abend Musik machst?“ erkundigte Stefan sich

      Sie zuckte mit den Schultern. „Ist ja nicht so schlimm, Leute. Wie ist denn hier die Lage? War`s dein Ernst, Gregor, dass ich ins Krankenhaus fahren soll?“

      „Ja, das war mein Ernst.“ Pergande zählte die Fakten auf, die bisher bekannt waren und fügte hinzu: „Die Familie aus der Wohnung, die zum Hof hinaus geht, sie ist in die Uni-Klinik gebracht worden. Vielleicht können sie uns etwas zu dem Geschäft erzählen.“ In seine Augen mischte sich kaum wahrnehmbarer Frohsinn. „Und vergiss nicht zu fragen, wie es der alten Dame geht.“

      „Gut, dass du mich darauf hingewiesen hast.“

      „Stefan und ich werden uns jetzt etwas eingehender mit den Festgenommenen beschäftigen. Und wenn es hell wird, sehen wir uns den Brandort an.“

      „Ich nehme an, wir treffen uns dann am Kommissariat.“ Bianca wandte sich um und ging zurück zur Straße.

      Pergande grinste. „Ganz schön gewagt, mit ihren Pumps bei diesem Wetter.“

      Als Henningsen und Pergande nach einer Weile folgten, sahen sie Bianca mit ihrem weißen Mitsubishi in einem weiten Bogen wenden und Richtung Krankenhaus davon fahren. Vor dem Haus war die Feuerwehr gerade dabei, diese markanten Sitzpolster, wie Stefan sie in einem Thailändischen Restaurant schon zu Gesicht bekommen hat, aus dem Haus zu schaffen. Sie qualmten noch sehr stark und wurden mit einer Kübelspritze nachgelöscht.

      „Ihr wisst ja, dass mit Polsterungen nicht zu spaßen ist“, kam der Feuerwehr-Einsatzleiter Pergandes Protest zuvor, „man glaubt, sie sind gelöscht, aber irgendwo hat sich dann doch noch ein Schwelbrand gehalten.“ Er hatte inzwischen seinen Helm abgenommen. Schütteres Haar kräuselte sich feucht an seiner hohen Stirn entlang. „Sie waren seitlich vom Schaufenster aufgestapelt, lagen also nicht im Brandherd.“

      Gregor bat eine Streifenwagenbesatzung darum, bis zu ihrer Brandortbesichtigung die Sicherung des Objektes zu übernehmen. „Ich weiß, dass ihr nicht gerade begeistert seid, aber vor dem Hellwerden können wir uns drinnen nicht umsehen. Wir werden zuerst eure Festnahmen bearbeiten, mal sehen, ob wir damit schon einen Schritt weiter kommen. Und übrigens“, er klopfte dem Uniformierten jovial auf die nasse Lederjacke, „was eure Tätigkeiten hier im Umfeld des Brandortes anbelangt, habt ihr wirklich allerbeste Arbeit geleistet.“

      3

      Gregor Pergande und Stefan Henningsen betraten die Polizeidienststelle in der Troplowitzstraße, die vom Brandort nicht weiter als einen halben Kilometer entfernt lag. Der Wachdienstraum, wo tagsüber reger Publikumsverkehr herrschte, wirkte schläfrig. Eine Schreibtischlampe beleuchtete einen älteren Polizeibeamten mit lichten grauen Haaren, schmaler Lesebrille und ausgeprägten Tränensäcken. Er war am telefonieren, während er einen Aktenordner nach etwas durchstöberte. Auf der Besucherbank lümmelte ein junger Mann mit längerem Haar. Der Kopf war ihm in den Nacken gefallen, die Augen geschlossen, der Mund offen. Aus einem Nebenraum tauchte ein Uniformierter mit athletischer Figur und einer weißblond gefärbten Kurzhaarfrisur auf. Nachlässig hielt er einen Becher dampfenden Kaffees in der Hand.

      „Aha, die Brandermittler“, stellte er fest. Er nickte kurz und setzte sich an dem Computer am Publikumstresen, wo er dabei war, eine Vordruckmaske auszufüllen.

      Pergande folgte ihm und legte seine College-Mappe auf dem Tresen ab. „Ihr habt es hier ja richtig gemütlich.“ Henningsen trat hinzu, murmelte aber nur ein sparsames „Moin, Moin“, weil er sah, dass die Kollegen in Gedanken ganz woanders waren.

      „Von gemütlich kann keine Rede sein“, erwiderte der Blonde auch prompt. „Zwei Streifenwagen sind bei einem schweren Verkehrsunfall, der dritte unterstützt die 27er bei einer Schlägerei im Männerwohnheim. Und eine Wagenbesatzung muss ja nun euren Brandort bewachen.“

      In Pergandes Gesicht stand ein Lächeln, aber hinter seiner Stirn lauerte die Lust zum Streiten. „Der Brandort von heute Nacht steht auf meiner Wunschliste auch nicht gerade ganz oben. Und wenn sie da eine Weile den Supermarkt bewachen, laufen sie nicht Gefahr, dass sie in einen viel schlimmeren Einsatz verwickelt werden.“

      Der Blonde setzte gerade zu einer Erwiderung an, als Henningsen ablenkte: „Wir sind nicht zum Plaudern hier, wir wollen eure Festnahme verarzten. Wo ist der Kollege, der den Bericht fertigt?“

      „Hinten, in den Schreibzimmern.“ Er vollführte eine vage Handbewegung zur gegenüber liegenden Seite vom Wachraum.

      Sie fanden einen Kollegen in den Bericht vertieft, der andere saß neben ihm auf dem Schreibtisch und aß einen Apfel, indem er mit einem Küchenmesser Stück für Stück abteilte und in den Mund schob, ohne das Messer aus der Hand zu legen.

      „Wir vom LKA 45 sind auch für tödliche Arbeitsunfälle zuständig“, bemerkte Gregor trocken, worauf er jedoch nur ein schiefes Lächeln erntete. Dann ließ er sich aber sofort das Wesentliche schildern, während Stefan die Computerauszüge studierte und feststellte, dass der per Haftbefehl gesuchte Ralph Knüpfer zwar zahlreiche Einbruchsdiebstähle begangen, aber nie einen Hang dazu gezeigt hat, die verräterischen Spuren durch Feuer zu vernichten. Gemeldet war er bei seiner Mutter in der Christian-Förster-Straße. Insofern vielleicht nicht überraschend, wenn er die Hoheluftchaussee herauf- und am Brandort vorbeikam.

      Sein Kumpel, Sven Ortlieb, war 21. Zwei Jahre jünger als Knüpfer. Er hat bislang noch gegen kein Gesetz verstoßen.

      „Weswegen der Haftbefehl?“ wollte Pergande wissen.

      „Zur Strafvollstreckung“, antwortete der Uniformierte, dessen Apfel sich inzwischen auf ein säulenförmiges Kerngehäuse reduziert hat.

      Henningsen und Pergande stimmten in ihrer Meinung überein, dass die beiden tatsächlich nur Schaulustige waren.

      „Wenn Du nichts dagegen hast, Gregor, nehm’ ich mir den Knüpfer vor.“

      „Wir nehmen ihn uns beide vor, den anderen lassen wir schlafen.

      Der „Sichere Raum“ hatte zum