Was mich sehr ärgerlich macht, ist, die Betroffenen ganz einfach und ganz schnell mal in die Schublade „krank, weil depressiv“ zu stecken und sie insgeheim wegen ihrer Diagnose und der daraus entstehenden Kosten im Gesundheitswesen letztendlich sogar noch zu „verurteilen“. Glauben Sie mir: Die Depression sucht sich keiner aus. Sie passiert mit uns. Und meiner Meinung nach liegen viele ihrer Ursachen in unserer Leistungsgesellschaft, in einer „überreizten“ Wettbewerbsgesellschaft, im gnadenlosen Konkurrenzdenken, das uns Menschen so sehr voneinander entfernt. – Kein Wunder, wenn eine Gesellschaft, die fast nur noch auf Leistungssteigerung, Profitdenken und Gewinnmaximierung setzt, irgendwann, weil allzu sehr „entmenschlicht“, am Zusammenbrechen ist. Doch auch diese Diskussion werde ich an dieser Stelle nicht mit Ihnen führen. Dafür muss ein anderer Rahmen her.
Was mir am Herzen liegt, sind vor allem die betroffenen Menschen, egal ob Jung oder Alt.
Daher mache ich es mir heute zur Aufgabe, mit diesem gesellschaftlichen „Tabu-Thema“ zu brechen, indem ich offen und ehrlich über meine eigene Geschichte spreche. Die Geschichte „meiner“ Depression. Heute kann ich dies tun, denn inzwischen habe ich gelernt: „Ich bin nicht diese Geschichte. Ich bin nicht diese Diagnose. Ich bin so viel mehr!“ – Doch es hat seine Zeit gedauert, bis ich wieder so denken konnte und bis ich es vermochte, aus einem anderen Fokus heraus auf die „Geschichte (m-)einer Depression“ zu schauen.
Heute danke ich dieser Depression. Heute weiß ich: Die Depression war bzw. ist meine Lehrerin. Im Grunde genommen will sie nur das Beste für mich. Sie will mich aufrütteln und mich etwas Wichtiges lehren. Das Problem war nur, dass ich dafür erst einmal wieder selbst „die Schulbank drücken“ musste, um das sogenannte „Alphabet“ dieser Art des „Nicht-mehr-in-der-Welt-sein-Wollens“ zu verstehen. Ich musste erst durch die einzelnen Stationen dieser Krise, dieser gesamten Symptomatik und Problematik gehen, um meinen „Grundwortschatz“ fürs Leben zu erweitern. Ob mir dies gelungen ist? – Urteilen Sie selbst. Die Motivation meines Handelns ist, Sie anhand meines Beispiels vertraut zu machen mit den einzelnen Stufen dieses Phänomens der Depression. Auf die mir mitgegebenen Diagnosen Burnout und Posttraumatische Belastungsstörung (= PTBS) werde ich nicht ganz so intensiv eingehen wie auf die Depression. Dennoch erscheint es mir wichtig, sie nicht ganz auszublenden, denn für mich sind sie beide wesentliche Bestandteile, Begleitfaktoren der Depression. Das „Schwergewicht Burnout, Depression und PTBS“ kommt meist nicht allein in unser Leben. Oft hat es noch unzählig viele andere Symptom-Anteile mit im Gepäck. Welche das bei mir im Einzelnen waren, die mich letztlich „dienstunfähig“ werden ließen, davon erzähle ich Ihnen später mehr. Doch soviel sei schon einmal gesagt: Sie sind alle ein unverzichtbarer Teil meiner Geschichte, verweisen inhaltlich noch auf so viel mehr. Sie sind ihrerseits eine eigene Entdeckungsreise wert. Was ich für mich inzwischen begriffen habe, lässt sich mit diesen Worten wiedergeben:
„Ich muss etwas selbst erleben,
um es weitergeben zu können.“
Clemens Kuby
Lassen Sie mich dieses Zitat von Herrn Kuby dahingehend noch ergänzen: „Ich muss etwas selbst erleben, um es begreifen und weitergeben zu können.“ – „Ich muss u. U. etwas durchlitten haben, um es besser verstehen und nachvollziehen zu können.“ – Will damit sagen: Ja, ich muss selbst erst durch das „Tal der Dunkelheit“ gewandert sein, muss selbst dort meinen Schatten begegnet sein, muss selbst dort geweint und getrauert haben, um letztlich andere Betroffene in Gänze um so vieles besser zu verstehen. Und wenn es mir irgendwie möglich sein sollte, das Schicksal vieler von dieser Thematik betroffenen Kinder & Jugendlichen oder auch Ihr Schicksal mit meinen Ausführungen in diesem Buch auch nur ein wenig zu wenden, so bin ich dankbar und froh für diesen Impuls, der mir sagte: „Schreib dieses Buch!“ Denn wer könnte besser nachvollziehen und verstehen, wie Ihnen unter Umständen gerade geschieht, als eine Betroffene, die selbst vor die Aufgabe gestellt war, sich ihrer gänzlichen Lebenssituation – beruflich wie privat – voll und ganz NEU bewusst zu werden. Und der es zum Glück gelungen ist, sich aus der Dunkelheit ihres Lebens wieder in ein lichtvolleres Dasein hinzubewegen.
Menschen zu begleiten war bereits als Lehrerin und Schulleiterin der Motor meines Handelns. Und da es mir eine Herzensangelegenheit ist, von der Depression Betroffene – so gut ich es vermag – wieder in ein selbstverantwortlich mitgestaltetes Leben zu begleiten, deshalb gibt es dieses Buch, das zum einen in den mir dafür wichtigen Teilbereichen meine eigene Situation beschreibt, das Sie zum anderen aber auch auf eine Reise ganz anderer Art mitnehmen will. Auf eine Reise, die sich nicht in Kilometern bemessen lässt, sondern auf eine Reise, auf der nach und nach immer mehr an Verstehen tieferer Zusammenhänge, Erkenntnis und Heilung geschieht. – Auf eine Reise in ein friedvolleres, sinnerfüllteres und glücklicheres Leben. Es geht mir dabei nicht darum, Sie mit meiner Geschichte mehr oder weniger gut zu „unterhalten“. Es geht mir darum, …
Ihnen anhand einiger Beispiele aus meiner persönlichen Situation aufzuzeigen, wie höchst intelligent unser Körper mit unserem Geist und unserer Seele kommuniziert.
Sie darauf hinzuweisen, wie wichtig es ist, die Zusammenhänge und diese Sprache unseres Systems „Körper-Geist-Seele“ immer besser zu verstehen.
Sie daran zu erinnern und zu sensibilisieren, was für ein einzigartiges „Wunderwerk der Schöpfung“ wir sind.
im Nachdenken über die Ursachen von Erkrankung tradierte Standpunkte zu verlassen, vermehrt Neues zu wagen und den Blickwinkel auf die Diagnose zu verändern.
einmal auf ungewohnte Art und Weise über die Ursache einer Erkrankung nachzudenken und dabei den eigenen Horizont zu erweitern.
neugierig zu sein und „neue“ Sichtweisen zuzulassen.
unter Umständen auch so etwas wie Reformen im Verständnis und Umgang mit bestimmten Tabu-Themen anzustoßen.
…
Wer mir dabei wichtig ist und am Herzen liegt, ist allein der Mensch. Wohlergehen, Gesundheit, Heilung, Glück, das wünsche ich für Sie! – Das wünsche ich für mich, denn auch ich bin nach wie vor auf dem Weg. Was ich dabei nicht vermag, ist, ein wissenschaftliches Buch zu schreiben. Dazu fühle ich mich nicht imstande. Dafür fehlt mir die Qualifikation. – Ich folge einzig und allein meiner Intuition.
3
Was hat mich in diese Situation gebracht?
Mehr oder weniger un-bewusste Weg-Gefährten
Da ist sie wieder, diese Stimme, die sich immer wieder meldet. Diese innere Kritikerin. Dabei habe ich ihr schon so oft gesagt, dass ich bestens auf ihren Kommentar verzichten kann. Doch anscheinend glaubt sie mir das noch immer nicht. – Mein Unterbewusstsein scheint wieder mal klüger und vor allem schneller zu sein als mein bewusstes Ich. Schließlich habe ich ersteres über Jahrzehnte hinweg internalisiert. Somit konnten sich Glaubenssätze wie „Du bist nicht gut genug!“ – „Du kannst das nicht!“ – „Du verdienst weder Wertschätzung, noch Erfolg!“ bestens einnisten in meinem System. – Das Entscheidende ist jetzt nur:
Wie diese falschen Muster wieder loswerden, wenn „Frau“ ihr halbes Leben damit zugebracht hat, diesen Botschaften immer wieder Glauben zu schenken? – Woher rührt dieses Problem? – Wann hat das angefangen? – Woher kommen diese Selbstzweifel? – Warum immer wieder diese das Selbst sabotierenden Gedanken?