Meine Seele will endlich fliegen. Hermine Merkl. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hermine Merkl
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783991076704
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ihnen allen eine Botschaft wichtig: „Hör endlich auf, dir mit all diesen alten Mustern und Glaubenssätzen ständig den Boden unter den Füßen wegzuziehen! – Hör endlich auf, dich mit Sätzen wie „…“ fertig zu machen. Du verdienst etwas Besseres. Du verdienst anderes. Du verdienst es glücklich zu sein. Es ist dein Geburtsrecht glücklich zu sein. Und du bist gut, ganz so wie du bist!“ Wenn es doch nur so einfach wäre, meinen Geist umzulenken auf diese letztgesagten Worte. Wenn dies doch nur so einfach wäre. Gott, wäre ich froh! – Froh, dankbar, glücklich und zufrieden zugleich.

      Inzwischen gibt es auf dem Literaturmarkt eine Flut von Lebensratgebern, und im Internet reiht sich ein Blog an den anderen. Vielen von ihnen liegt das Thema „Selbstwert, Selbstakzeptanz und Selbstliebe“ am Herzen. Jeder Autor, jeder Seminarleiter, jeder Blogger geht dabei mehr oder weniger auf der Grundlage seiner beruflichen wie privaten Erfahrungen an die Themen heran. Immer mehr von ihnen teilen ihre Erfahrungen und Lernprozesse mit, was diese Berichterstattungen für den Leser dann umso ehrlicher und authentischer erscheinen lassen. Denn im Grunde genommen trifft das übergeordnete Thema „Selbstwert und Selbstliebe“ auf jeden Einzelnen von uns zu. – Ganz egal ob Frau oder Mann.

      Wenn wir ehrlich sind, hat jeder von uns früher oder später sein Thema damit. Ausnahme vielleicht die Kinder und Erwachsenen, die Eltern haben, die Eltern hatten, die wiederum Eltern hatten, die Eltern hatten, die … ihre Kinder im Hinblick auf ihr Selbstbild bereits so gesund und bewusst erziehen konnten, dass sich überwiegend lebensbejahende und optimistisch denkende junge Seelen daraus entwickeln konnten. Wenn dem nicht so war, dann haben die Eltern in der Erziehung ihrer Kinder zwar dennoch stets das Beste gegeben. Doch können Eltern auch nur geben, was sie selbst an positiver Lebenseinstellung, gesundem Selbstwert und Selbstliebe zu geben haben. Mangelte es ihnen selbst aufgrund ihrer eigenen Erziehung, die sie erfahren haben, daran, wie sollen sie es dann ihren Kindern geben? Doch wer ist nun schuld daran, dass viele von uns sich selbst ein Leben lang mehr kritisieren als lieben?

      Eine interessante Frage. Lassen Sie mich fürs Erste zwei wichtige „Erziehungsideale“ unserer Zeit gegenüberstellen, ohne dass ich Ihnen eine weitere Erläuterung dazu gebe.

      Achten Sie einfach auf die Worte. Hören Sie auf die jeweilige Botschaft. – Spüren Sie die Energie, die hinter diesen Aussagen steht?

      Variante I

      Was ein Kind gesagt bekommt

      „Der liebe Gott sieht alles.

      Man spart für den Fall des Falles.

      Die werden nichts, die nichts taugen.

      Schmökern ist schlecht für die Augen.

      Kohlentragen stärkt die Glieder.

      Die schöne Kinderzeit, die kommt nicht wieder.

      Man lacht nicht über ein Gebrechen.

      Du sollst Erwachsenen nicht widersprechen.

      Man greift nicht zuerst in die Schüssel bei Tisch.

      Sonntagsspaziergang macht frisch.

      Zum Alter ist man ehrerbötig.

      Süßigkeiten sind für den Körper nicht nötig.

      Kartoffeln sind gesund.

      Ein Kind hält den Mund.“

      Nach diesem „Erziehungsideal“ von Bertolt Brecht wurden wohl die meisten unserer Eltern erzogen, weil ihre Eltern selbst nach diesem Muster erzogen worden waren. – Sie kannten es folglich nicht anders und haben von daher diesen Erziehungsstil mehr oder weniger ebenfalls übernommen. Entsprach er doch einem ganz bestimmten Zeitgeist, auf den ich später noch zu sprechen komme.

      Eine andere Art ein Kind zu erziehen, zeigt Variante II. Lassen Sie sich von diesen Worten inspirieren. Spüren Sie auch hier in die entsprechende Botschaft der Worte hinein. Wie fühlen sich diese Aussagen an? – Was schwingt für Sie in diesen Ratschlägen mit? – Was ist das Besondere an dieser Art zu erziehen?

      Variante II

      Was ein Kind lernt

      „Ein Kind, das wir ermutigen, lernt Selbstvertrauen.

      Ein Kind, dem wir mit Toleranz begegnen, lernt Offenheit.

      Ein Kind, das Aufrichtigkeit erlebt, lernt Achtung.

      Ein Kind, dem wir Zuneigung schenken, lernt Freundschaft.

      Ein Kind, dem wir Geborgenheit geben, lernt Vertrauen.

      Ein Kind, das geliebt und umarmt wird,

      lernt zu lieben und zu umarmen

      und die Liebe dieser Welt zu empfangen.“

      (Verfasser unbekannt)

      Was sagen Sie dazu? – Lassen Sie beide Erziehungsstile einfach auf sich wirken. Nehmen Sie ihre Botschaft mit. Ganz besonders die Energie, die sich „unausgesprochen“ zwischen den Worten verbirgt. – Wie sehr sich der graduelle Unterschied in unser aller Leben auswirken kann, das werden wir an geeigneter Stelle noch sehen. Wunderschön finde ich, was bereits Johann Wolfgang von Goethe zur Erziehung von Kindern zu sagen wusste. Seine Kernbotschaft zum Wesen einer idealen Erziehung lautet: „Zwei Dinge sollten Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.“

      Doch nach diesem kurzen Exkurs in die Welt der Erziehung wieder zurück zum Thema des Buches. Sie werden hier und da selbst immer mehr merken, unbewusst schwingen diese Erziehungsvarianten mit. – In welcher Art, das werden Sie noch sehen.

      Wenn ich es genau betrachte, war es nicht nur „eine dunkle Wolke“, die sich herabsenkte, für mich fühlte es sich so an, als hätte sich der ganze Himmel gegen mich verschworen. Immer mehr, immer unnachgiebiger, immer kompromissloser wurde ich in ein tiefes „Schwarz“ gehüllt. Schwere Wolken, beängstigende Wolken, Unwetterwolken, Gewitterwolken … – sie alle umgaben mich. Hüllten mich immer mehr ein. Nach und nach bemächtigten sie sich meiner Sinne und raubten mir die Luft zum Atmen. Schließlich und endlich nahmen sie mir die Sicht auf das, was ich noch „Leben“ nennen konnte, und wie so oft schon hatte ich wiederholt diesen „Traum“. Nun, eigentlich ist es kein Traum, sondern ein äußerst beängstigendes „Erleben“. – Bin jedes Mal völlig verstört und verschreckt daraus aufgewacht. Schweißgebadet und am ganzen Körper zitternd. Wenn ich „fiel“, war da immer dieses Gefühl einer grenzenlosen Ohnmacht. Jetzt war es wieder da, nur mit einer gravierenden Ausnahme: Es war kein Traum-Erleben. Es war Realität. – Brutale Realität. – Bittere Realität. Und ich habe es irgendwie selbst zu meiner Realität gemacht. – Eine Realität, in die ich mich im Verlauf der letzten Jahre immer mehr verloren hatte. Nur bemerkt hatte ich dies leider nicht.

      Wann das Ganze begann? – Ich kann es nicht genau sagen. – Hätte es mir auffallen müssen? Und warum zeigt sich mir dies alles so gnadenlos? – Was war passiert? – Was habe ich falsch gemacht? – Was ist falsch mit mir, sodass ich immer wieder in dieses „schwarze Loch“ fallen musste? – Hätte ich zu gegebener Zeit dieses Schicksal abwenden können?

      Fragen über Fragen kamen mir in den Sinn. Doch all dies half nichts. Das, was passieren sollte, konnte nicht gestoppt werden. Ich war dem Ganzen einfach ausgeliefert. Und all die Dinge, sie ergaben sich. – Immer mehr. Immer tiefer. Immer unaufhaltsamer. Immer radikaler. – Ich hatte keine Kraft mehr um gegenzusteuern. Ich konnte den Verlauf weder stoppen, noch kontrollieren. Ich konnte nichts mehr beeinflussen. Ich konnte mich nur noch fallenlassen. Mich hingeben und dem ergeben, was da mit mir passieren sollte.

      Mein ganzes System schrie, brüllte. Brüllte unaufhörlich. Brüllte ohne Unterlass. Brüllte Tag und Nacht. – Mein ganzer Körper rebellierte. Zeigte eine Vielzahl von Symptomen. Doch nicht nur er meldete sich. – Die Stressrezeptoren in meinem Gehirn waren auf Dauerbetrieb geschaltet. – Und was das Schlimmste für mich war: Sie ließen sich mit nichts mehr beruhigen. – Was mir blieb, war nur noch der freie Fall und dieses Nicht-Wissen, wo und wann ich aufschlagen werde. Als ich wieder zu mir kam, stand die Diagnose fest:

      Burnout