Meine Seele will endlich fliegen. Hermine Merkl. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hermine Merkl
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783991076704
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geglückt. Jetzt beginnt das Wunder meines Lebens.

      Doch im Grunde genommen hat das Wunder Leben schon damit begonnen, dass sich meine Eltern genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort in der richtigen Stimmung für dieses lebensspendende Abenteuer zusammengefunden haben. Ei- und Samenzelle haben zueinander gefunden. Haben sich in Harmonie vereint und beginnen nun gemeinsam den bunten Reigen der Zellteilung, der „Wachstum Leben“ heißt und mich nach neun Monaten als ein wunderbares kleines Menschenkind in den Tanz des Lebens entlässt. Doch ich bleibe nicht allein. Bereits nach kurzer Zeit stelle ich fest: Da hat es sich ja noch jemand gemütlich gemacht und ist als Sieger der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle in dieses Abenteuer Leben gestartet.

      Wir sind zu zweit! – Hurra! – Wir sind zu zweit! – Ich bin nicht allein! – Wir sind zu zweit! Gemeinsam schlagen wir Purzelbäume, reichen uns die Hand. Lutschen an unseren Daumen. Freuen uns über die Anwesenheit des anderen. Führen Gespräche, lernen uns kennen, tauschen uns aus. Und immer wieder kuscheln wir ganz nah zusammen in der Gebärmutter in Mutters Bauch. Und dann kommt es, wie es kommen soll. Nach neun Monaten ist es bereits viel zu eng für uns. Doch irgendwie will keiner von uns so richtig auf die Reise gehen. Wir haben es uns viel zu gemütlich eingerichtet. – Und da keiner von uns den Anfang machen will, werden wir, weil vom eigentlichen Geburtstermin her bereits über der Zeit, eines schönen Tages von einem Ärzte- und Schwestern-Team mit einem Skalpell zur Welt gebracht. Sie nennen diesen nicht natürlichen Geburtsvorgang Kaiserschnitt. – Und schon sind wir da! Ich zuerst. …

      Doch schon nach zwei Tagen war für mich der Spaß vorbei. Ich wurde in ein anderes Krankenhaus verlegt und somit von meiner Mutter und meinem Bruder getrennt. Eine schwere Darmentzündung – eventuell als Folge einer Fruchtwasser-Vergiftung bzw. einer Unverträglichkeit der Ersatzmilch, mit der ich in der Geburtsklinik ernährt wurde, machte es erforderlich, dass ich für einen längeren Zeitraum in ein anderes Krankenhaus verlegt werden musste, wo man mir zwar half wieder zu gesunden, aber ich war in diesen zwei Monaten entsetzlich allein. Und für mich war dies gleich ein doppelter Schock, denn: bruderlos und mutterlos. Da gab es kein Kuscheln, kein Vertraut-Sein mehr mit meinem Bruder und meiner Mutter. Weder konnte ich ihre vertraute Stimme hören, noch gab es Liebkosungen und Streicheleinheiten für mich. Was mir entschieden fehlte, war das geherzt, umsorgt und geliebt werden durch meine Mutter, nach der ich mich so sehr sehnte. Ein verdammt herber Verlust für mich. Eine bittere Enttäuschung, eine frühkindliche Wunde, die mich mehr oder weniger durch mein Leben begleiten wird. – Was für ein Herz-Schmerz. – Habe ich mir das so ausgesucht? – Habe ich mir das tatsächlich so ausgesucht? – Wenn ja, dann geht das ja schon ziemlich interessant los. Da kann ich ja gespannt darauf sein, was da noch so alles kommt. Meine ersten Tage und Wochen in dieser Welt waren somit alles andere als schön für mich. Ich habe es zwar überlebt, und man könnte sagen: Was hat die bloß? Es gibt bedeutend schlimmere Schicksale als dies. – Stimmt! – Und dennoch hat jeder im Verbund mit seiner ganz eigenen Geschichte, die ihn prägt, seine Art mit derartigen Situationen klar zu kommen. Wie sich dieser nachgeburtliche Schmerz in meinem Leben immer wieder mal zeigen wird, darüber später dann mehr. In der anderen Klinik kämpfte ich um mein Leben und schrie mir nach Mutter und Bruder die Seele aus dem Leib. Ärzte und Schwestern taten das Ihre für mich. So hab ich’s mit deren Hilfe dann ja auch geschafft. Was für eine Erleichterung, doch was bleibt sind unbeantwortete Fragen für mich: Scheute ich damals vor dem Leben zurück? … Wie geht es weiter? – Wo geht es weiter? – Wann geht es weiter? – Und wenn ja, wie? – Gute zwei Monate blieb ich gänzlich unfreiwillig von denen getrennt, die ich liebte und nach denen ich mich unwahrscheinlich sehnte. Die Personen, mit denen ich bis dahin in tiefer Harmonie und Liebe verbunden war. Meiner Gefühlswelt und Erinnerung nach kämpfte ich meinem Gefühl nach „mutterseelenallein“ um mein Ankommen in dieser Welt. Kein ganz so glücklicher und liebevoller Start. Doch als Seele wollte ich anscheinend unbedingt und bereits so kurz nach meiner Ankunft auf Erden diese sehr bittere und tief nachwirkende Erfahrung eines Verlust- und Trennungsschmerzes machen, mit all der Angst, Panik und Traurigkeit darüber, mit dem Gefühl von „Ich fühle mich soooo entsetzlich allein!“. Und da waren sie auch schon, die ersten Fragen: „Warum bin ich so mutterseelenallein?“ – „Warum sollte meine Reise ins Leben gleich so hart beginnen?“ – Dieses Erleben zieht sich mehr oder weniger stark wie ein roter Faden durch mein Leben. Ich werde dieser Angst, dieser Panik, diesem Gefühl des Alleinseins und der Ohnmacht im Verlauf meines Lebens noch in den verschiedensten „Gewändern“ begegnen. Dass es sich so früh und so vehement zeigt, damit hatte ich nicht gerechnet. Oder doch?

      Als Seele sind wir hoch motiviert zu lernen. Wollen spirituell wachsen. Wollen uns weiterentwickeln. Stehen bei Gott und dem Karmischen Rat in der Warteschlange, um zu denen zu gehören, die sich zu einer bestimmten Zeit, vielleicht sogar zu einer historisch ganz besonders interessanten Zeit (Wechsel vom Fische-Zeitalter ins Wassermann-Zeitalter) und für eine gewisse Lebensspanne einen Körper als Mensch erwählen, denn nur mittels dieser Menschwerdung können wir entsprechende Situationen durchleben und menschliche Erfahrungen machen. Wir wollen immer wieder die „Schulbank Leben“ drücken, um im weiteren Prozess der persönlichen Entwicklung und Evolution mit dabei zu sein. Doch dazu bedarf die Seele der „Schul-Uniform“ menschlicher Körper. Doch was wissen wir als Seele nach der Geburt noch von alledem, was wir uns mit Hilfe unserer Seelenfamilie in unser Lebensskript geschrieben haben? Sind wir nur hier um zu genießen, Spaß zu haben und uns gut zu unterhalten? – Nein! Nein! Und nochmals nein!

      Unsere Seele will lernen. Sie wünscht sich von Leben zu Leben ein Mehr an Wachstum und Bewusstsein. Sie ist an ihrer Weiterentwicklung interessiert. Wenn wir geboren werden, treten wir zum einen mit den Lernaufgaben an, die wir im vorherigen Leben noch nicht zur Gänze gemeistert haben, plus all die neuen Herausforderungen, die wir uns als Seele für dieses Erdenrund NEU ausgesucht haben. Doch dass wir dies alles selbst so geplant haben, daran erinnern wir uns nach der Geburt nicht mehr. Durch den Geburtsprozess wird dieses Wissen gelöscht, denn nur so können wir in die Welt der Dualität eintreten und für die Zeitspanne dieses neuen Lebens lernen und uns als Seele entwickeln. Und im Grunde genommen ist es ganz gut, dass wir nicht wissen, was genau morgen unser Schicksal sein wird, denn vielleicht käme es uns so gerade gar nicht zu pass. Würden uns der Erfüllung der Aufgabe vielleicht sogar verweigern. – Die Einzige, die die Übersicht über unser Lebenskonzept behält, das ist unsere Seele. Sie weiß genau, wo es lang geht. Sie weiß, was wir lernen wollen. Sie weiß, weswegen wir genau zu dieser Zeit, in diesem Land, an diesem Ort, mit diesen Eltern, mit dieser Familiengeschichte usw. und mit genau diesen „Hausaufgaben“ angetreten sind. Sie weiß, dass wir all diese Erfahrungen nur in einem menschlichen Körper machen können. Und weil sie dies weiß, meldet sie sich immer wieder und erinnert uns an unseren ursprünglich geplanten Weg. Denn sie will, dass wir unser Ziel „Entwicklung“ erreichen. Dabei will sie uns behilflich sein.

      Doch da uns Gott, unser Schöpfer, die Quelle, wie auch immer wir ihn nennen wollen, als Mensch den freien Willen mitgegeben hat, können wir als Seele in diesem menschlichen Körper frei entscheiden, ob wir hinsichtlich einer bestimmten Situation (Lernaufgabe) den Weg unserer Seele gehen, oder ob wir den Weg unserer Ego-Anhaftung gehen. Fühlen wir uns im Ergebnis mit einer bestimmten Erfahrung nachhaltig gut, stellt sich auf Dauer ein Glücksgefühl ein, spüren wir, dass wir von dieser Sache erfüllt und begeistert sind, sind wir im Frieden damit, fühlen wir uns gut, sind positiv gestimmt, dann sind wir den Weg der Seele gegangen. Dann sind wir dem Weg unseres Herzens gefolgt und waren in Verbindung mit unserem Höheren Selbst. Stellen sich hingegen Gefühle des Zweifels, Ängste oder gar Sorgen ein, meldet sich Unbehagen, fühlen wir uns unausgeglichen, unter- oder gar überfordert, zweifeln wir etc., dann sind wir – in aller Regel unbewusst – den anstrengenderen, steinigen, mühevollen Weg des Egos gegangen, um zu sein. Doch auch auf diesem Weg werden wir – wenn auch über Umwege – letztlich in die Auseinandersetzung mit unseren Seelen-Hausaufgaben geführt.

      ***

      Nachdem ich dank der Hilfe der Ärzte gesundet war, kehrte ich in den so lang ersehnten Schoß meiner Familie zurück. Meine Mutter begrüßte mich mit den Worten: „Jetzt gehörst du zu mir.“ – An die Zeit danach kann ich mich nicht erinnern. Und mit den nächsten Bildern, derer ich mir bewusst bin, bin ich dann schon 5 Jahre alt. Ich