Novellierungen mit Rheinland-Pfalz (1969 und 1973), West-Berlin (Abschließendes Protokoll mit Konkordats-Charakter: 1970, 1981, 1986, 1990), Nordrhein-Westfalen (1967, 1984) und dem Saarland (1985) zustande. Bis 1994 wurden mit den jeweiligen Bundesländern konkordatäre Verträge über die Errichtung des Erzbistums Hamburg sowie der Bistümer Erfurt, Görlitz und Magdeburg geschlossen. Konkordatäre Vereinbarungen mit den Ländern Sachsen (1996), Mecklenburg-Vorpommern (1997), Thüringen (1997), Brandenburg (2003) und Sachsen-Anhalt (1998) sowie Bremen (2003) und Hamburg (2005) schlossen sich an.50 Den derzeitigen Schlusspunkt setzt das neue Konkordat mit dem Land Schleswig-Holstein (2009).
Das System der Konkordate und Kirchenverträge erwies sich bisher keineswegs als starr und unbeweglich; es ist vielmehr vorzüglich geeignet frühere Regelungen dem ständigen Wandel der kirchlichen, politischen und kulturellen Verhältnisse anzupassen und auf Dauer eine freiheitliche, friedliche und vertrauensvolle freundschaftliche Kooperation zwischen Staat und Kirchen zu schaffen.
Das Konkordatsrecht wird in der Fachliteratur mehrheitlich als eine Teildisziplin des Staatskirchenrechts aufgefasst.51 Andere Autoren wollen wegen der unterschiedlichen Kompetenzen der beiden Handlungsträger zwischen Staatskirchenrecht, Konkordatsrecht und kanonischem Recht unterscheiden.52 Diese Dreiteilung überzeugt mit Blick auf die Regelungsgegenstände nicht notwendig, weil die Gegenstände des Staatskirchenrechts in Deutschland sowohl durch die Verfassung als auch durch Konkordate und staatliche wie kirchliche Gesetze geregelt sind, welche die Inhalte der Konkordate auf die konkrete Situation hin anwenden. Konkrete Rechtsansprüche des Einzelnen lassen sich aber nicht direkt aus dem Konkordat selbst, sondern nur aus einem dieses Konkordat ausfüllenden Gesetz ableiten. Insofern trifft es zu, insbesondere unter Berücksichtigung der Lage in Deutschland, die Konkordate und Staatskirchenverträge als Grundlage des geltenden Staatskirchen- und Religionsrechts anzusehen.53
Merke: Katholischerseits gehört das Staatskirchenvertragsrecht (Konkordatsrecht) sowohl zum kanonischen Recht (vgl. can. 3 CIC; can. 4 CCEO) als auch zum Staatskirchenrecht, denn die Verträge zwischen Staat und Kirche wirken sich auf beide Rechtsbereiche aus. Sie werden im kirchlichen Bereich durch Veröffentlichung in den Acta Apostolicae Sedis und im weltlichen Bereich zusammen mit einem Zustimmungsgesetz in den Gesetzblättern veröffentlicht.54
3.3 Wichtige Regelungen von Reichs- und Länderkonkordaten
Nach dem Zusammenbruch des Deutschen Kaiserreichs 1918 und der Neuordnung des Reichs in einem demokratischen Rechtsstaat, erwies es sich als sinnvoll und notwendig, die Beziehungen zwischen Staat und Kirche, die durch die Weimarer Reichsverfassung schon grundlegend geordnet waren, vor allem in jenen Fragen einvernehmlich einer Lösung zuzuführen, die eine Kooperation von Staat und Kirche erforderten, wenn nicht gegen das Neutralitätsgebot des Staates aus Art. 137 Abs. 1 WRV verstoßen werden sollte. Die nachstehenden Übersichten geben einen Überblick über die Regelungsgegenstände der drei komplexen (altrepublikanischen) Länderkonkordate.
Allgemeiner Überblick der Regelungsinhalte der
Länderkonkordate von Bayern, Preußen und Baden
Regelungen zu: | Bayern | Preußen | Baden |
Bekenntnisfreiheit, freie Religionsausübung | Ja | Ja | Ja |
Organisation der Diözese | Ja | Ja | Ja |
Kirchliches Eigentum | Ja | Ja | Ja |
Staatliche Dotationen | Ja | Ja | Ja |
Kirchensteuer | Ja | Nein | Nein |
Kirchliches Amta) Geistliches Amtb) allgemeinc) Bischofsamt | JaJaJa | JaJaJa | JaJaJa |
Priesterausbildung | Ja | Ja | Ja |
Lehrerausbildung | Ja | Nein | Ja |
Religionsunterricht | Ja | Nein | Ja |
Orden | Ja | Nein | Ja |
Anstaltsseelsorge | Ja | Nein | Nein |
Politische Klausel | Ja | ||
Freundschaftsklausel | Ja | Ja | Ja |
Ratifizierung | Ja | Ja | Ja |
Neben den institutionellen Regelungen für die katholische Kirche in Deutschland, die vor allem die innere Organisation der Kirchen mit Blick auf ihren Rechtsstatus in der säkularen Gesellschaft im Blick haben, sind für die Gesellschaft vor allem die Bestimmungen über den Religionsunterricht von Bedeutung. Dieser ist zwar auch durch das Grundgesetz in Art. 7 Abs. 3 verfassungsrechtlich verankert, die konkordatären Regelungen treffen aber darüber hinaus wichtige Weichenstellungen, die vor dem Hintergrund der Weiterentwicklung dieses Faches in einer sich wandelnden Gesellschaft nicht aus dem Blick gelassen werden dürfen.
Spezielle Regelungen über den Religionsunterricht an Schulen
Regelungen zu: | Bayern | Preußen | Baden |
Religionsunterricht ordentliches Lehrfach | Ja | Nein | Ja |
Kirchliche Richtlinien für Bestellung von Religionslehrern | Ja | Nein | Ja |
Missio canonica | Ja | Nein | Nein |
Kirche bestimmt Inhalt des Religionsunterrichts | Ja | Nein | Nein |
Kirche hat Aufsicht über Religionsunterricht | Ja | Nein | Nein |
Privatschulen (Konfessionsschulen) | Ja | Nein | Nein |
Die Länderkonkordate beinhalten nicht nur sachliche Regelungen über die klassischen Res mixta des deutschen Staatskirchenrechts, sondern auch Bestandsgarantien über die Diözesanzirkumskription. Das ist vor allem vor dem Hintergrund des rechtlichen Status der Bistümer als Körperschaften des öffentlichen Rechts wichtig. Über die Freundschaftsklauseln in den Länderkonkordaten (Art. 15 § 1 BayK; Art. 13 PrK; Art. XII BadK) und im Reichskonkordat (Art. 33 S. 2 RK) ist aber zugleich sichergestellt, dass die dort gefundenen Regelungen nicht für die Ewigkeit fixiert, sondern im gegenseitigen Einvernehmen an die Erfordernisse der Zeit angepasst werden können.
Regelungen über die Zirkumskription und Organisation der Diözesen
Regelungen zu: | Bayern | Preußen | Baden |
Bleibt erhalten wie im Konkordat von 1817 beschrieben. | Bleibt erhalten, wie in den Bullen von 1821/1824/1827 beschrieben, mit Änderungen in Art. 2. | Bleibt erhalten, wie in den Bullen von 1821/1827 beschrieben. |
3.4 Kleine Typologie der Konkordate
Das Reichskonkordat kam in einer politisch höchst brisanten Situation zustande. Der Nationalsozialismus hatte die Macht in Deutschland übernommen. Die Anweisungen der Fuldaer Bischofskonferenz vom 10.2.1931, die vor dem Nationalsozialismus eindringlich warnte, solange er „kulturpolitische Auffassungen kundgibt, die mit der katholischen Kirche nicht vereinbar sind,“55 manövrierten die katholische