Seewölfe Paket 17. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397754
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      „Versuche nicht, mich umzustimmen, Arne. Mein Entschluß steht fest. Oder hast du einen besseren Vorschlag, wie wir deinen Vater befreien könnten?“

      Arne senkte den Kopf.

      „Nein, leider nicht.“

      „Also gut, dann beenden wir die Debatte.“ Der Seewolf lächelte kaum merklich. „Bis nach Spanien ist es ein weiter Weg. Und eins ist mir jetzt schon klar: Mein ehrenwerter Onkel mütterlicherseits ist scharf auf das Kopfgeld, das sein König auf mich ausgesetzt hat. Außerdem wird für den lebenden Killigrew eine höhere Summe gezahlt als für den toten. Ich habe also eine reelle Chance, mich unterwegs zu befreien.“

      „Ich danke Ihnen für diese Entscheidung“, sagte der Bürgermeister ergriffen, „ich werde die notwendigen Vorkehrungen treffen lassen, wenn Sie einverstanden sind.“

      Hasard nickte nur. Dann, als das Stadtoberhaupt wieder zu seinem Einspänner eilte, rief er die Männer auf dem Hauptdeck zusammen. Wütendes Gemurmel wurde laut, als der Seewolf erklärte, was bevorstand.

      „Ich habe einen besseren Vorschlag!“ brüllte Ed Carberry außer sich vor Zorn. „Wir gehen alle Mann rüber und versohlen diesen spanischen Schweinehunden den Hintern. Und dann ziehen wir ihnen die Haut in Streifen von ihren verdammten Affenärschen!“

      Hasard brachte die Männer mit einer Handbewegung zur Ruhe.

      „Etwas anderes habe ich von euch nicht erwartet. Aber ihr müßt vernünftig sein. De Coria würde nicht zögern, Hasso von Manteuffels Leben in die Waagschale zu werfen. Also bleibt es dabei, wie ich beschlossen habe.“ Er wandte sich an den Ersten Offizier. „Ben, du übernimmst ab sofort das Kommando.“

      „Aye, aye, Sir.“

      „Ihr werdet die ‚Santissima Madre‘ beschatten und ständig dranbleiben. Vielleicht ergibt sich eine Möglichkeit, überraschend zuzuschlagen.“

      „Das ist das mindeste, was zu tun ist“, sagte Arne mit entschlossenem Nicken, „und ich werde mit der ‚Wappen von Kolberg‘ und meinen Männern gleichfalls dabeisein. Ich denke nämlich nicht daran, dich im Stich zu lassen.“

      Der Seewolf legte seinem Vetter gerührt die Hand auf die Schulter.

      „Ich danke dir, Arne. Es ist mehr, als ich von dir verlangen könnte.“

      „Doppelt genäht hält besser“, entgegnete Arne. „Außerdem habe ich bereits mit meinem Vater und meinen Brüdern gesprochen. Ich werde dich und deine Crew in die Karibik begleiten, wie du vorgeschlagen hast.“

      „Ein Lichtblick“, sagte Hasard erfreut, „jetzt wirst du einen kleinen Umweg bis zur Karibik in Kauf nehmen müssen.“

      „Mit Vergnügen“, erwiderte Arne grimmig.

      Hasard verlor keine Zeit mehr. Rodriguez de Coria zu lange warten zu lassen, war gleichbedeutend mit der Gefahr, daß er sich weitere unvorhersehbare Teufeleien ausdachte. Kurzentschlossen erteilte Hasard zwei Spezialaufträge an Ferris Tucker und Will Thorne. Ferris brachte eine schmale Eisenfeile, die Hasard links in seinen Langschäfter schob. Will hatte unterdessen Nadel und Faden geholt und nähte ein Stilett in den linken Ärmel der Jacke, die Hasard bereits ausgezogen hatte.

      Ben Brighton runzelte besorgt die Stirn.

      „Und wenn die Dons das spitzkriegen? Sie werden dich doch mit Sicherheit durchsuchen.“

      „Dann habe ich eben Pech gehabt“, entgegnete der Seewolf knapp. „Ich muß das Risiko eingehen. Auf jeden Fall werden sie mich nicht eher durchsuchen, bis Hasso von Manteuffel frei und in Sicherheit ist.“

      Die Minute des Abschieds war da.

      Hasard blickte in die Runde und riß mit übertriebenem Erstaunen die Augen auf.

      „Himmel noch mal! Das Regenwetter, nach dem eure Gesichter aussehen, haben wir doch gar nicht mehr!“

      Sie ließen sich trotzdem nicht aufheitern. Edwin Carberry, das polternde Rauhbein, wandte sich kopfschüttelnd ab, und wenn den Seewolf nicht alles täuschte, war da eine Träne, die der Profos im Augenwinkel zerdrückte.

      Die Zwillinge hielten sich weniger zurück und heulten los, wie sie es in ihrem Alter noch verantworten konnten. Hasard nahm sie in die Arme, schweigend strich er ihnen übers Haar. Dann streifte er seine Jacke über. Will Thorne hatte seine Näharbeit beendet und schlurfte ebenfalls mit gesenktem Kopf davon.

      Die übrigen Männer sahen ebenfalls aus, als sei der Weltuntergang nahe, und selbst Plymmie ließ die Ohren hängen. Die Wolfshündin schien zu spüren, welchen bedrückenden Moment „ihre“ Menschen durchzustehen hatten. Hasard blieb in der Pforte des Schanzkleids noch einmal stehen.

      „Ihr seid vielleicht Affenärsche“, sagte er kopfschüttelnd.

      Dann marschierten sie los. Allein. Auf die Pier zu, an der die „Santissima Madre“ lag.

      Der Bürgermeister hatte Wort gehalten.

      Zwölf Stadtgardisten unter der Führung eines Hauptmanns hatten an der Pier längsseits der „Santissima Madre“ Aufstellung genommen. Die Männer in ihren dunkelblauen Uniformen, mit weißem Koppelzeug und topfartigen Hüten, waren in Linie angetreten. Ihre Musketen hielten sie schußbereit in Anschlag, die Mündungen auf das Schanzkleid der spanischen Galeone gerichtet.

      Hasard nickte dem Bürgermeister zu, der ein paar Schritte abseits neben seinem Einspänner ausharrte. Die Gesichtszüge des Mannes waren verkrampft vor Anspannung.

      Hasard ging an der Front der Stadtgardisten entlang und blieb vor der Stelling stehen. Noch ließ sich oben auf der Kuhl keine Seele blicken.

      „De Coria!“ brüllte er und gab sich dabei keine Mühe, seinen Zorn zu unterdrücken.

      Der hochwohlgeborene Gesandte Seiner Allerkatholischsten Majestät dachte nicht daran, sich den Läufen von zwölf Musketen auszusetzen. An seiner Stelle erschien Kapitän de Frias in der Pforte des Schanzkleids.

      „Wenn Sie bereit sind, Killigrew, dann sollten Sie keine Zeit mehr verschwenden. Alles ist für Ihren Empfang an Bord der ‚Santissima Madre‘ vorbereitet.“

      „Ich bin mir der Ehre bewußt“, antwortete Hasard im gleichen höhnischen Tonfall, „aber ich werde mich nicht einen Schritt weiterbewegen, bevor nicht Hasso von Manteuffel freigegeben wird.“

      Das Gesicht des spanischen Kapitäns verzerrte sich. Doch statt einer Erwiderung wandte er sich um und verschwand. Minuten vergingen.

      Harte Schritte polterten über die Decksplanken der Galeone. Im nächsten Moment schoben sich die Oberkörper von Männern über die Verschanzung. Mehr als zwanzig Decksleute waren es, und sie richteten ihre Musketen auf den Seewolf.

      Abermals tauchte Kapitän de Frias in der Pforte auf. Mit einer Kopfbewegung deutete er auf die Decksleute zu beiden Seiten.

      „Nur, damit Sie nicht glauben, Sie könnten in einem günstigen Augenblick verschwinden, Killigrew. Die Männer haben Order, Sie als ersten zu töten, falls es zu einem Schußwechsel mit der Stadtgarde kommt.“

      „Das wird nicht nötig sein“, entgegnete Hasard mit mühsamer Beherrschung, „geben Sie Hasso von Manteuffel frei, und ich bin gleich darauf bei Ihnen an Bord.“

      Kapitän de Frias nickte. Er trat einen Schritt beiseite und winkte mit der linken Hand.

      Hasard atmete auf, als er Arnes Vater, seinen Onkel, unversehrt sah. Hasso von Manteuffel war bleich, doch gefaßt. Die Fesseln hatte man ihm abgenommen. Er schritt die Stelling hinunter und wollte vor Hasard stehenbleiben, um ihm etwas zu zeigen.

      Der Seewolf schüttelte den Kopf.

      „Weitergehen!“ zischte er nur.

      Der große weißhaarige Mann begriff und gehorchte.

      Unverzüglich setzte sich Hasard in Bewegung. Kaum hatte er die Pferde erreicht, wurde er von zwei Decksleuten gepackt und zum Großmast