Seewölfe Paket 17. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397754
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gekränkt fühlen?“ unterbrach ihn der Seewolf wütend. „Verdammt noch mal, diese Borniertheit erreicht einen Punkt, an dem jedem normalen Menschen der Kragen platzen muß. Deshalb meine deutliche Sprache, verehrter Doktor! Was Sie vorhaben, ist schon kein Ehrenhandel mehr, sondern ein mieser Kuhhandel. Ich denke nicht daran, mich hier für dumm verkaufen zu lassen. Ich verlange, daß de Coria als erster gegen mich antritt. Teilen Sie ihm das mit. In spätestens einer halben Stunde erwarte ich die Antwort – ohne Wenn und Aber.“

      „Ich habe verstanden“, sagte de Armijo gepreßt. Zu einem weiteren Kommentar ließ er sich nicht hinreißen. Er wandte sich ab, stolzierte eilig über die Planken des Hauptdecks und die Stelling hinunter.

      Den Männern an Bord der „Isabella“ blieb nicht viel Zeit, ihrer Empörung Luft zu verschaffen.

      Denn schon nach knapp zehn Minuten kehrte Doktor Alfonso de Armijo im Eilschritt zurück.

      „Nun?“ fragte der Seewolf. „Hat sich der Gesandte zu einer Entscheidung durchringen können?“

      De Armijo überhörte den spöttischen Unterton.

      „Folgendermaßen“, erwiderte er schnarrend, „mein Mandant ist bereit, auf das Duell zu verzichten, wenn Sie, Kapitän Killigrew, sich in aller Form bei ihm entschuldigen.“

      Hasard verschlug es die Sprache. Sekundenlang brachte er kein Wort hervor. Er brauchte seine ganze Beherrschung, um den Spanier nicht am Kragen zu packen und mit einem Tritt in den Hintern von Bord zu befördern.

      „Hören Sie, de Armijo“, sagte er und zwang sich, so ruhig zu bleiben, wie er nur konnte. „Ich für meinen Teil habe nicht nötig, mich bei einem Betrüger zu entschuldigen. Ich bestehe auf dem Duell. Andernfalls werde ich Mittel und Wege finden, mir de Coria vor die Klinge zu holen.“

      Alfonso de Armijo sperrte den Mund auf. Seine Augen weiteten sich, und sein Adamsapfel bewegte sich vor Entsetzen ruckartig auf und ab.

      „Señor Killigrew!“ schrie er. „Sind Sie von Sinnen? Wie können Sie wagen, so von dem Gesandten Seiner Allerkatholischsten Majestät zu sprechen! Eine Unverschämtheit ist das, geradezu unglaublich! Señor de Coria wird sich das nicht bieten lassen. Er wird …“

      „Halten Sie den Mund!“ schnitt ihm Hasard das Wort ab. „Dieser Mistkerl namens de Coria ist leider Gottes mein Onkel. Stolz bin ich darauf ganz und gar nicht. Aber ich nehme mir aus dieser unerwünschten Verwandtschaft das Recht, Dreck auch Dreck nennen zu dürfen. In ganz besonderem Maße gilt das für den Dreckskerl Rodriguez de Coria – einen Betrüger, Urkundenfälscher, Kindesräuber und nun auch stinkenden Feigling.“

      Alfonso de Armijo schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Seine Rechte fuhr zum Degen, einer prunkvoll ziselierten Paradewaffe, die zweifellos niemals ihrer eigentlichen Bestimmung gedient hatte.

      Der Seewolf hatte seinen Säbel frei, als der Spanier eben erst den Degengriff umklammerte. De Armijos Augen drohten aus den Höhlen zu quellen, als er die funkelnde Klinge vor seiner Nase sah.

      „Bleiben Sie bei Ihrem Metier, Doktor“, sagte Hasard gefährlich leise. „In diesem Geschäft werden Sie niemals etwas ausrichten. Verschwinden Sie, und seien Sie froh, daß Ihre Haut heil bleibt. Jemanden, der die Waffe gegen mich zu erheben versucht, lasse ich sonst nicht so ungeschoren. Sie verdanken es der Tatsache, daß Sie kein ebenbürtiger Gegner sind.“

      Alfonso de Armijo wurde kreidebleich. Die Schnelligkeit, mit der dieser hünenhafte englische Teufel blankgezogen hatte, war ihm wie ein Schock in die Knochen gefahren. Seinem verschrobenen Ehrenkodex nach wäre er gezwungen gewesen, jetzt ebenfalls Genugtuung zu fordern. Doch er begriff plötzlich, daß es fast an Selbstmord grenzte, gegen diesen Mann anzutreten.

      Und da wurde selbst für Alfonso de Armijo klar, was der wirkliche Grund für Rodriguez de Coria war, seinen Namen an das Ende der Liste zu setzen.

      Der Seewolf schob seinen Säbel zurück in die Scheide. Das harte metallische Geräusch ließ den Schiffsarzt der „Santissima Madre“ zusammenzucken.

      Edwin Carberry trat grinsend aus den Reihen der Männer vor. Er spuckte in die Hände und schlug mit der riesigen rechten Faust in die ebenso riesige offene Handfläche der Linken. Hinter ihm baute sich Batuti auf. Der riesenhafte Gambianeger entblößte die perlweißen Zähne, und wie ein freundliches Lächeln sah dies wahrhaftig nicht aus.

      Auch Plymmie erschien mit gefletschtem Fang und heiserem Knurren. Von hoch oben, aus den Großmastwanten, ließ sich Arwenack mit wütendem Keckern vernehmen. Und Sir John, der auf dem Großmars thronte, trug auf seine Weise zum Ende der „Unterredung“ bei.

      „Affenarsch!“ tönte die grelle Stimme des Papageis. „Dreckiges Rübenschwein! Klar bei Brassen!“

      Alfonso de Armijo verstand Sir Johns Freundlichkeiten in englischer Sprache nicht. Doch die übrigen Drohungen, denen er sich gegenübersah, reichten aus, um ihn in panischer Flucht von Bord zu scheuchen.

      Das brüllende Gelächter der Arwenacks verfolgte ihn noch, als er schon außer Sichtweite in der Dunkelheit verschwunden war.

      „Doppelte Wachen“, wandte sich Hasard an Ben Brighton, nachdem sich die Männer beruhigt hatten. „Und kein Landgang.“

      „Mit Vergnügen haben die Männer zur Zeit sowieso nichts im Sinn“, entgegnete der Erste Offizier, „jedem hier an Bord steckt noch der Mord an der Freiin von Lankwitz in den Knochen.“

      Der Seewolf nickte düster. Dies war ein weiterer Grund, dem Hundesohn de Coria die Pest an den Hals zu wünschen. Eigentlich war es dem Zeitpunkt angemessen, um Arnes Verlobte zu trauern und einige Tage in Ruhe und Abgeschiedenheit zu verbringen. An de Coria lag es, daß man nicht einmal zur Besinnung gelangte.

      Auf den Verdruß, den es hier in Kolberg gab, hätten Hasard und seine Männer wahrhaft verzichten können.

      Gemeinsam mit Nils Larsen holte Hasard seinen Vetter von der „Wappen von Kolberg“ ab, und sie begaben sich hinüber zum Kontorhaus, um Hasso von Manteuffel über den neuesten Stand der Dinge zu unterrichten.

      Im Wohnzimmer des Kontorhauses brannte warmes, anheimelndes Licht. Für den Seewolf gab es eine Überraschung, die ihn zunächst vom eigentlichen Grund seines abendlichen Besuchs ablenkte.

      Zwei junge Männer erhoben sich, beide schlank und groß und blondhaarig wie Arne. Hasso von Manteuffel stellte sie vor, wobei der Stolz in seinem Gesicht nicht zu übersehen war.

      „Jesko und Gode, meine beiden jüngeren Söhne. Sie wissen inzwischen, in welchem verwandtschaftlichen Verhältnis wir zueinander stehen. Beide sind vor einer Stunde aus Alt-Quetzin eingetroffen. Ich hatte sie rufen lassen.“

      Die beiden jungen Männer begrüßten erst Hasard und dann Arne mit jener ungezwungenen Freundlichkeit und Herzlichkeit, die den von Manteuffels eigen war. Der Seewolf spürte keinen Anlaß, sich wie ein Fremder zu fühlen. Jesko und Gode waren prächtige Kerle wie Arne. Hasard war dem Schöpfer dankbar, durch seinen Vater eigentlich zu dieser Familie zu gehören, auch wenn er ein Killigrew bleiben würde.

      Hasso von Manteuffel ließ einen würzig duftenden Glühwein servieren.

      „Das Richtige für dieses ungemütliche Aprilwetter“, sagte er und forderte die Männer auf, ihre Gläser zu erheben. „Wir wollen dabei aber nicht vergessen, mit welcher traurigen Nachricht Arne zurückgekehrt ist. Ebensowenig wollen wir vergessen, welche widersinnigen Umstände unser aller Zusammensein trüben.“

      Für Minuten herrschte Schweigen. Auf ein Nicken seines weißhaarigen Onkels berichtete Hasard schließlich über die unglaublichen Mitteilungen des spanischen Schiffsarztes. Hasso von Manteuffel und auch seine beiden jüngeren Söhne schüttelten fassungslos den Kopf, als sie es hörten.

      „Wie ich die de Corias kenne“, fuhr Hasard fort, „wird dieser Affenzirkus noch ewig andauern. Rodriguez de Coria wird immer neue Gründe finden, um sich zu drücken. Und er wird zuguterletzt doch noch versuchen, sich mit irgendwelchen Tricks und Winkelzügen zehntausend Goldtaler zu erschwindeln. Deshalb meine folgende Frage: Besteht