Seewölfe Paket 17. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397754
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Hasard hat recht. Dieses Hick-Hack mit de Coria würde sonst noch endlos weitergehen. Als unerwünschte Person könnte man ihn zwingen, mit seinem Schiff den Hafen zu verlassen.“

      Hasso von Manteuffel dachte nur einen Moment nach.

      „Ich denke, das ist eine praktikable Lösung“, sagte er dann, „ich bin Mitglied des Stadtrates und werde um eine Zusammenkunft noch an diesem Abend bitten.“

      Ein Bote wurde sofort losgeschickt, um die übrigen Ratsherren zu benachrichtigen.

      Gemeinsam begaben sich die Männer eine halbe Stunde später ins Rathaus von Kolberg, wo sich die Stadtväter im Sitzungssaal trafen. Hasard, Nils, Arne und seine beiden Brüder nahmen auf den Zuhörerbänken Platz. Nils übersetzte im Flüsterton, was gesprochen wurde.

      Hasso von Manteuffel schilderte ausführlich, was sich im Zusammenhang mit Rodriguez de Coria zugetragen hatte. Dann formulierte er seinen Antrag, den Spanier zur „persona non grata“ zu erklären.

      Als Begründung führte er an, de Coria sei erwiesenermaßen als Betrüger aufgetreten und habe damit sein Gastrecht in den Mauern Kolbergs verwirkt. Dem Antrag des Familienoberhaupts der von Manteuffels folgte eine nur kurze Debatte. Gegenstimmen gab es nicht, lediglich über die Frage, wie man vorgehen wolle, wurde diskutiert. Schließlich einigte man sich darauf, daß Hasso von Manteuffel selbst den Spaniern die Aufforderung überbringen solle, die Stadt zu verlassen.

      Der Bürgermeister erbat das Votum, und es erfolgte ein einstimmiger Beschluß.

       8.

      Am Morgen des 10. April zeigte sich der Himmel über Kolberg von keiner besseren Seite. Die Wolkendecke war dicht und bleigrau, ein hauchfeiner Nieselregen wehte in Schwaden über den Hafen und die Stadt, von einem handigen auflandigen Wind getrieben.

      Hasso von Manteuffel betrat das Hauptdeck der „Santissima Madre“, nachdem er sich bei der Bordwache angemeldet und verlangt hatte, Rodriguez de Coria zu sprechen.

      De Coria dachte nicht daran, den Besucher in seinem Salon zu empfangen. Gemeinsam mit Kapitän de Frias erschien er auf der Kuhl und musterte von Manteuffel herablassend von Kopf bis Fuß. Die Ränder unter de Corias Augen waren an diesem Morgen noch dunkler, die Furchen in seinem Gesicht noch tiefer.

      Eine Minute später eilte auch Esteban Romero heran, noch eilig damit beschäftigt, sein Wams zuzuknöpfen.

      „Sie wünschen?“ fragte Rodriguez de Coria von oben herab.

      „Ich habe Ihnen einen Beschluß des Stadtrates von Kolberg zu überbringen“, sagte Hasso von Manteuffel und übergab die Urkunde, die mit dem Siegel des Bürgermeisters und dem Wappen der Stadt versehen war.

      De Coria betrachtete das Papier stirnrunzelnd. Dann gab er es dem Dolmetscher mit einer ruckhaften Bewegung.

      „Übersetzen!“ befahl er barsch.

      Romero beeilte sich, laut vorzulesen und Satz für Satz ins Spanische zu übertragen.

      „Beschluß des Rates der Stadt Kolberg: Es wird hierdurch verfügt, daß der spanische Gesandte Rodriguez de Coria, zur selbigen Zeit an Bord des Schiffes ‚Santissima Madre‘ befindlich, innerhalb des Stadtgebietes von Kolberg als ‚persona non grata‘ anzusehen ist. Besagte unerwünschte Person ist des versuchten Betruges für schuldig befunden und wird daher aufgefordert, das Stadtgebiet unverzüglich zu verlassen. Einbegriffen in diese Aufforderung ist das spanische Schiff ‚Santissima Madre‘ mitsamt seiner Besatzung. Im gegebenen Falle kann diese Verfügung zwangsweise angewendet werden. Gegeben zu Kolberg, den 9. April anno 1593. Unterschrift des Bürgermeisters – Siegel – Wappen …“

      Rodriguez de Coria riß dem Dolmetscher das Papier mit einem höhnischen Lachen aus der Hand und fetzte es in kleine Stücke.

      „Sehen Sie genau her, Señor von Manteuffel! So wird Gleiches mit Gleichem vergolten. Ihr erbärmliches Stück Papier ruft in mir genau das hervor, was der Bastard Killigrew bei der von mir überbrachten Schuldurkunde für richtig hielt.“

      Hasso von Manteuffel fand keine Möglichkeit mehr, seinen aufwallenden Zorn zu äußern.

      Rodriguez de Coria gab den im Hintergrund ausharrenden Decksleuten einen herrischen Wink.

      „Packt ihn! Fesselt ihn! Sperrt ihn in meine Kammer ein!“

      Der große weißhaarige Mann versuchte vergeblich, sich zur Wehr zu setzen. Gegen die Übermacht konnte er beim besten Willen nichts ausrichten. Die Männer rissen ihm die Arme auf den Rücken, banden ihn und stießen ihn voran, dem offenen Schott zu den Achterdeckskammern entgegen.

      „Eine schnelle Entscheidung“, sagte Kapitän de Frias, und leiser Zweifel klang aus seiner Stimme.

      De Corias Augen blitzten ihn an.

      „Eine richtige Entscheidung! Sie werden gleich sehen …“ Er wandte sich dem Dolmetscher zu. „Romero, Sie begeben sich auf schnellstem Weg in die Stadt. Holen Sie mir diesen dreimal verfluchten Bürgermeister her. Und sagen Sie ihm, er soll sich gefälligst sputen, wenn er sein Ratsmitglied von Manteuffel gesund und munter wiedersehen will.“

      „Si, Señor, ich beeile mich.“ Esteban Romero hastete los. Die Schweißperlen, die schon nach wenigen Schritten auf seine Stirn traten, rührten nicht allein von der körperlichen Anstrengung her.

      Mit offenkundigem Entsetzen im Gesicht erschien der Bürgermeister schon eine Viertelstunde später. Ein Einspänner hatte ihn zur Pier gebracht. Das Stadtoberhaupt von Kolberg war ein untersetzter Mann, grauhaarig und mit den Zügen von Offenheit und Ehrlichkeit, wie sie für den Menschenschlag an diesem Küstenstrich von Pommern typisch waren.

      Rodriguez de Coria erwartete den Bürgermeister an der Pforte im Schanzkleid und ließ ihn nicht erst zu Wort kommen.

      „Ich habe Ihnen folgendes mitzuteilen“, sagte de Coria herrisch und mit hoch erhobenem Kopf. „Señor Hasso von Manteuffel befindet sich in meiner Gewalt. Ihren einstimmigen Stadtratsbeschluß betrachte ich als einen Affront gegen die spanische Krone. Nichtsdestoweniger bin ich bereit, von Manteuffel gegen Kapitän Philip Hasard Killigrew auszutauschen. Der letztere wird von der spanischen Kirche wegen Seeräuberei, mehrfachen Mordes und Beleidigung Seiner Allerkatholischsten Majestät Philipp II. gesucht. Sobald der Austausch vollzogen ist, wird die ‚Santissima Madre‘ unverzüglich den Hafen von Kolberg verlassen.“

      „Mein Gott!“ sagte der Bürgermeister fassungslos, nachdem Esteban Romero übersetzt hatte. Er mußte sich mit aller Gewalt zwingen, seinen Abscheu herunterzuschlucken und diesem aufgeblasenen und niederträchtigen Don nicht seine Meinung ins Gesicht zu schleudern. Statt dessen sagte er nur: „Ich werde Kapitän Killigrew sofort benachrichtigen.“

      „Das möchte ich Ihnen auch geraten haben“, entgegnete de Coria hohnlächelnd.

      Der Bürgermeister eilte zu seinem Einspänner und war wenige Minuten später am Liegeplatz der „Wappen von Kolberg“ und der „Isabella“, wo er zunächst Arne von Manteuffel zu sich rief und sich dann gemeinsam mit ihm auf die englische Galeone begab.

      Der Seewolf war wie vom Donner gerührt. Er war versucht, sich selbst zu ohrfeigen.

      „Ich hätte das wissen müssen“, murmelte er tonlos, „ich hätte wissen müssen, zu was diese elende de Coria-Sippschaft fähig ist. Ich hatte sowieso ein ungutes Gefühl, als sich mein Onkel bereiterklärte, allein zur ‚Santissima Madre‘ zu gehen. Warum, zum Teufel, habe ich das nicht verhindert?“

      „Du hast dir nichts vorzuwerfen“, wandte Arne energisch ein, „wahrscheinlich hätte auch eine Begleitung nichts genutzt. Die spanischen Decksleute wären so oder so in der Überzahl gewesen. Niemand war auf eine derartige Gemeinheit gefaßt. Nein, das Vernünftigste wäre gewesen, diesen de Coria vor den Stadtrat zu zitieren.“

      „Es ändert nichts mehr, es ist nun einmal passiert.“ Hasard überlegte nicht lange, als er seine Entscheidung traf: „Ich werde mich