Seewölfe Paket 17. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397754
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von sich und lehnte sich zurück.

      „Ein elendes Wetter ist das, nicht wahr, Don Rodriguez? Ehrlich gesagt, an solchen Tagen kriegt selbst ein alter Seefahrer wie ich eine Ahnung davon, was Heimweh ist. Was für ein gottverlassenes Land dies doch ist! Die Menschen hier müssen mit Schwimmhäuten zwischen den Zehen und den Fingern geboren werden.“

      Rodriguez de Coria antwortete nicht sofort. Immer noch starrte er hinaus. Der andauernde Regen war wie ein trübgrauer Vorhang, der sich über den Mastenwald der Schiffe im Hafen von Kolberg gelegt hatte. Selbst die Frachtsegler in unmittelbarer Nähe der spanischen Galeone waren nur schemenhaft zu erkennen. Schließlich wandte de Coria sich um.

      „Sie reden zuviel, de Frias, besonders heute. Ich überlege, ob ich mich nicht in meinen eigenen Salon zurückziehe.“

      „Oh, ich bitte abermals um Vergebung, Don Rodriguez.“ De Frias erhob sich halb, deutete eine Verbeugung an und setzte sich wieder. Er bemühte sich, seinen Spott nicht herausklingen zu lassen. „Aber, mit Verlaub gesagt, was schadet es Ihnen, solange ich belangloses Zeug rede?“

      De Corias Augen verengten sich.

      „Was wollen Sie damit andeuten?“

      „Nichts, absolut nichts.“

      „Halten Sie mich nicht zum Narren.“ Die Stimme de Corias war wie ein Zischen. „Sie glauben, Sie haben mich in der Hand, weil ich Sie in meine Pläne eingeweiht habe.“

      „Ich habe das als eine Ehre aufgefaßt, Don Rodriguez. Im übrigen denke ich, daß Sie mich einweihen mußten. Denn ohne meine Hilfe stehen Sie hier in der Ostsee auf verlorenem Posten.“

      „Allerdings“, entgegnete de Coria verächtlich, „erwähnen Sie es nur oft genug, damit ich es nicht vergesse.“

      Kapitän de Frias hob sein Glas und nahm einen langen Schluck.

      „Don Rodriguez“, sagte er besänftigend, „warum hören wir nicht auf, uns gegenseitig anzustacheln? Ich denke, Sie sind ein wenig nervös. Liegt das am Wetter?“

      Einen Moment schien es, als wollte de Coria erneut aufbrausen. Doch er besann sich, zog die Schultern hoch und ließ sie wieder sinken. Dann gab er sich einen Ruck und setzte sich zu de Frias an den Tisch.

      „Geben Sie mir ein Glas. Sie haben recht. Ich fange an, mich selbst verrückt zu machen.“

      De Frias nickte, lächelte und schenkte ein.

      „So gefallen Sie mir schon besser. Ehrlich gesagt, ich fing an, mich zu wundern. Denn ich hatte nie einen angenehmeren Trinkgenossen als Sie.“

      „Dabei soll es auch bleiben.“ De Coria hob sein Glas. Nachdem sie sich zugeprostet hatten, fuhr er fort: „Irgend etwas ist mir auf den Magen geschlagen. Bestimmt nicht das Wetter. Vielleicht hängt es mit dieser englischen Galeone zusammen.“

      „Dem muß ich zustimmen. Der Anblick eines Engländers kann einem die beste Laune verderben. Aber mit unserer Angelegenheit sollte das doch nichts zu tun haben, oder?“

      „Nein, überhaupt nicht. Nur – wenn ich richtig gesehen habe, haben der Engländer und die andere Galeone am Liegeplatz der von Manteuffels vertäut. Es scheint so, als unterhalte das Handelshaus von Manteuffel Beziehungen zur englischen Krone. Ein Umstand, der zumindest Unwohlsein hervorruft.“

      „Zugegeben. Aber ich beharre darauf, daß dies Ihr Vorhaben in keiner Weise beeinträchtigen wird, Don Rodriguez. Der alte von Manteuffel hat keine Möglichkeit, die Wahrheit herauszufinden. Spanien ist weit. Und in England gibt es niemanden, der uns gefährlich werden könnte.“

      Rodriguez de Coria sah sein Gegenüber stumm und sinnierend an. Er war noch nicht imstande, jenes Unbehagen in Worte zu kleiden, das ihn befallen hatte.

      Aber, verdammt, es ließ sich nicht wegwischen.

       5.

      Es goß noch immer in Strömen, als Schritte im Korridor des Handelshauses von Manteuffel den erwarteten Besuch ankündigten. Der Bedienstete, der als Bote zur „Santissima Madre“ geschickt worden war, klopfte und öffnete die Tür. Der Geruch regenfeuchter Kleidung wehte herein.

      „Herr de Coria und sein Dolmetscher.“

      „Ich bitte die Herren herein.“ Hasso von Manteuffel erhob sich, und ihm war anzusehen, wie schwer es ihm fiel, die Formen zu wahren.

      Den Seewolf durchzuckte ein Stich, als er den Mann sah, mit dem er auf widersinnige Weise verwandt war. Rodriguez de Coria begrüßte Hasso von Manteuffel mit schleimiger Höflichkeit. Der Spanier sah aus der Nähe noch verlebter und aufgeputzter aus, als es der Blick durch das Spektiv ermöglicht hatte. Er war ein alter Mann, gewiß. Doch die dunklen Ränder unter seinen Augen und die kalkige Farbe seines Furchengesichts rührten nicht allein vom Alter her.

      Hasso von Manteuffel stellte Arne als seinen ältesten Sohn und Hasard als einen entfernten Verwandten vor, der mit seinen Zwillingssöhnen und einem Decksmann eingetroffen sei, um Familiäres zu besprechen. Hasard hatte das Gefühl, sich schütteln zu müssen, als er de Coria gezwungenermaßen die Hand reichte. Der Dolmetscher war ein dicklicher Zwerg namens Esteban Romero.

      „Nun?“ fragte de Coria, nachdem sie sich gesetzt hatten. Er blickte den Hausherrn an und faltete die mageren Finger. „Ist der Familienrat bereits zu einem Ergebnis gelangt?“ Romero übersetzte es ins Deutsche, mit einem harten, rollenden Akzent.

      Hasard dachte nicht daran, sich auch nur eine Sekunde zurückzuhalten.

      „Darf ich dieses famose Schriftstück sehen, Señor de Coria?“

      Der Spanier riß die Augen auf.

      „Oh! Sie sprechen meine Sprache besser als mancher Landsmann. Woher stammen Ihre hervorragenden Kenntnisse, Señor von Manteuffel?“

      Der Seewolf lächelte kalt.

      „Deutsche Kaufleute haben sich schon immer durch ihr besonderes sprachliches Talent ausgezeichnet.“

      „Nun, da haben Sie zweifellos recht.“

      „Ich erinnere an das Schriftstück.“

      Rodriguez de Coria verzog das Gesicht in einem Anflug von Ärger. Dieser Spanisch sprechende von Manteuffel wollte ihm ganz und gar nicht gefallen, einer von der hartnäckigen Sorte. De Coria witterte Verdruß, und dieser Verdruß würde von diesem Mann ausgehen, der dem ältesten Sohn des Firmeninhabers wie ein Bruder ähnlich war.

      „Aber bitte, natürlich.“ De Coria ließ sich von seinem Dolmetscher eine lederne Mappe geben und zog das Papier heraus.

      Hasard nahm es mit einer scheinbar dankenden Geste entgegen. Er warf nur einen flüchtigen Blick auf die Schrift.

      „Sehen Sie her“, sagte er kühl und hob das Dokument mit spitzen Fingern empor.

      Rodriguez de Coria blinzelte irritiert.

      Im nächsten Moment zuckte er zusammen.

      Das Geräusch reißenden Papiers drang überlaut in die Stille des Raumes. Hasard zerfetzte das sogenannte Schriftstück seelenruhig in kleine Stücke und ließ sie zu Boden regnen.

      De Coria sperrte den Mund auf und bewegte die dünnen Lippen. Doch in seiner Fassungslosigkeit brachte er keinen Ton heraus.

      Die Stimme des Seewolfs war wie klirrender Frost.

      „Dieses Schriftstück ist eine Fälschung. Oder können Sie mir erklären, de Coria, wie ein Toter noch eine Unterschrift leisten kann?“

      Der Spanier schnappte heftiger nach Luft. Im nächsten Moment sprang er auf.

      „Was nehmen Sie sich heraus!“ brüllte er, wobei sich sein Gesicht krebsrot färbte. „Sie wagen es, einem Gesandten des spanischen Königs in einem solchen unverschämten Ton zu begegnen?“ Sein hagerer Kopf ruckte herum. Anklagend sah er Hasso von Manteuffel an. „Ich muß Sie dringend ersuchen, Ihren