Seewölfe Paket 21. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397808
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Sie bequem, Mann“, sagte Cubera. „Reden Sie. Schnell, schnell.“

      „Jawohl, Señor Capitán“, sagte der Schaluppenführer ehrerbietig. „Die Insel besteht größtenteils aus Felsen, die von See her nur schwer zugänglich sind. Es gibt aber eine große Innenbucht, die lediglich von der Nordseite her durch einen Felsendom zu erreichen ist. In der Bucht haben wir mehrere Stege und einen Strand gesehen. Ausreichende Liegeplätze für mehrere große Schiffe.“

      „Und?“ bellte Cubera. „Was heißt das? Liegen in dieser verdammten Bucht Schiffe oder nicht?“

      „Kein einziges, Señor Capitán. Es waren weder Schiffe zu sehen noch irgendeine Menschenseele. Die ganze Insel wirkt wie ausgestorben.“

      Eben dies bestätigten kurz darauf auch die übrigen Schaluppenführer, die sich an Bord der „San José“ zur Meldung einfanden. Cubera entließ sie und dachte über das Gehörte nach. Er brauchte nichts zu überstürzen und hatte Zeit, den Angriff in aller Ruhe und wohlüberlegt durchzuführen.

      Die Lage war mehr als rätselhaft. Kein einziges Schiff in der Inselbucht – nun, das konnte bedeuten, daß die Piraten ihren Schlupfwinkel aus einer Vorahnung heraus geräumt hatten. Die Stege deuteten letztlich darauf hin, daß es eine Ansiedlung geben mußte, wenn auch nichts Lebendes auf der Insel zu erkennen war.

      Die Schaluppenführer hatten auch gemeldet, daß die Innenbucht durch den Felsendom von größeren Schiffen zu erreichen wäre.

      Capitán Cubera gab sich einen innerlichen Ruck. Er mußte herausfinden, was diese überaus seltsame Lage zu bedeuten hatte. Kurz entschlossen preite er den Kapitän der Kriegsgaleone „San Gabriel“ an und befahl ihm, durch den Felsendom in die Bucht zu segeln und die Insel aus unmittelbarer Nähe in Augenschein zu nehmen.

      Die Galeone setzte Segel, löste sich aus der Warteposition des Verbandes und ging auf Nordkurs.

      Karl von Hutten ahnte, was jetzt folgen würde. Wenige Worte genügten zur Absprache mit den Gefährten. Dann huschte der Mann mit dem blonden Haar und dem indianischen Gesichtsschnitt davon. Von See her war er nicht zu sehen, als er nach Osten hin von der felsigen Höhe abstieg.

      Etwa eine Viertelstunde brauchte er, um jenen schmalen Felsengrat zu erreichen, der dem Höllenriff nordwestlich vorgelagert war. Geduckt pirschte er sich voran. Nur kurz verharrte er, um sich von der Position der herannahenden Galeone zu überzeugen. Der Dreimaster befand sich jetzt westlich des Gefechtsstandes, in dem die Gefährten ausharrten.

      Karl von Hutten setzte seinen Weg mit raubtierhafter Behendigkeit fort. An der nordwestlichen Innenseite des Felsendoms erklomm er das kegelförmige Massiv. Ein gefährlicher und schweißtreibender Aufstieg, den er jedoch zügig bewältigte.

      Nach knapp zwanzig Minuten erreichte er jene kleine Plattform auf der östlichen Innenseite des Felsendoms, wo er seine Vorbereitungen getroffen hatte.

      Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Schiff des Verbandes die Innenbucht zu erkunden versuchen würde, war leicht vorherzusehen gewesen.

      In sicherer Deckung wartete Karl von Hutten, bis die Galeone das Kegelmassiv nordwestlich umrundet hatte und von Norden her auf den Felsendom zusteuerte. Noch eine Weile beobachtete er die Strömungsgeschwindigkeit des ablaufenden Wassers.

      Dann, als er sicher war, den richtigen Zeitpunkt abgeschätzt zu haben, schickte er die Pulverfässer nacheinander auf die Reise.

      Insgesamt acht Fässer waren es, die er sanft ins Wasser gleiten ließ. Die Fässer waren absolut wasserdicht, da man sie von oben bis unten verpecht hatte. Außerdem waren sie so sorgfältig getrimmt, daß sie kaum aus dem Wasser lugten. Nur die glimmenden Lunten ragten oben heraus. Doch das spielte keine sonderliche Rolle.

      Karl von Hutten lächelte grimmig, als er das letzte Faß über die Felsenkante gleiten ließ. Es war bereits etwa zwei Uhr nachmittags. Die Sonne leuchtete also nicht mehr in den Felsendom. Dort, im Schatten, würden die Lunten kaum zu sehen sein.

      Zweihundert Yards von der Einfahrt in den Felsendom entfernt, beschloß der Kapitän der „San Gabriel“, die vorgesehene Taktik geringfügig zu ändern. Er verfügte über eine ausreichende Mannschaftsstärke, um sich für alle Eventualitäten zu wappnen.

      So ließ er eine große Jolle abfieren, die mit zwanzig Männern besetzt wurde. Ihre Aufgabe war es, der Galeone zu folgen und sofort nach Erreichen der Innenbucht zu landen, um gewissermaßen in einem Sofortschlag die etwa vorhandenen Ansiedlungen aufzurollen. Wenn es Verteidiger gab, würden sie in erster Linie damit beschäftigt sein, sich gegen die herannahende Galeone zu rüsten.

      Dann segelte die „San Gabriel“ weiter auf den Felsendom zu, der sich für sie und ihre Besatzung als Tor zur Hölle erweisen sollte.

      Der Mahlstrom hatte bereits beträchtlich an Kraft gewonnen. Doch es war der handige Nordost, der dem Rudergänger der Galeone half, auf Kurs zu bleiben und den Felsendom sicher anzusteuern. Indessen ahnten die Männer an Bord, daß es bei stärkerer Strömung unmöglich war, die Innenbucht zu erreichen. Eine höchst wirksame Abschirmung für die Piraten, die sich hier verborgen hielten.

      Im Eingang des düsteren Felsendoms stieß ein Faß gegen den Vordersteven der Galeone. Gleich darauf trieben die übrigen Fässer heran und verteilten sich beidseits der Bordwände.

      Die überwiegende Zahl der Decksleute, Seesoldaten und Offiziere spähte nach oben, in das feuchte Gewölbe, das sich über ihnen dehnte. Nur wenige warfen einen Blick über die Verschanzung nach unten. Die Funken, die dort auf der Wasseroberfläche sprühten, hielten sie für Reflexe verirrter Sonnenstrahlen.

      Keiner der Männer ahnte, daß sie dem Tod ins Auge schauten, ohne ihn wahrzunehmen.

      Dann, als sie etwa die Mitte des Felsendoms erreicht hatten, galt ihre ganze Aufmerksamkeit ohnehin der Bucht, die nun so greifbar nahe vor ihnen lag.

      Es geschah in diesem Moment, in dem sie sich dem Ziel schon nahe glaubten.

      Nahezu gleichzeitig explodierten die acht Pulverfässer – eins genau in Höhe der Pulverkammer.

      Ein urgewaltiges Brüllen erfüllte den Felsendom. Grellrot stach der Feuerschein der Detonation seewärts und zur Bucht hin aus dem Dunkel.

      Die Todesschreie der Besatzung gingen in dem alles verschlingenden Donner unter. Die „San Gabriel“ wurde buchstäblich in Stücke zerfetzt. Innerhalb von Sekunden tat sich der Höllenschlund auf, der das Schiff mit Mann und Maus hinabriß.

      Über dem Felsendom erbebte das Gesteinsmassiv.

      Karl von Hutten hatte seine Plattform bereits verlassen. Es grenzte an ein Wunder, daß der Felsendom nicht in sich zusammenkrachte.

      Nur nach und nach versiegte das Grollen der Detonation. In der Strömung des ablaufenden Wassers trieben die Wrackteile auf die See hinaus. Niemand an Bord der „San Gabriel“ hatte die Fahrt in das Tor zur Hölle überlebt.

      In panischer Hast, wie mit tausend Teufeln im Nacken, pullten die Männer in der Jolle nach Westen davon, zurück zum Verband, der ihnen Schutz vor dem Verderben gewähren würde …

      ENDE

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       1.

      Karl von Huttens Gesicht war wie aus Stein gemeißelt. In Momenten wie diesem wurde deutlich, daß indianisches Blut in seinen Adern floß. Verwegenheit, Wildheit und ein Ausdruck grimmiger Genugtuung mischten sich in seinen Zügen. Er empfand kaum Mitleid, höchstens mit den Decksleuten und Seesoldaten der Dreimastgaleone, die eben im Felsendom der Schlangen-Insel explodiert war.

      Die Spanier waren die Herausforderer, sie hatten den Kampf gewollt. Seit Tagen befand sich der große Verband von Kriegsschiffen auf dem Marsch. Er hatte – auch wegen der vielen Verzögerungen, die es unterwegs gegeben hatte – über eine Woche gebraucht, um von Kuba