Wenn ich das doch früher geahnt hätte, dachte Don Antonio, dann wäre ich jetzt schon in Havanna. Laut sagte er: „Sehr richtig. Ihr werdet es nicht bereuen, meine Freunde, daß ihr euch unter meinen Schutz gestellt habt. Es war das Klügste, was ihr überhaupt tun konntet.“
„Das wissen wir“, sagte de Pinzón grinsend. „Und wir sind auch davon überzeugt, daß wir heil und unbeschadet Havanna erreichen.“
„Ja“, pflichtete Coloma ihm bei. „Ich habe nun auch keinen Zweifel mehr daran.“
„Wie sieht die Residenz von innen aus?“ fragte de Pinzón. „Ich war erst einmal in Havanna und habe sie flüchtig von außen gesehen. Ein prächtiger Bau! Mit allem Prunk und Luxus, nicht wahr?“
„So ist es“, erwiderte Don Antonio.
De Pinzón lachte. „Der elende Küstenwachdienst vor Remedios hat mir schon lange gestunken! Aber jetzt werde ich ja endlich nach Havanna versetzt!“
Das hatte Don Antonio ihm versprochen. „Und befördert“, fügte er gönnerhaft hinzu.
„Ja. Ich kann’s kaum erwarten!“
„Vielleicht brauche ich einen neuen Stadtkommandanten“, sagte Don Antonio. Er brauchte ihn ganz gewiß, denn Don Ruiz de Retortilla mußte früher oder später ersetzt werden. Aber nicht der Sub-Teniente würde den Posten bekleiden, ganz bestimmt nicht. Irgendwie war er dem Dicken zu gerissen. Er tat nur so unbedarft und schien in Wirklichkeit alles zu durchschauen. Vor ihm mußte man sich in acht nehmen.
„Alles zu seiner Zeit“, sagte Don Antonio. „Wer unter meinem persönlichen Schutz steht, der hat nichts zu befürchten.“
Das klang gut, war aber natürlich dummes Zeug, weil er zur Zeit und in dieser Situation absolut keine Schutzfunktion ausüben konnte. Aber was scherte ihn das? Wichtig war nur, daß die Kerle auch weiterhin auf sein Kommando hörten und ihn verehrten.
„Tapfere Kerle!“ stieß Don Antonio überschwenglich hervor. „Ja, das seid ihr! Nach unserer Rückkehr nach Havanna werde ich euch belohnen und dafür sorgen, daß ihr alle einen guten Posten übernehmt – vorausgesetzt, ihr wollt es!“
„Ja!“ brüllten die Kerle.
„Gut so“, sagte Don Antonio und ließ sich seine Muck wieder mit Wein füllen. „Jeder Wunsch wird persönlich behandelt, keiner soll sich zu beklagen haben.“ Er blickte zu de Pinzón. „Mein Bester, noch ein Wörtchen zu diesem edlen Tropfen.“
„Señor?“
„Du hast das Faß öffnen lassen, aber ich werde es dir ersetzen!“
„Nein – das geht zu weit, wirklich!“ stieß de Pinzón in gespielter Empörung aus und hob die Hand zu einer abwehrenden Geste.
„Nichts da!“ schrie der Dicke. „Keine Widerrede! Das ist ein Befehl! Das Faß wird ersetzt! Trinkt, Leute – Don Antonio bezahlt für euch!“
Und so wurde immer kräftiger gebechert, während der Spießbraten allmählich immer knuspriger ausschaute. Das Fest näherte sich einem ersten Höhepunkt – und keiner der Spanier bemerkte die Jolle, die sich vorsichtig der Bucht näherte – auch der Posten an Bord der Schaluppe nicht, denn der hatte nur Augen für den verlockenden Braten und das Faß Wein.
Er hielt sich für den im Moment unglücklichsten Menschen der Welt, denn er konnte an dem Gelage erst teilnehmen, wenn man ihn abgelöst hatte. Und vielleicht war dann der Wein ausgesoffen, und die besten Stücke vom Wildschweinbraten hatten sich die anderen einverleibt.
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