Seewölfe Paket 30. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783966881043
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einem haben sich die Dons verrechnet“, sagte der Seewolf lächelnd. „Die eine Karavelle, die an der nördlichen Seite segelt, können wir vergessen. Ihr Kapitän hat etwas zu großzügig gedacht oder angenommen, wir würden zwischen ihnen hindurchsegeln. Dadurch hat er viel Zeit verloren, und bis er die wieder aufgeholt hat, sind ihm graue Bartstoppeln gewachsen.“

      „Die Gefahr ist trotzdem noch nicht vorüber“, sagte Ben gelassen. „Der andere Kapitän scheint dafür um so eifriger zu sein. Sollen wir ihm die spanische Flagge zeigen?“

      „Nein“, sagte Hasard sarkastisch, „die kennt er ja. Außerdem haben wir der Karavelle gegenüber notfalls noch den Vorteil, daß wir einen Schlag zulegen können. Wir verfügen zusätzlich über Ruder, und wir haben noch einen weiteren Vorteil: Wir können mit unserer Rohrlänge von fast vier Yards etwas weiter feuern als die Kerle da drüben. Das ist eben das Gute an einem ehemaligen Piratenschiff. Die Schnapphähne haben schon gewußt, warum sie längere Rohre nahmen. Das ist immer ein Vorteil. Sollte uns der Kerl zu dicht auf den Pelz rücken, schicken wir ihm eine Breitseite hinüber.“

      Vorerst sah es aber nicht danach aus. Die Schebecke erwies sich als das schnellere Schiff, auch wenn sie von der Lateinerkaravelle hart bedrängt wurde.

      Fast eine Stunde lang segelten sie auf Südkurs, dann reckte sich Hasard und stemmte die Fäuste in die Hüften.

      „Es langt jetzt“, sagte er hart. „Ich habe nicht die geringste Lust, möglicherweise nach Oran zu segeln, wo wieder die Schnapphähne der anderen Couleur auf uns warten und ebenfalls nachsehen wollen, wer wir wohl sein mögen. Zeigt den Kerlen unsere Flagge, und wenn sie das nicht kapieren, dann empfangen sie eine Breitseite.“

      „Endlich mal ein bißchen Abwechslung“, sagte der Profos händereibend. „Das war ja schon zum Einschlafen, war das. Jeder lausige Köter will an uns schnüffeln, als seien wir ein Dreckhaufen.“

      Er sah zu, wie sich die Flagge entfaltete und im Wind wehte.

      Da war sie, die Flagge des Bundes der Korsaren, die Flagge der Freiheit, wie sie auch von ihnen genannt wurde. Diese Flagge, einst von dem Segelmacher Will Thorne genäht, wehte jetzt in ihrer ganzen Länge aus. Es war ein schwarzes Tuch mit dem Symbol zweier gekreuzter goldener Säbel, das jetzt so im Wand flatterte, als seien die Säbel in ständiger Bewegung.

      Durch den Kieker sah Hasard auf der Karavelle erstaunte und verblüffte Gesichter. Auf der anderen Karavelle waren die Gestalten durch das Spektiv nur undeutlich und verschwommen zu sehen.

      Die Dons reagierten allerdings anders, als der Seewolf erwartet hatte. Vielleicht waren sie wütend darüber, daß sie diese Flagge noch nicht gesehen hatten oder fühlten sich von irgendwelchen Schnapphähnen auf den Arm genommen.

      Eine kleine dunkle Rauchwolke war drüben zugleich mit einem lanzenartig hervorstechenden Blitz zu sehen. Die Rauchwolke zerrieb der Wind innerhalb weniger Sekunden.

      Eine gute Kabellänge achteraus stieg eine kleine Säule aus Her See. Ein leichter Schlag war zu hören wie ein Klaps. Dann fiel das Wasser müde in sich zusammen.

      „Aha, sie haben gehustet“, sagte Carberry. „Sollen wir uns unsere Lungen auch mal freihusten, Sir?“

      „Anluven und Feuer frei nach eigenem Ermessen!“ rief Hasard.

      Pete Ballie ging an den Wind, bis die Schebecke der Karavelle die Steuerbordseite zeigte.

      Auf diesen Augenblick hatte Al Conroy gewartet. Er visierte und gab den anderen Männern ein Zeichen, die mit den Lunten in der Hand darauf warteten, sie auf die Zündlöcher zu pressen.

      Das geschah nach dem Handzeichen.

      Winzige, schlangengleiche Flammen fraßen sich durch die Zündkanäle.

      Sechs Culverinen brüllten gleichzeitig auf und spien Feuerblitze und dunklen Rauch aus ihren zurückfahrenden Schlünden, die den Mäulern gefährlicher Drachen glichen.

      Der Eisenhagel ging auf die Reise. Eine der Kugeln glühte deutlich sichtbar in der Luft. Wahrscheinlich hingen glimmende oder nachglutende Pulverreste an ihr.

      Zwei Kugeln strichen dicht über das Deck der Karavelle, eine durchschlug ein Segel, zwei weitere donnerten dicht vor der Bordwand ins Wasser und warfen Fontänen auf, die das Deck näßten.

      Die sechste Eisenkugel fraß sich mit einem hallenden Geräusch in den Rumpf der Karavelle und ließ in der Beplankung dicht an der Wasseroberfläche ein großes gezacktes Loch entstehen. Berstend flogen ein paar Holztrümmer ins Innere des Schiffes.

      „Hat gerade so gereicht“, sagte Al Conroy. „Ein paar Yards dichter dran, und die Dons hätten von allen Seiten durch ihr Schiff linsen können. Sofort nachladen.“

      Hasard sah sich wieder die Gesichter auf der Karavelle an. Die meisten Kerle standen verängstigt an Deck. Ein paar hatten sich hinter das Schanzkleid verkrochen und hielten die Köpfe unten.

      Das Erschrecken war aber deutlich zu erkennen, und die Reaktion des Kapitäns der weiter entfernten Karavelle war eindeutig genug. Er drehte sofort ab und ging auf Westkurs.

      „Jetzt zeigen wir ihm die andere Breitseite“, sagte der Seewolf hart. „Aber diesmal segeln wir weiter auf, damit er auch etwas davon hat.“

      Als Pete Ballie Ruder legte, hatten die Dons da drüben kapiert, daß auf der Schebecke ein paar Kerle waren, die etwas gegen das Beschnüffeln hatten und entsprechend hart reagierten.

      Das Segelmanöver war noch nicht zur Hälfte ausgeführt, da kniff der spanische Kapitän aus und ging ebenfalls auf Westkurs, ohne einen Schuß abzugeben. Er hatte es plötzlich sehr eilig.

      Ferris Tucker sah der Karavelle sinnend nach.

      „Da werden die Kerle wohl bald tüchtig Hand anlegen müssen“, meinte er, „das Loch in der Bordwand ist recht beachtlich. Sobald die See kabbelig wird, haben sie eine große Badewanne in den Stauräumen zur Verfügung.“

      Hasard sagte nichts. Auch er sah den Schiffen nach. Der Hauptzweck war jedenfalls erreicht, die Verfolger hatten sich zurückgezogen. Aber es würde sich erst später zeigen, ob sie die Verfolgung tatsächlich aufgegeben hatten oder ihre Neugier so weit geweckt war, daß sie als Fühlungshalter an der Schebecke blieben.

      Das war tatsächlich der Fall, als die Arwenacks auf den alten Kurs zurückgingen.

      Die Karavellen lagen weit zurück, aber auch sie hatten den Kurs geändert. Offenbar dichteten sie gerade provisorisch das Leck ab, denn die eine hinkte ein wenig hinterher.

      „Das gefällt mir überhaupt nicht“, sagte Hasard. „Ausgerechnet vor der spanischen Küste. Das Risiko ist mir zu groß. Wir werden jetzt den Spieß umdrehen und sie solange attackieren, bis ihnen die Lust auf uns endgültig vergeht.“

      Die Verfolgung hielt nicht lange an. Anfangs mochten sich die Spanier etwas davon versprochen haben, doch dann lag die Schebecke ganz plötzlich auf Gegenkurs und segelte hoch am Winde nach Osten. Ihre zwölf Rohre waren ausgerannt, und sie segelte diesmal genau in die immer noch bestehende Schere hinein, die allerdings etwas auseinandergezogen war.

      Das behagte den beiden spanischen Kapitänen absolut nicht, denn sie hatten erlebt, wie weit die Rohre trugen. Bei einem blitzschnell ausgeführten Passiergefecht, wenn die Schebecke genügend Abstand hielt, würden sie Feuer von beiden Seiten kriegen.

      So wichtig war ihnen die Schebecke nun auch wieder nicht, daß sie zuviel riskieren wollten.

      Offenbar verärgert drehten sie ab. Diesmal gingen sie auf Nordkurs, immer noch verfolgt von der Schebecke, die ihnen nachsetzte.

      Hasard ging bis auf ein paar hundert Yards heran und jagte sie weiter zur spanischen Küste.

      „Das dürfte reichen“, sagte er. „Jetzt schicken wir ihnen noch ein paar Grüße nach, damit sie uns besser in Erinnerung behalten.“

      Im Abdrehen sprachen noch einmal die Culverinen.

      Lange Flammenzungen jagten aus