Seewölfe Paket 30. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783966881043
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zu Old O’Flynn zu werfen.

      Der hatte natürlich alles mitgekriegt und schaute jetzt heroisch über den Hafen, als würde dort gleich der nächste Lobo del Mar auftauchen.

      Kein Wunder, daß dieser Don Egalo so stolz und unnahbar ist, dachte der Alcalde. Was er geschafft hatte, war bisher noch keinem gelungen, obwohl sie den Wolf seit Ewigkeiten gejagt hatten.

      Der Hafenmensch merkte nicht, daß er kräftig auf den Arm genommen wurde, und der Alcalde merkte es noch weniger. Da war auch kein Erkennen in ihrem Blick. Sie standen vor El Lobo del Mar und waren ahnungslos wie kleine Kinder. Sie dienerten noch vor ihm und empfanden einen unheimlichen Respekt vor dem Mann, der in Wahrheit der Schwiegervater des Seewolfs war.

      Die beiden einfältigen Kerle sahen auch nicht das versteckte Grinsen in den Gesichtern der verkleideten Arwenacks.

      „Sie erhalten natürlich sofort zwei Anker“, sagte der Alcalde in tiefer Demut, „das ist völlig selbstverständlich. Und ebenso selbstverständlich geht das zu unseren Lasten. Bitte, Señor, das werden Sie doch nicht abschlagen.“

      „Das muß nicht sein“, sagte Hasard. „Ich bezahle die Anker natürlich gern.“

      Aber davon wollten die beiden nichts wissen.

      Dann schlug sich der Alcalde plötzlich vor die Stirn.

      „Da fällt mir noch etwas ein. Vor ein paar Wochen sank vor der Küste eine kleine Galeone, die auf dem Weg nach Cartagena war. Sie sank in einem fürchterlichen Sturm, und niemand konnte gerettet werden. Das Wrack trieb später hier an. Der einzige Überlebende starb. Er wies uns darauf hin, daß sich an Bord vierzig Silber- und zehn Goldbarren befänden, die der spanischen Krone abgeliefert werden müßten. Wir haben immer auf einen Handelsfahrer gewartet, der nach Cartagena unterwegs war. Würde es Sie sehr belasten, Señor, diese Barren mitzunehmen? Es waren doch insgesamt fünfzig Barren, nicht wahr?“ wandte er sich fragend an Don Martin.

      Der Hafenmensch hatte ganz plötzlich feine Schweißperlen auf der Stirn, die er nervös abwischte.

      „Äh – ja, genau fünfzig“, sagte er mühsam.

      Hasard durchschaute die beiden Kerle sofort. Da waren anfangs wohl ein paar Barren mehr im Spiel gewesen, aber die Kerle hatten sich ganz sicher ihren Anteil abgezwackt, das sah er deutlich an ihren schuldbeladenen Gesichtern. Aber das war ihm egal.

      Erneut verbarg er sein Grinsen. Am liebsten hätte er laut hinausgebrüllt, doch er beherrschte sich eisern. Er zögerte die Antwort absichtlich etwas hinaus.

      „Sicher haben Sie eine – äh, Unterredung mit Seiner Majestät“, sagte der Alcalde. „Oder wie nennt man das?“

      „Eine Audienz bei Hofe. Natürlich, das ist durchaus üblich, zumal wir ja adligen Kreisen entstammen. Seine Majestät möchte natürlich über die Mission genau informiert werden.“

      Der Hafenmensch rieb sich aufgeregt die Hände. Dann wischte er sie an seiner Uniformhose hastig ab.

      „Äh – ich – ich meine, wir …“ Er druckste herum.

      „Ja, also, ich weiß schon, was Don Martin meint“, sagte der Alcalde erregt. „Wenn Sie die Barren bei Hofe abliefern – würden Sie dann eventuell die Freundlichkeit haben, die Stadt Denia und; uns beide zu erwähnen? Es wäre uns eine große Ehre, wenn Seiner Majestät unsere Namen an die erlauchten Ohren kämen.“

      Etwas weiter vorn drehte sich der Profos zu Smoky um, weil ihm fast die Luft wegblieb. Fast hätte er eine brüllende Lachsalve zum Himmel geschickt.

      „Mein Gott, sind das zwei dämliche Rübenschweine“, flüsterte er mit halberstickter Stimme. „Das gibt es doch gar nicht.“

      „Hier gibt’s alles“, sagte Smoky. „Aber hör jetzt auf, sonst kriege ich einen Lachanfall.“

      „Den würge ich schon die ganze Zeit runter“, sagte der Profos. Er drehte sich so, daß die beiden Tölpel sein Gesicht nicht sehen konnten, in dem es ständig zuckte, und lauschte weiter.

      „Nun, eine Gefälligkeit ist die andere wert“, sagte Hasard. „Seine Majestät wird gern vernehmen, daß es in Denia so grundanständige, ehrliche und rechtschaffene Männer wie Sie gibt. Ich werde einen ganz persönlichen Bericht erstatten und natürlich auch die beiden Anker nicht unerwähnt lassen. Seine Majestät ist sehr großzügig. Womöglich ist später mit einer Beförderung zu rechnen.“

      Die beiden wußten zwar nicht, zu was man sie noch befördern konnte, aber sie kannten sich mit höfischen Sitten auch nicht so genau aus.

      „Sicher werden die beiden Helden zu Oberpißrinnenverwaltern ernannt“, meinte der Profos und grinste infam.

      „Wir sind Ihnen bis in alle Zukunft zu ewigem Dank verpflichtet“, sagte Don Martin ergriffen. „Daß Sie das für uns tun wollen, Señor. Erst Geheimnisträger – und jetzt auch noch das. Entschuldigen Sie uns bitte, wir werden sofort alles Nötige veranlassen. Es dauert wirklich nicht lange.“

      Hasard entließ sie mit einer großzügigen Handbewegung und sah den beiden Tröpfen nach, wie sie mit knallroten Köpfen über die Pier stiefelten und dabei vor Aufregung mit den Armen herumfuchtelten. In seinem Eifer wäre Don Martin fast noch im Hafenwasser gelandet, denn er quasselte so angestrengt auf den Alcalden ein, daß er gar nicht bemerkte, als er vorbeitrat.

      Nur ein schneller Griff des Alcalden bewahrte ihn vor einem nassen Bad.

      „War das nicht ein bißchen riskant?“ fragte Don Juan mit leisem Vorwurf in der Stimme.

      Hasard schüttelte lächelnd den Kopf.

      „Ich wollte nur einmal sehen, wie weit ich gehen kann. Diese beiden Kerle haben absolut keine Ahnung, und wenn die es nicht wissen, wer soll es in diesem Kaff dann wissen? Oder glaubst du, sie hätten Lobo del Mar gleich freiwillig ihre Schätze herausgerückt?“

      „Sicher nicht. Die beiden scheinen ein bißchen verrückt zu sein.“

      „Ein bißchen viel“, meinte Ben Brighton. „Die sind ja regelrecht total bescheuert.“

      Sie lachten und amüsierten sich erst einmal köstlich, solange die beiden Kerle das nicht sehen konnten.

       3.

      Es dauerte nicht lange, dann verging den Arwenacks das Lachen. Die Angelegenheit begann langsam peinlich zu werden.

      Zwei Flötenspieler erschienen an der Pier, ein Kerl mit einer Fidel gesellte sich hinzu, und dann begannen sie zum Erstaunen der Seewölfe zu musizieren. Das war wohl als Kurzweil gedacht, doch es hörte sich erbärmlich an, denn vom Musizieren verstanden die drei Kerle absolut nichts, und so klang es dann auch.

      „Um Gottes willen“, stöhnte Dan O’Flynn. „Das soll wohl zu unserer Erheiterung beitragen, was?“

      „Das ist doch auch heiter“, meinte Carberry. „Sieh dir nur diese drei Hüpfer an. Die haben überhaupt keine Ahnung von Musik, aber sie spielen trotzdem unverdrossen weiter.“

      Zwei dürre Kerle entlockten ihren Flöten schauerliche Töne ohne jeglichen Rhythmus, der dritte zog an den Saiten seiner Fidel, als hielte er einen Bogen in der Hand, mit dem man Pfeile abschoß.

      Dann erschien eine Tänzerin, die sich schüchtern auf die Pier schob. Sie trug ein langes Kleid und wiegte sich im unregelmäßigen Takt der Spieler.

      Leider war die Tänzerin etwas fett, und was sie da tanzte, kapierte ohnehin keiner. Es erinnerte sie in etwa an die beleibten Bauchtänzerinnen aus Istanbul.

      Sie hatte ungefähr zehn Minuten getanzt, als der Alcalde und der Hafenmensch wieder aufkreuzten. Beide strahlten über das ganze Gesicht.

      „Gefällt Ihnen die Darbietung, Señores?“ fragte der Alcalde. „Señorita Lucia ist die beste Tänzerin im Ort.“

      Die Dicke hüpfte immer noch auf dem Steg