Seewölfe Paket 30. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783966881043
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Augen zum Schiff und brüllte wieder sein „Hallall!“ in die Gegend, jetzt mit lauter und durchdringender Stimme.

      Offenbar war das ein Signal, denn aus einem der Häuser trat eine korpulente Madonna heraus, die sich suchend umblickte. Das „Hallall“ schien ihre Sinne alarmiert zu haben. Offenbar war sie dadurch schon über weite Entfernungen über den Zustand ihres Gatten genau unterrichtet.

      Das grimmig dreinblickende Weib hielt eine solide Bratpfanne in der rechten Hand, die sie ein paarmal hin und her wippte, anscheinend in der Absicht, bereits Maß zu nehmen.

      „Halleluja“, sagte der Profos unterdrückt. „Die sieht aber sehr gesund aus, die Mutter. Die wird doch nicht …“

      Die Dicke hatte strähnige Haare und stramme Beine. Ihr gewaltiger Busen bewegte sich wie ein Blasebalg, als sie in die Richtung blickte, aus der die Arwenacks die beiden Kerle heranschleppten.

      „Bratpfannen in der Hand von Frauenzimmern – und dann noch vorm Haus – sind nicht unbedingt das Gesündeste“, meinte Smoky. „Das arme Kerlchen kriegt damit ganz sicher kein Festessen serviert. Ich denke, wir sollten die Kerle lieber hier absetzen und uns aus dem Staub machen. Es liegt kaum Dankbarkeit in ihrem Blick.“

      „Wir sind ja schließlich nicht besoffen“, meinte der Profos kühn. „Wir leisten ja nur einen Samariterdienst.“

      Smoky fühlte sich trotz allem sehr unbehaglich.

      Nils und Roger setzten den Alcalden vorsichtig zu Boden, noch bevor sie die Häuser erreicht hatten. Sie nickten sich zu und empfahlen sich grinsend.

      „Feiglinge“, knurrte der Profos. „Ihr Kerle habt einfach keine Argumente zur Hand und könnt die Señora nicht überzeugen.“

      „Wollen wir auch gar nicht“, sagte Nils Larsen. „Du bist Profos und Zuchtmeister, das überlassen wir dir.“

      Der Profos war von seinem Charme restlos überzeugt, und so sah er der Ankunft der Dicken einigermaßen gelassen entgegen.

      Sie schaute jetzt noch grimmiger drein. Ihre Augen waren hinter kleinen Fettpolstern zusammengekniffen, und der Profos sah, daß sie auf der Oberlippe einen Schnurrbart hatte, auf den mancher Kerl neidisch gewesen wäre. Vielleicht hatte sie ja auch Haare auf den Zähnen, die man jetzt wegen der ebenfalls zusammengekniffenen Lippen nicht sah.

      Er ließ den Hafenmenschen los und verneigte sich.

      „Señora“, sagte er galant, „wir bringen Ihnen Ihren Gatt…“

      „Diablo, das Schwein ist wieder besoffen, dieser verlauste Hurenbock!“ keifte die Señora wild.

      Neben ihr waren zwei grinsende Bälger aufgetaucht mit einem kleinen schmutzigen Köter, der den Hafenmenschen wütend ankläffte.

      „Er hat nur ein wenig Wein getrunken“, sagte der Profos.

      Dann wichen er und Smoky zurück, als die Señora, fauchend und die Bratpfanne schwenkend, auf Don Martin losging.

      Der hockte jetzt dümmlich grinsend am Boden, und der Köter zerrte an seinem Hosenbein. Eins der Bälger bohrte mit Genuß in der Nase, das andere bückte sich interessiert vor, um die Aktion der Mutter zu begutachten.

      Die ließ auch nicht lange auf sich warten.

      Der stramme Arm der Señora fuhr hoch und wieder zurück. Die dunklen Haare auf ihrer Oberlippe zitterten, und durch ihren massigen Körper ging ein Ruck, der alles wabbeln ließ.

      Durch den Körper des Hafenmeisters ging ebenfalls ein Ruck, als ihm die Bratpfanne auf den Schädel knallte. Der dumpfe Gong war bis auf die Schebecke zu hören.

      Der kleine Nasenbohrer grinste jetzt befriedigt, und das andere Gör brüllte begeistert: „Noch eins, Mami, gib ihm noch eins auf die Rübe!“

      Die resolute Señora ließ sich das nicht zweimal sagen.

      Noch während Don Martin mit glasigen Augen zur Seite kippte, wobei immer noch das dümmliche Grinsen auf seinem Gesicht lag, erfolgte der zweite Angriff.

      Wieder landete die Bratpfanne auf Don Martins Schädel. Es hörte sich an, als würde auf der Schebecke geglast.

      Don Martins Gesichtsausdruck veränderte sich rapide.

      Er grinste nicht mehr. Er öffnete den Mund zu einem lauten Seufzer, schloß die Augen und wurde schlaff. Sein Kopf sank auf die Brust, und so blieb er einen Augenblick hocken – jenseits von Gut und Böse.

      „So, du verdammter Säufer“, sagte die Señora zufrieden, „das wird dir eine Lehre sein, denke ich.“

      Carberry und Smoky waren genauso erschüttert wie Don Martin. Sie sahen sich an und schluckten trocken.

      „Kriegt er auch noch was aufs Maul?“ erkundigte sich der eine Knabe hoffnungsvoll.

      Die Señora gab keine Antwort, aber jetzt wandte sie sich mit blitzen den Augen den beiden Seewölfen zu.

      „Und jetzt zu euch, ihr verdammten Hurensöhne!“ rief sie. „Ihr seid schuld daran, daß er wieder besoffen ist, dieser miese Kerl, dieser Fuselschlucker. Schämt ihr euch …“

      Carberry ließ noch einmal seinen Charme spielen, obwohl er von dem jetzt nicht mehr so ganz überzeugt war.

      „Aber Señora Don Martin“, sagte er. „Wir …“

      „Halt dein Maul, du langer Lulatsch!“ keifte die Señora. „Und nenne mich nicht Don Martin. Das ist kein Don, sondern ein nichtsnutziger Lümmel. Aber euch werde ich es zeigen.“

      Carberry hatte mit der Attacke nicht gerechnet. Er stand da und versuchte „charmant“ zu grinsen, was bei seinem Aussehen allerdings völlig mißlang.

      Da knallte es auch schon. Die Bratpfanne sauste mit einer Vehemenz heran, daß Carberry nicht mehr ausweichen konnte. Er wollte noch die Arme hochreißen, doch da ertönte schon der Gong.

      „Oh, mein Gott“, hörte er Smoky wie aus weiter Ferne rufen.

      Der Ruf ging in einem zweiten Gong unter, und da begann der Profos bereits mit dem Schädel zu wackeln. Sekundenlang war er völlig benommen, erst dann blickte er wieder einigermaßen durch.

      Die Señora hatte sich von ihm abgewandt und traktierte jetzt den Decksältesten, der verstört die Hände über den Kopf hielt und versuchte, die rasende Furie mit den Ellenbogen von sich abzuhalten.

      Aber auch Smoky mußte zwei harte Gongs einstecken, ehe es ihm mit Not und Mühe gelang, ein paar Schritte davonzurennen.

      Für die Kerle auf der Schebecke war das Spektakel an Land mehr als ergötzlich. Sie hielten sich die Bäuche vor Lachen und kriegten sich nicht mehr ein. Da waren nur noch Brüllen und Gelächter an Deck und wiehernde Kerle, die sich nach allen Seiten bogen.

      „Hurra!“ rief Ferris Tucker. „Wahrhaftig ein tolles Bild! Der liebe Ed kriegt eine Abreibung.“

      „Er hat die beiden Kerle ja auch ganz übel abgefüllt“, sagte Hasard lachend. „Schließlich ist das nicht mehr als gerecht, wenn auch für ihn ein paar Brocken abfallen.“

      Sie lümmelten am Schanzkleid der Schebecke und sahen sich den Fortgang interessiert und unter lautem Gelächter an.

       4.

      „Die ist ja verrückt, die alte Schachtel!“ schrie Smoky. „Die haut uns in Grund und Boden. Los, wir verschwinden, Ed, sonst gibt es noch mehr Senge.“

      Carberry geriet jetzt allmählich in Braß, aber auch die Señora steigerte sich noch und wurde dabei von ihren Gören kräftig angefeuert. Die genossen es offensichtlich sehr, daß der Herr Papa ordentlich durchgewalkt wurde. Und daß zwei Fremde auch ihren Teil abkriegten, ließ sie vor Vergnügen laut krähen.

      Die Señora war sehr gerecht, das mußte man ihr lassen. Drei Kerle hatten Senge bezogen, nur der Alcalde noch nicht. Der kam gerade wieder