Seewölfe Paket 22. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397815
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und es ihnen gründlich zu verleiden, überhaupt hier aufzukreuzen. Doch dazu mußte man ein kampfstarkes Geschwader haben, und das war leider nicht der Fall.

      Nur zwei Kriegsgaleonen standen zur Verfügung, und die befanden sich an diesem 18. August zur Überholung in der Werft. Es war paradox – und höchst gefährlich zugleich. Don Gregorio de la Cuesta, der dienstälteste Kommandant einer der beiden Galeonen, bat den Festungskommandanten aus diesem Grund um eine dringende Unterredung.

      „Wir können den Engländern nicht trauen“, sagte er, sobald er die Diensträume betreten hatte. „Wir müssen die Schiffe so schnell wie möglich ausrüsten, trotz der Überholungsarbeiten.“

      „Darüber habe auch ich schon nachgedacht“, sagte der Kommandant. „Was haben Sie vor, de la Cuesta?“

      „Ich will den Engländern nachspüren oder zumindest Havanna anlaufen und den Gouverneur, Don Antonio de Quintanilla, wegen dieses Verbandes warnen.“

      „Sie glauben, die Engländer laufen Kuba an?“

      „Möglich ist alles, oder schließen Sie das etwa aus?“

      „Nein.“

      „Genausogut können sie hierher zurückkehren“, sagte de la Cuesta.

      „Ja. Einer ihrer Ausgucks könnte das Kastell sehr wohl entdeckt haben“, sagte der Kommandant. „Jetzt bedienen sie sich eines Tricks und warten in irgendeiner Bucht die Nacht ab, um uns in Sicherheit zu wiegen und dann über uns herzufallen.“

      „Señor“, sagte de la Cuesta. „Noch sind alle Möglichkeiten offen. Doch ungeachtet dessen sollten wir die Arbeiten an den Schiffen vorantreiben. Ich bitte Sie aus diesem Grund um alle Männer, die Sie entbehren können, dann sind wir schneller fertig. Es geschieht zum Schutz von St. Augustine, bitte bedenken Sie das.“

      „Ich habe mir das schon überlegt“, sagte der Festungskommandant. „Sie erhalten alle Männer, die Sie brauchen.“

      So wurde verstärkt an den in der Werft liegenden Galeonen geklopft und gehämmert, gepönt und kalfatert. De la Cuesta legte sich in der Zwischenzeit einen Plan zurecht. Griffen die Engländer in den nächsten zwei, drei Tagen Fort St Augustine nicht an, dann bedeutete dies, daß sie tatsächlich weitergesegelt waren. In dem Fall wurde die Havanna-Theorie, die er entwickelt hatte, aktuell, und es galt, so schnell wie möglich, Kuba anzulaufen, Alarm zu geben und nach Möglichkeit ein Gegengeschwader zusammenzustellen.

      Erst am 22. August verließen die beiden spanischen Kriegsgaleonen den Hafen von St. Augustine. Inzwischen waren sie überholt und ausgerüstet. Sie gingen auf südlichen Kurs und segelten bei dem anhaltenden Wind aus Südwesten über Backbordbug liegend mit Steuerbordhalsen.

      Am 24. August vormittags wollte es der Zufall, daß der Ausguck im Großmars von de la Cuestas Galeone Backbord voraus die mit Westkurs segelnde Jolle sichtete.

      „Welcher Herkunft ist die Jolle?“ fragte de la Cuesta, der auf dem Achterdeck seines Schiffes stand und das auseinandergezogene Spektiv nach Backbord voraus richtete.

      Sein Erster Offizier fragte den Ausguck, doch der schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht, Señor! Sie führt keine Flagge!“

      „Vielleicht sind es Schiffbrüchige, Señor“, sagte der Erste.

      „Oder Engländer. Das stellen wir jetzt fest.“

      „Wir steuern die Jolle an, Señor?“

      „Wir schneiden ihr den Weg ab“, entgegnete de la Cuesta.

      Nur eine geringe Kurskorrektur wurde vorgenommen, und die beiden Kriegsgaleonen segelten im stumpfen Winkel auf die Jolle zu. Bereits aus einiger Entfernung ließ de la Cuesta aus den Masttoppen signalisieren, und der Jollenführer wurde aufgefordert, sich zu erkennen zu geben und beizudrehen.

      „Verdammt“, sagte O’Leary genau in diesem Moment. „Das sind Spanier. Die wollen uns schnappen.“

      „Hauen wir ab“, sagte Simon Llewellyn.

      „Ich will nicht sterben“, begann Thomas Lionel sofort zu jammern. „Nicht in einem spanischen Gefängnis.“

      „Sondern im Meer bei den Haien, wenn du nicht deine Schnauze hältst“, sagte O’Leary. Es klang so kalt und gemein, daß Thomas Lionel sich einschüchtern ließ und fortan wieder verstummte. Alle waren ihm dafür dankbar, sogar sein Bruder.

      „Wir können nicht mehr abdrehen“, sagte O’Leary. „Wenn wir das tun, eröffnen sie das Feuer. Wir können nur tun, was sie von uns verlangen.“

      „Verstehst du denn die Signale?“ fragte einer seiner Kumpane.

      „Nein, aber es ist auch so klar, was sie wollen. Sieh mal genau hin.“

      „Die haben die Stückpforten offen.“

      „Und sie können uns in lauter kleine Krümel zerschießen, wenn sie wollen.“

      „Also beidrehen?“ fragte ein anderer Kerl.

      „Segel bergen und abwarten“, erwiderte O’Leary. „Gegen Kanonen, Drehbassen und sonstige Schußwaffen haben wir nicht die geringste Chance.“

      „Dann ist es also aus mit den schönen Träumen vom feinen Leben?“ fragte Simon Llewellyn mit weinerlicher Stimme.

      „Warte doch erst mal ab!“ zischte O’Leary. „Die kühnen Träume habe ich immer noch. So schnell schmeiß ich die Muskete nicht ins Wasser. Aber wir müssen versuchen, diese bescheuerten Dons irgendwie aufs Kreuz zu legen. Wir müssen sie täuschen, kapierst du das?“

      „Ja. Wie?“

      „Wir stellen uns erst mal dumm“, entgegnete O’Leary. „Wir verstehen kein Wort Spanisch. Stimmt ja auch. Wir sind völlig taub.“

      „Und stumm auch“, sagte Simon Llewellyn.

      „Wäre doch gelacht, wenn wir diese Olivenfresser nicht an der Nase herumführen könnten“, murmelte ein anderer Kerl, der vorn im Bug saß. „So schlau, wie sie denken, sind sie nun auch wieder nicht. Sie patrouillieren hier an der Küste rum und kontrollieren jeden, den sie antreffen. Das ist ja wohl ihre Aufgabe, nicht wahr?“

      „Genau“, erwiderte O’Leary. „Mal sehen, wie ihr Kommandant aussieht. Vielleicht ist er faul und hat keine Lust, groß herumzuspinnen. Wir lassen uns von ihm untersuchen, und dann segeln wir wieder weiter.“

      „Und die Kisten?“ fragte einer der Kerle.

      „Deck ein Stück Segeltuch darüber“, erwiderte O’Leary. „Vielleicht filzen sie unseren Kahn überhaupt nicht. Vielleicht denken sie, daß wir harmlose Küstenhändler sind. Oder Schiffbrüchige. Vielleicht kann ich ihnen das irgendwie erklären, durch Gesten und so.“

      „Wir hauen sie übers Ohr“, sagte Simon Llewellyn. Plötzlich konnte er schon wieder grinsen. „Ha, das wird ein Riesenspaß.“

      Zum selben Zeitpunkt wandte sich der Ausguck im Großmars von Don Gregorio de la Cuestas Galeone erneut an das Achterdeck.

      „Deck!“ rief er. „Die sehen wie Ausländer aus! Franzosen oder Engländer! Vielleicht auch Holländer! Es scheinen Piraten zu sein!“

      „Aha“, sagte de la Cuesta grimmig. „Na, die nehmen wir uns jetzt mal richtig vor.“

      „Deck! Sie verstecken was unter der achteren Ducht und packen ein Stück Segeltuch darüber!“

      „Gut, das zu wissen“, sagte de la Cuesta.

      Dann richtete er selbst wieder sein Spektiv auf die Jolle und erkannte, wie die Kerle im Boot achtern herumhantierten. Offenbar gaben sie sich sehr viel Mühe, etwas unter der Heckducht zu verbergen.

      Beigedreht lag die Jolle inzwischen im Wind. Nur noch eine Kabellänge trennte die erste Kriegsgaleone von ihr. Inzwischen hatte auch die zweite Galeone aufgeschlossen, und gemeinsam schickten sie sich an, das fremde Boot zu stellen. Fast wirkte es so, als wollten sie