Seewölfe Paket 22. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397815
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Stimme wurde breiig, man konnte kein Wort mehr verstehen. Dann brach er bewußtlos vor den Augen der um ihn versammelten Männer zusammen.

      „In die Hütte mit ihm“, sagte Tottenham. „Und halten Sie weiterhin die Augen offen. Ich glaube zwar nicht, daß auch O’Leary so verrückt ist, zurückzukehren, aber man kann ja nie wissen, was kommt.“

      Darüber waren sich alle einig, und Bush, Ross und die anderen Männer nahmen wieder ihre Wach- und Kontrollgänge über die Insel auf, nachdem sie den besinnungslosen Stewart gefesselt und in eine der Unterkünfte geschleppt hatten.

      Mit gierigen Augen blickten O’Leary, die Killigrew-Brüder und die Kerle der Crew auf den ersten Goldbarren, den O’Leary der einen Kiste entnahm. Inzwischen war es ihm gelungen, sie zu öffnen.

      Das Gold hatte einen matten Glanz, der die Lichtstrahlen der Sonne reflektierte.

      „Schwer, das Ding“, sagte O’Leary. „Und die anderen sehen genauso hübsch aus.“ Er warf einen Blick in die offene Kiste und grinste.

      „Darf ich mal sehen?“ fragte Thomas Lionel.

      „Ja, aber paß auf, daß der Barren nicht ins Wasser fällt“, erwiderte O’Leary.

      „Ich bin doch nicht blöd“, brummelte Thomas Lionel.

      „Aber ungeschickt“, sagte sein Bruder.

      „Ist das nicht das gleiche?“ fragte einer der Kerle.

      „Nein“, sagte Thomas Lionel. „Und ich laß mir auch nicht gefallen, daß ihr mich dumm anredet.“

      „Das tut doch keiner“, sagte sein Bruder mit breitem Grinsen. Er nahm den Barren aus der Hand von O’Leary in Empfang und hob ihn prüfend an. „Wie viele Unzen wiegt der denn?“

      „Hundert“, sagte einer der Kerle.

      „Quatsch“, meinte ein anderer. „Zehn.“

      „Gib her“, drängte Thomas Lionel seinen Bruder. „Ich will mal einen richtig dicken Klotz Gold halten. Ach, ist das schön.“ Er ließ sich den Barren aushändigen, aber fast fiel er ihm auf die Füße. „Mann, daraus könnte man ein ganzes Schwert aus Gold gießen, was?“

      „Zweifellos“, erwiderte Simon Llewellyn. „Aber das wäre reine Verschwendung.“

      „Na, meinetwegen“, sagte Thomas Lionel. „Aber vielleicht könnte man hundert hübsche Ketten daraus herstellen.“

      „Was du willst“, sagte O’Leary. „Aber gib den Brocken wieder her, ich will ihn in die Kiste zurückpacken.“

      Thomas Lionel preßte den Barren an sich. „Nein! Ich behalte ihn! Er ist mein Anteil!“

      „Wir teilen später“, sagte O’Leary. „Das haben wir vorhin schon vereinbart.“

      „Sei brav und rück den Barren wieder raus“, sagte nun auch Simon Llewellyn. „Wir haben das wirklich so abgesprochen. Oder hast du’s vergessen? Leidest du an Gedächtnisschwund oder so, wegen deiner Blessur?“

      „Ziehst du mich deswegen jetzt auch auf?“ stieß Thomas Lionel schrill hervor.

      „Nein.“

      „Fehlt noch, daß du sagst, mein Grips sei angekratzt.“

      „Ist er das nicht?“ fragte O’Leary, dann stieg er über eine Ducht und streckte die Hand aus. „Den Barren her, wir schließen die Kiste wieder ab, und damit hat sich der Fall.“

      „Hältst du mich für verrückt?“ fuhr Thomas Lionel ihn an.

      „Für total bescheuert, wenn du’s genau wissen willst.“

      „Das laß ich mir von dir nicht sagen!“

      „Von mir nicht?“ O’Leary lachte roh und wandte sich an die anderen. „Dann sagt ihr es ihm.“

      „Ja, einen Schlag hast du weg, Söhnchen“, sagte einer der Kerle. „Aber das braucht dich nicht zu kratzen. Nicht jeder kann im Kopf richtig sein.“

      „Drecksäcke!“ Thomas Lionel hielt den Barren mit beiden Händen außenbords. „Da, seht mal, was ich mit dem blöden Mistding mache!“

      „Ich hab’s ja gleich gesagt“, brummte O’Leary. „Der Kerl ist total bescheuert.“

      „Nimm das zurück, was du gesagt hast!“

      „Gut. Ich nehme es zurück und entschuldige mich.“

      Thomas Lionel kicherte. „Dann ist es gut.“ Er zog den Barren wieder zu sich heran. Dann, einem jähen Entschluß folgend, warf er ihn O’Leary vor die Füße. Es krachte, und fast hatte es den Anschein, als sei eine der Planken beschädigt. Doch das war nicht der Fall.

      O’Leary stieß einen Wutschrei aus, der wie eine Mischung aus Brüllen und Heulen klang, und wollte sich auf Thomas Lionel stürzen. Simon Llewellyn fuhr jedoch hoch, um seinen Bruder zu verteidigen, und zwei Kerle hielten den fluchenden Bootsmann an beiden Armen fest.

      „Laßt mich los!“ brüllte O’Leary. „Ich bringe ihn um, den blöden Hund!“

      „Ich hau’ dir die Rübe zu Brei!“ kreischte Thomas Lionel.

      „Hört doch endlich auf!“ rief einer der Männer. „Fangt nicht schon wieder an! Wir müssen zusammenhalten, verflucht noch mal!“

      Es gelang ihnen, O’Leary halbwegs zu beruhigen. Er stieß zwar noch üble Verwünschungen aus und warf Thomas Lionel dolchspitze, mörderische Blicke zu, aber allmählich verrauchte seine Wut, und er kehrte auf seinen Platz am Bootsheck zurück.

      Sorgsam verstaute er den Goldbarren wieder in der Kiste und riegelte sie zu. Dann befaßte er sich eingehend mit einer Seekarte, die Charles Stewart an Bord zurückgelassen hatte.

      Simon Llewellyn untersuchte den Boden der Jolle und hob grinsend den Kopf.

      „Nichts kaputt“, sagte er. „Keine Planke beschädigt. Dabei ist der Barren ganz schön schwer.“

      „Halt’s Maul!“ zischte einer seiner Kumpane. „Das fehlte uns noch, daß ihr uns den Kahn kaputtschlagt. Wenn ihr euch noch mal so ein Ding leistet, rechnen wir miteinander ab, verstanden?“ Er sah dabei Thomas Lionel an. Der senkte den Blick und kaute angelegentlich auf der Unterlippe herum.

      „Wir gehen auf Westkurs“, sagte O’Leary plötzlich. „Das bietet sich an.“ Er schaute von der Karte auf. „Nach der Karte hier liegt im Westen – an die hundertzwanzig Meilen entfernt – das Land Amerika.“

      Einer der Kerle warf einen Blick auf die Seekarte.

      „Sieht riesig aus“, brummte er. „Und da sind sicher auch Häfen an der Küste.“

      „Eben“, sagte der Bootsmann. „Da will ich hin.“

      „Eine gute Idee“, sagte ein anderer Mann der Crew. „Endlich mal wieder richtig einen saufen, was? Und Weiber gibt’s in den Häfen auch.“

      „Aber keine Indianerhuren“, sagte sein Nebenmann. „Sondern Spanierinnen und Französinnen.“

      „Keine Engländerinnen?“ fragte Simon Llewellyn.

      „Weiß ich nicht“, erwiderte der andere. „Aber auf die Suppenhühner leg’ ich auch keinen gesteigerten Wert.“

      Die anderen lachten, und sogar O’Leary grinste jetzt.

      Rasch wurde er jedoch wieder ernst, beugte sich vor und sagte: „Es sind spanische und französische Häfen, Leute, das haltet euch mal vor Augen. Aber mich beeindruckt das nicht weiter. Wir haben schließlich das Gold, und wenn wir es geschickt genug anstellen, sollte es auch möglich sein, daß wir uns ein gutes, handiges Schiff besorgen.“

      „Ein Schiff“, sagte der Kerl, der ihm gegenüber auf der Ducht saß. „O ja, Mann, das wäre was! Ein eigenes Schiff! Wer hätte je gedacht, daß wir eins kriegen! Dann