Seewölfe Paket 22. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397815
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Karibik bleiben oder nach England zurückkehren.“

      „Das hast du mir vorhin schon mal erzählt.“

      „Und du hast immer noch Bedenken?“

      „Ich bin skeptisch wegen der Marineaffen“, entgegnete O’Leary.

      „Tottenham wird es einsehen, ich habe ja neue, überzeugende Argumente“, sagte Stewart, wobei er fand, daß er auch die Wahl seiner Worte richtig getroffen hatte. Hölle, wußte ein Kerl wie O’Leary denn überhaupt, was Argumente waren?

      „Also gut“, sagte O’Leary. „Wir wissen jetzt wieder, wo die Schiffe von Hasard Killigrew und der Chinesenhure stecken. Tottenham und seine Offiziere werden sich’s wohl anhören – und dann?“

      „Dann rüsten wir zum Auslaufen. Waffen und Boote in ausreichender Zahl sind vorhanden. Tottenham hat auch allen Grund, einen vernichtenden Schlag gegen die Schwarzhaarige und den Killigrew-Bastard zu führen. Hast du vergessen, daß dieses Weib die ‚Orion‘ und die ‚Dragon‘ versenkt hat?“

      „Natürlich nicht. Aber Tottenham ist entschlußlos und hat keine Lust, seine Haut zu Markte zu tragen.“

      „Corbett schon.“

      „Corbett kannst du vergessen“, sagte O’Leary schroff. „Der ist viel zu ehrlich und geradlinig, der setzt das Leben der Männer nicht leichtfertig aufs Spiel. Mit Musketen und Pistolen gegen Schiffskanonen – darauf läßt der sich nicht ein.“

      „Und die restlichen Männer deiner Crew?“

      „Mit denen kann ich rechnen. Aber das sind zu wenige.“ O’Leary grinste plötzlich höhnisch. „Die Hosenscheißer wie Sandwich und Konsorten scheiden sowieso aus.“

      „Mit anderen Worten, du willst nicht mit Tottenham reden?“ fragte Stewart ziemlich aufgebracht.

      „Ich habe keinen Grund dazu.“

      „Der Gegner liegt in der Südbucht der Insel, und wir lassen ihn ungeschoren?“

      „Aber sicher doch“, erwiderte O’Leary mit dreistem Lächeln. „Was schert mich der Killigrew-Bastard? Der krepiert sowieso. Und die Chinesenhure? Soll sie doch selig werden. Und die anderen Spinner? Irgendwann knallen die Spanier sie ab. Sobald ihr Kapitän tot ist, werden sie ohnehin kopfscheu.“

      „Das siehst du falsch“, sagte Stewart nur mühsam beherrscht. Am liebsten wäre er aufgesprungen und hätte O’Leary die Faust mitten ins Gesicht geschlagen. Doch die Kerle der „Lady Anne“ schienen einmütig auf der Seite des Bootsmannes zu stehen, sie hörten auch auf sein Kommando. Einige von ihnen hatten wie O’Leary zu grinsen begonnen und stießen sich untereinander an. Thomas Lionel war aufgewacht und schaute sich verständnislos um, Simon Llewellyn beugte sich zu ihm und tuschelte ihm etwas ins Ohr.

      „Hör mal genau zu“, sagte Stewart. „Mit dem Besitz der beiden Schiffe, der Galeone und des Zweideckers, wäre das Problem unseres eigenen Schiffbruchs gelöst, das muß dir doch einleuchten.“

      „Na und?“ sagte O’Leary und lachte.

      „Unsere beiden Mannschaften brauchen sich nicht auf ein fragwürdiges Inseldasein einzurichten.“

      „Es sind drei Mannschaften.“

      „Tottenham kehrt mit seiner ‚Orion‘-Crew sicherlich nach England zurück. Dann bleiben nur noch wir, du und ich, mit unseren beiden Crews.“

      „Und was hast du vor?“

      „Ich würde meine Crew dazu zwingen, mir zu folgen“, erwiderte Stewart.

      „Die ist ja auch sehr gehorsam, wie?“

      „Zwingen, habe ich gesagt.“

      „Mit was denn, wenn man fragen darf?“ erkundigte sich der Bootsmann in geradezu aufreizend spöttischem Tonfall.

      „Mit der Waffe natürlich“, entgegnete Stewart, der sich jetzt kaum noch zügeln konnte.

      „Da spielen die nicht mit“, sagte O’Leary. „Die doch nicht.“

      „Vor allen Dingen dieser Gretton nicht“, fügte Simon Llewellyn hinzu.

      „Wer ist denn das?“ fragte Thomas Lionel.

      „Haltet ihr euer Maul!“ fuhr O’Leary sie barsch an. „Ihr habt sowieso von nichts eine Ahnung.“

      „So kannst du mit mir nicht reden!“ begehrte Simon Llewellyn auf.

      „Und mit einem Schwerverletzten wie mir erst recht nicht!“ stieß Thomas Lionel schrill hervor.

      „Hört auf“, sagte einer der Kerle, der in ihrer Nähe saß. „Fangt nicht wieder an zu streiten. Davon haben wir die Nase voll. Klar?“

      „Ganz klar“, antwortete Thomas Lionel kleinlaut. „Aber um was geht’s eigentlich.“

      „Um Gretton“, sagte sein Bruder. „Und um die Crew der ‚Dragon‘, die …“

      „Ruhe!“ schnitt O’Leary ihm das Wort ab. „Jetzt rede ich. Gretton ist drauf und dran, den Scheißkerl Corbett nachzueifern. Folglich können wir auch ihn vergessen. Und die Crew? Und die Seesoldaten? Die sind auch dafür, den Arsch einzuziehen.“

      „Nein!“ schrie Stewart. „Das stimmt nicht! Wenn sie wissen, daß es eine Chance gibt, das ganze Gold einzusacken, sind sie sofort mit Feuer und Flamme dabei!“

      „Quatsch, die sind nur müde!“ rief O’Leary. „Die haben keine Lust mehr, sich für eine fixe Idee blutige Köpfe zu holen.“

      „Für die was? Das ist keine fixe Idee!“

      „Mann, du kannst die Jagd nach der ‚Lady Anne‘ und ihrer Goldladung aufgeben!“

      „Das tue ich aber nicht“, sagte Stewart scharf. „Ich will das Gold.“

      „Du bist nicht mehr ganz richtig im Kopf, Stewart, das ist es“, sagte O’Leary verächtlich.

      Stewart sah ihn mit haßerfüllten Augen an. Noch stürzte er sich nicht auf ihn, aber die Situation trieb unweigerlich ihrem Höhepunkt entgegen, der nur in einem Handgemenge enden konnte. Aber wer würde den ersten Schlag führen? Er oder O’Leary? Das war hier die Frage.

      O’Leary, der Bootsmann der „Lady Anne“ war, alles in allem gesehen, ein genauso übler Kerl wie Kapitän Stewart. Aber in diesem Fall dachte er realistischer. Sie hatten keine Chance, die Männer der „Orion“ und „Dragon“ zu einem Abenteuer zu überreden. Die würden kalt ablehnen und höchstwahrscheinlich auch wieder mit Steinen nach ihnen werfen.

      Außerdem war O’Leary der Spatz in der Hand lieber als die Taube auf dem Dach. Der Spatz in der Hand – das waren die beiden Goldkisten unter der Achterducht der Jolle. Stewart saß buchstäblich mit seinem Hintern darauf, als habe er die Absicht, noch mehr Goldbarren auszubrüten.

      Das nüchterne Denken des grobschlächtigen O’Leary bezog sich auf die Tatsache, daß sie sich von den Männern auf der Grand-Cay-Insel nicht in aller Freundschaft, sondern im Krach getrennt hatten – vor allem von den zwölf eigenen Kumpanen von der „Lady Anne“. Die würden wahrscheinlich doch nicht mehr hinter O’Leary stehen, wie er behauptet hatte, und auch das war ein wichtiger Grund, die Insel nicht anzulaufen.

      Schließlich hatten diese zwölf der Jolle ja einen wüsten Hagel von Steinen nachgesandt, als sie aus der Bucht gesegelt war. Die zwölf Galgenstricke hatten also wohl oder übel zurückbleiben müssen, weil die Jolle sonst überladen gewesen wäre. Und ebenso auch die sieben vornehmen Affen des pinseligen Sir Henry – die wären nun wirklich überflüssiger Ballast gewesen.

      Haß würde also der Jollencrew am Strand der Bucht entgegenschlagen, nichts als blanker Haß. Im übrigen wollte O’Leary auch nichts mit der Marine Ihrer Majestät zu tun haben, von der sich seiner Meinung nach ja auch der alte Sir John Killigrew mit Recht getrennt hatte, um sein eigenes Süppchen zu kochen.

      Alle