Seewölfe Paket 12. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395019
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Schüsse konnten sie überhaupt abgeben? Mit beängstigender Geschwindigkeit schoben sich die Eingeborenen-Kanus heran. In jedem Boot saßen zehn vom Gesicht bis zu den Beinen bemalte Krieger – hundert Indios also gegen die winzige Besatzung der Galeone!

      Jesus, schoß es Sam Roskill noch durch den Kopf, gütiger Herr im Himmel, einmal muß es ja aus sein! Allmächtiger, hast du denn wirklich geglaubt, du könntest deinen Hintern noch bis zur Schlangen-Insel tragen und eines Tages vielleicht sogar noch bis nach Old England? Mann, wie überheblich bist du eigentlich?

      Für einen Mann, der den Tod so dicht vor Augen hatte, waren das eine ganze Menge Überlegungen und im Grunde auch erstaunlich sachliche Erwägungen. Aber wie denn – hätte er vielleicht schreien und um sein Leben betteln sollen? Nein, diese Blöße gab sich ein Sam Roskill nicht. Sollte er denn tatsächlich auf dieser Insel verrecken, so wollte er seinen Mördern dabei allenfalls noch höhnisch ins Gesicht grinsen.

      Er versuchte zwar noch, den Kerl abzuschütteln, der ihm am Arm hing, aber der klammerte sich derart hartnäckig fest, daß es von vornherein aussichtslos war. Sam drohte zu Boden zu gehen, konnte seine Waffen nicht mehr einsetzen und sah die Spitze des Speeres in diesem Augenblick auf sich zuzucken.

      Er ließ sich fallen und hoffte, dadurch dem tödlichen Speer zu entgehen. Aber auch das war eine Illusion, wie er wußte. Nein, es ließ sich nicht mehr vermeiden.

      Dann aber geschah etwas wirklich merkwürdiges – nein, fast grotesk wirkte das schon, wie der Kerl mit dem Speer jetzt doch wie angenagelt stehenblieb und zu schwanken begann, als habe er eine halbe Gallone Whisky im Leib.

      Der Speer fiel zu Boden. Der Indio brach in den Knien zusammen und fiel aufs Gesicht, und Sam konnte gerade noch den Pfeilschaft sehen, der mitten im Rücken des Mannes steckte, ehe er sich mit seinem anderen Gegner auf dem Untergrund überrollte und ihm dabei die linke Faust gegen die Schläfe knallte.

      Der Indio wollte ihn immer noch nicht loslassen, aber Sam brachte sich in eine günstige Lage, hob seinen Rücken, kniete sich auf die Ellbogen des Eingeborenen und hieb noch einmal zu, auf dieselbe Stelle wie vorher und diesmal noch ein bißchen kräftiger.

      Der Indio stöhnte nur noch ein bißchen, dann lag er still. Sam erhob sich, packte seinen Schiffshauer und blickte sich um.

      Jetzt hatte er die Erklärung für die unverhoffte Hilfe: Aus dem Dschungel stürzten wieder braunhäutige Gestalten hervor, aber diesmal waren es nicht die Krieger Surkuts, sondern die Männer aus dem Dorf des Häuptlings Tubuago. Natürlich – auch sie hatten die Schüsse vernommen und waren aufgebrochen, um ihren weißen Freunden zu Hilfe zu eilen.

      Im Eifer des Gefechts hatten weder Shane oder Sam noch die anderen Männer des Landtrupps an diese Möglichkeit gedacht. Der Einsatz der Insulaner erfolgte spät, aber vielleicht doch immer noch rechtzeitig genug.

      Sam hetzte los und reihte sich in die vorderste Gruppe der Krieger ein.

      „Dort entlang!“ schrie er und wies mit der Hand den Weg zur Ankerbucht. „Wir müssen sie erwischen, diese Schweinebande!“

      Obwohl er wußte, daß die Indios ihn nicht verstehen konnten, stieß er Verwünschungen gegen die Krieger Surkuts aus und wünschte sie alle zum Teufel, denn er mußte sich irgendwie Luft verschaffen.

      An der Spitze der Indios lief er durch eine Senke zur nächsten Hügelkuppe hinauf und traf gerade rechtzeitig genug ein, um Will Thorne, der in schwere Bedrängnis geraten war, Hilfe zu leisten.

      Drei Eingeborene hatten Will festgesetzt. Er schlug sich, so gut er konnte, aber er konnte sich nicht mehr lange halten.

      Sam ging mit einem Fluch dazwischen und schickte einen Gegner durch einen Entermesserhieb zu Boden. Er wollte sich den nächsten vornehmen, doch der fiel wie von selbst, weil ihn ein Pfeil getroffen hatte.

      Will tötete den dritten durch einen blitzschnellen Ausfall, dann sahen Sam und er, wer den Pfeil abgeschossen hatte. Es war Tubuago höchstpersönlich. Er stand inmitten seiner Krieger und schrie Befehle, legte einen neuen Pfeil an die Bogensehne und zielte auf Borago, den er in der Meute der Widersacher entdeckt hatte.

      „Gut so!“ schrie Sam Roskill. „Weiter so! Wir schaffen es, jetzt wendet sich das Blättchen!“

      Borago wollte sich auf Stenmark stürzen, doch ein Schuß, vom Seewolf abgeben, traf seine Schulter. Borago vollführte eine heftige Drehung und ging in die Knie, um ihn herum schien alles zu verschwimmen.

      Im nächsten Moment ging auf dem Hügel die Flaschenbombe Ferris Tuckers hoch, dort, wo sich nur die Indios der Nordinsel befanden, die versuchten, einen Bogen zu schlagen und den Seewölfen den Fluchtweg zur Ankerbucht abzuschneiden.

      Ein greller Blitz stach himmelan, Leiber wirbelten durch die Luft, und unter dem fetten schwarzen Rauch, der sich nach allen Seiten ausbreitete, schrien Surkuts Männer auf. Die Meute geriet ins Stocken. Tatsächlich schien sich eine Wende abzuzeichnen, denn die Seewölfe und die Krieger Tubuagos nahmen den Feind jetzt in die Zange.

      Doch in der Bucht dröhnten die Kanonen der „Isabella“. Schwer rollte der Donner über das Wasser gegen die Hänge der Insel Maracá an. Ein neues Drama nahm seinen Lauf.

      9.

      Der Anker war gelichtet, die „Isabella“ schwamm frei im Wasser der Bucht, aber die Kanus und Piraguas der Eingeborenen wimmelten bereits um sie herum wie Ameisen um den Leib einer großen Raupe. Al Conroy und Jeff Bowie zündeten die ersten beiden Geschütze der Steuerbordbatterie. Blacky verließ die Back und eilte ihnen – entgegen der Order des Seewolfs – zu Hilfe.

      Die Culverinen spien Feuer, Rauch und Eisen aus und rollten zurück. Al, Jeff und Blacky brüllten „Arwenack“, denn sie sahen die beiden am weitesten zurückliegenden Kanus der Gegner durch die Luft fliegen und in tausend Trümmer auseinanderfetzen. Doch es war eher eine Selbsttäuschung, an einen Sieg zu glauben. Die anderen Boote waren dicht neben der Bordwand, unerreichbar für die Schüsse der 17-Pfünder.

      „Al!“ schrie Ben Brighton. „An die vorderen Drehbassen! Die anderen – Musketenfeuer eröffnen!“

      „Aye, Sir!“ brüllte Al Conroy, und bei diesen Worten befand er sich schon auf dem Weg zum Vordeck, um es zu entern und die Hinterlader zu zünden.

      Ben hatte die Kampanje betreten und schwenkte eine der beiden achteren Drehbassen herum. Die Gabellafette erlaubte es, das kleine Geschütz in einen Schußwinkel zu bringen, in die man die Culverinen der „Isabella“ niemals hätte hieven können.

      „Bewegt euch, ihr müden Säcke!“ schrie Carberry auf der Kuhl. „Die Hunde dürfen den Kahn nicht entern, ich will keine dieser Kanaillen hier auf unserem feinen sauberen Deck sehen, verdammt noch mal! He, Kutscher, schmeiß mir einen Blunderbuss ’rüber, damit ich ihnen selbst eine Ladung Blei in ihre hohlen Schädel pusten kann!“

      Mit schrillen Lauten kletterten die Indios bereits an den Bordwänden hoch. Sie benutzten dazu keine Taue. Sie sprangen von ihren Booten aus bis zu den Stückpforten und zu den Rüsten hoch, klammerten sich wie die Affen daran fest und versuchten, sich durch die Pforten zu zwängen oder über das Schanzkleid zu klettern.

      Al Conroy hatte die vordere linke Drehbasse so weit herumgedreht und gesenkt, daß sie auf ein Kanu zielte, dessen Insassen gerade die letzten Yards Distanz zum Schiff zurücklegten. Bevor sie sich unter der Galion und dem Vorsteven verstekken konnten, senkte Al die glimmende Lunte auf das Bodenstück der Basse. Es krachte und fauchte, und das Geschütz ruckte in seiner Lafette, als wolle es sich losreißen.

      Gellendes Geschrei aus dem Kanu verkündete Al, daß er getroffen hatte. Er wechselte zu der anderen Drehbasse hinüber und wollte sie ebenfalls abfeuern, fand aber kein Ziel für die Kugel. Deshalb bückte er sich, griff sich eine Muskete und eilte zum Steuerbordschanzkleid der Back. Er beugte sich darüber, streckte die Waffe nach unten und drückte auf einen Indio ab, der sich das Hartholzmesser zwischen die Zähne geklemmt hatte und eben Anstalten traf, sich auf die Kuhl zu schwingen.

      Im Krachen der Muskete ließ