Seewölfe Paket 12. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395019
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vernehmen war.

      „Du brauchst dich nicht aufzuregen, Matt“, sagte er. „Das ist wieder so ein merkwürdiger Vogel – oder eine Riesenschlange, weiter nichts.“

      „Ihr Himmelhunde wollt euch wohl alle mit mir anlegen, wie?“ Matt grinste verkniffen. „Na, wartet, an mir beißt ihr euch die Zähne aus. Ich bin nicht so hitzig und jähzornig wie andere Leute.“

      Luke wollte sofort etwas darauf erwidern, weil die Bemerkung natürlich ihn betraf, aber jetzt geschah etwas Unerwartetes, Ungeheuerliches, so schnell, daß er nicht einmal ansatzweise zu einer Raktion gelangte.

      Hinter seinem Rücken war plötzlich ein verdächtiges Surren, etwa so, als steure ein großes Insekt auf ihn zu. Ein Schlag traf Luke zwischen die Schulterblätter, und ein heißer Dorn schien sich durch seine Haut in sein Fleisch zu bohren.

      Der Schmerz war eine tosende Woge, die in rasender Schnelligkeit durch seinen Körper raste und sein Bewußtsein ausschaltete.

      „Luke, verdammt!“ schrie Matt Davies. Er sah den Mann neben sich zusammenbrechen, ließ die Schöpfkelle los, griff nach seiner Muskete, die im Gras lag, und wirbelte gleichzeitig herum.

      Auch die sechs anderen Männer der „Isabella“ fuhren zum Busch herum und sahen die braunhäutigen Gestalten, die sich aus dem Dickicht aufrichteten und ihre Lanzen und Pfeile auf sie richteten.

      Boragos kompletter Trupp war am Nordufer gelandet, und auf dem Marsch zum Dorf des Häuptlings Tubuago hatten sie die Stimmen der Weißen vernommen. Daraufhin hatte Borago beschlossen, zuerst an den verhaßten „Viracocha“ Rache zu üben. Diesmal hatte er mehr Männer hinter sich, diesmal würde er nicht zurückweichen. Er hatte sich vorgenommen, lieber zu sterben, als noch einmal eine Niederlage hinzunehmen.

      „In Deckung!“ brüllte Big Old Shane, als jetzt ein ganzer Hagel von Pfeilen heranschwirrte.

      Die Männer duckten sich hinter die Wasserfässer. Stenmark entging um Haaresbreite einem der Pfeile, der auf seine Brust gezielt gewesen war. Wütend hob auch er seine Muskete – und er hätte wie Matt Davies und die anderen mitten in die Horde der Indios hineingehalten, wenn Shane nicht geschrien hätte: „Über ihre Köpfe zielen – gebt Warnschüsse ab!“

      Die Musketen krachten, aber die Eingeborenen zogen sich nicht zurück. Mit schrillen Rufen stürmten sie aus dem Dickicht. Ein paar Lanzen bohrten sich mit pochenden Lauten in die Wasserfässer, aus den entstandenen Löchern spritzte zischend das Naß.

      „Feuer frei auf die Kerle!“ rief Big Old Shane.

      Nur Sam Roskill und Will Thorne hatten ihre Flinten noch nicht benutzt. Jetzt drückten sie mit grimmigen Mienen ab – Sam mit einer Muskete, Will mit einem Tromblon, das auf diese kurze Entfernung die ideale Waffe gegen eine Übermacht von Feinden darstellte.

      Sams Kugel traf nur einen Indio, der auch sofort mit einem gurgelnden Laut zusammenbrach. Wills Ladung aus dem Tromblon mit der trichterförmig erweiterten Mündung jedoch – sie bestand aus gehacktem Eisen, Blei und Glas – brachte vier oder fünf der braunen, grell bemalten Kerle zu Fall. Blutüberströmt blieben sie liegen.

      „Pistolen ’raus!“ schrie Shane.

      Sehr schnell hatten die Seewölfe ihre Steinschloß-, Radschloß- und Schnapphahnschloßpistolen gezückt und die Hähne gespannt, und genauso flink drückten sie wieder auf die Krieger Surkuts ab, die sich offensichtlich in keiner Weise einschüchtern ließen.

      Wieder blieben einige Eingeborene auf der Strecke, aber die anderen stürmten weiter, schrien wie wahnsinnig und warfen sich auf die Männer der „Isabella“.

      Unter normalen Bedingungen hätten die Indios jetzt doch die „Feuerrohre“ der weißen Männer respektiert. Aber Koka und Ebena taten ihre Wirkung und ließen nicht einmal einen Anflug von Furcht in ihnen entstehen.

      Shane schätzte die Zahl derer, die jetzt noch auf seinen kleinen Trupp zusprangen, auf mindestens fünfzig. Dem ersten, der ihm zu Leibe rücken wollte, hieb er mit aller Kraft den Kolben seiner Radschloßpistole über den Kopf, den nächsten schickte er mit einem Fausthieb zu Boden. Aber die anderen drängten nach und schwangen ihre Speere und Messer gegen ihn, immer mehr, die Flut der Leiber schien nicht mehr abreißen zu wollen.

      Da blieb keine Zeit, die Feuerwaffen nachzuladen und wieder damit auf die Angreifer abzudrücken. Im Nu tobte ein Handgemenge, das von den Indios derart wild und verwegen geführt wurde, daß die kleine Schar der Seewölfe unterzugehen drohte.

      Matt Davies schützte den verletzten Luke Morgan mit seinem Körper. Er stand breitbeinig und leicht geduckt da und schwang sein Entermesser mit der gesunden Linken, während er mit seinem Eisenhaken, einer ebenfalls gefährliche Waffe, immer wieder nach den heulenden Kerlen schlug.

      Batuti hatte zunächst seinen Bogen von der Schulter nehmen wollen, aber im Nahkampf konnte er damit doch nicht mehr viel ausrichten. Also zückte er seinen Morgenstern, sprang ein Stück zur Seite und schwang ihn hin und her, so, daß er der Meute der Gegner damit in die Flanke fiel, seine eigenen Kameraden jedoch nicht gefährden konnte.

      Bob Grey, Stenmark, Will Thorne und Sam Roskill hatten jetzt auch ihre schweren Schiffshauer aus den Gurten gezogen und kämpften erbittert. Sie zogen alle Register, die ihnen zur Verfügung standen, doch sie mußten schnell erkennen, daß sie gegen die wie wahnsinnig um sich stechenden und schlagenden Indios auf verlorenem Posten standen.

      Big Old Shane brachte sich mit ein paar heftigen Säbelhieben neben Matt Davies und schrie: „Rückzug zum Schiff! Matt, du läufst vor und alarmierst Hasard! Ich nehme Luke mit! Los, räumen wir das Feld, bevor es zu spät ist!“

      Matt brachte sich mit einem Satz nach rechts.

      „Arwenack!“ brüllte er, dann versuchte er, eine Bresche in die Traube der Leiber zu treiben, die sie niederzuwalzen drohte. Er sah dicht vor sich das verzerrte Gesicht eines bulligen Indios auftauchen, riß den Eisenhaken hoch und setzte sich zur Wehr, aber obwohl er den Kerl traf, konnte er dessen vorschnellendem Hartholzmesser doch nicht mehr ganz ausweichen. Siedendheiß lief es ihm über den linken Arm. Er fluchte, spürte, wie die Kraft aus seinem Arm wich, ließ das Entermesser aber doch noch auf seine Widersacher niedersausen. Dann hielt er sich zwei Krieger vom Leib, die von rechts auf ihn zurückten, indem er mit dem spitzgeschliffenen Haken nach ihnen hackte. Er hörte sie aufschreien, sah sie zurückprallen und hatte den Weg frei.

      Er stürmte in Richtung Ankerbucht. Shane hatte unterdessen Luke Morgan vom Boden aufgehoben und ihn sich über die Schulter gelegt. Batuti hielt ihm den Rücken frei. Bob und der Schwede waren links und rechts neben ihm, um ihn ebenfalls zu schützen, während er Matt nacheilte. Will Thorne und Sam Roskill bildeten die Nachhut. Sie ließen die Wasserfässer und ihre leergeschossenen Musketen, die am Boden lagen, im Stich und trachteten, Abstand zwischen sich und die Indios zu bringen, doch diese gaben immer noch um keinen Deut nach – im Gegenteil, sie schienen jetzt noch mehr Energie darauf zu verwenden, die weißen Männer zu stoppen und niederzuschlagen.

      Sam Roskill fühlte sich plötzlich zurückgerissen: Ein Indio klammerte sich an seinem Arm fest und versuchte, ihm den Schiffshauer zu entwinden. Ein anderer sprang vor, hob seinen Speer und schickte sich an, die Spitze in Sams Brust zu jagen.

      8.

      Einige der Männer an Bord der „Isabella“ zuckten wie von Peitschenhieben getroffen zusammen, als an Land die Schüsse und Schreie erklangen.

      „Verflucht und zugenäht!“ schrie Old O’Flynn. „Shane und die anderen sind in eine Falle geraten! Der Teufel soll diese Scheiß-Maracá-Insel holen!“

      Hasard blickte zu Bill und zu Gary Andrews auf, die nach wie vor im Groß- und Vormars hockten.

      „Könnt ihr etwas sehen?“ rief er. „Gibt Shane uns vielleicht ein Zeichen?“

      „Nein, Sir!“ schrie Gary Andrews.

      „Zwischen den Hügeln steigt nur Pulverrauch auf!“ rief Bill.

      Der