Seewölfe Paket 12. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395019
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der einen Ducht kauerte. Luke lag reglos in seinen Armen. Wieder spürte der Seewolf die eiskalte Hand, die nach seinem Herzen griff, und in seinem Hals war ein dicker, pelziger Klumpen.

      Er kletterte zu Shane ins Boot und sagte: „Was ist, Shane? Ist er – tot?“

      Shane schüttelte den Kopf. „Nein. Ich habe ihm den Pfeil ’rausziehen können, sehr tief steckte er nicht. Irgendwie hat unser alter Morgan, dieser Hitzkopf, mächtiges Glück gehabt, denn eine seiner Rippen scheint die Pfeilspitze aufgehalten zu haben. Das weiß ich aber noch nicht genau, Sir, das kann uns bloß der Kutscher bestätigen.“

      „Los!“ rief Hasard. „Leg Luke hierher, zu mir, vor die Heckducht. Wenn wir uns nicht höllisch beeilen, sehen wir weden den Kutscher noch die anderen lebend wieder!“

      Ferris, Smoky, Pete, Dan, Batuti, Bob, Stenmark, Will, Matt und Sam waren jetzt auch eingetroffen, warteten ins seichte Wasser und schwangen sich in die Jollen. Sofort packten sie die Riemen und pullten an.

      Tubuago und seine Krieger waren ebenfalls heran. In Ermangelung ihrer Kanus, die an einem ganz anderen Platz der Insel lagen, gingen sie ins Wasser, klemmten sich ihre Messer zwischen die Zähne und begannen zu schwimmen, erstaunlich gewandt und schnell und ohne größeren Kraftaufwand. Wie Fische glitten sie durchs Wasser und folgten den Jollen, die Kurs auf die „Isabella“ nahmen.

      „Ferris“, sagte der Seewolf. „Halte dich mit den Flaschen bereit. Lieber jage ich unser eigenes Schiff in die Luft, als daß ich es mir von diesen Hunden wegnehmen lasse. Lieber versenke ich den verdammten Kahn, als daß ich unsere Leute abschlachten lasse.“

      10.

      Ben Brighton, Carberry, der Kutscher, Blacky, Gary, Al, Old O’Flynn, Jeff, Bill und die Zwillinge verteidigten die Kuhlgräting wie eine Festung. Ringsum waren die braunen Leiber, waren quirlige Bewegung und ohrenbetäubendes Geschrei, und wie Zähne hackten die Messer der Indios nach den Körpern der Gegner.

      „Wir können uns nicht mehr halten!“ brüllte Carberry. „Es gibt nur noch eine Möglichkeit, Ben!“

      „Ja!“ schrie Ben zurück. „Einer von uns muß versuchen, sich bis zur Pulverkammer durchzukämpfen. Wir sprengen uns mit dem Schiff in die Luft. Wir gehen alle vor die Hunde, aber wenigstens nehmen wir diese Dreckskerle mit auf die Höllenreise!“

      Old O’Flynn brach plötzlich mit einem Wehlaut zusammen. Ein Messerstich hatte ihn getroffen. Er preßte die Hand gegen die blutende Brust.

      Philip und Hasard packten seine Arme und zogen ihn ein Stück weiter zur Mitte der Grätin. Besorgt beugten sie sich über ihn, aber er grinste sie schief an und sagte: „Na, ihr Rübenschweinchen? Habt ihr noch nie einen alten Mann bluten sehen?“

      „Ihr gesengten Säue, ihr Teufelsbraten, ihr Hurensöhne!“ schrie der Profos die Indios an. „Euch haue ich reihenweise die Schädel ein, wenn ihr nicht das Deck räumt!“

      Aber selbst er, der wie ein Berserker kämpfte, mußte vor dem Ansturm der Leiber immer weiter zurückweichen.

      „Sorgt für Deckung!“ rief Ben. „Ich sehe jetzt zu, daß ich die Pulverkammer erreiche!“ Er wartete nicht länger, stieß sich von der Gräting ab, jumpte über die Köpfe und Rücken der Wilden und landete auf der Nagelbank. Hier ergriff er ein Fall, hangelte daran hoch und versuchte, die Fockwanten der Backbordseite zu erreichen, ehe Surkut und seine Kerle, die überall auf dem Hauptdeck zu sein schienen, ihn mit ihren Pfeilen herunterschießen konnten.

      Carberry, Blacky, Gary, Al und die anderen mit Ausnahme von Old O’Flynn brüllten wie verrückt und starteten eine heftige, verzweifelte Attacke auf die Indios, die sie wenigstens so lange ablenkte, wie Ben brauchte, um in die Webeleinen der Fockwanten zu gelangen. Er kletterte weiter nach oben. Ein paar Pfeile sirrten ihm nach, doch sie trafen ihn nicht.

      Er war jetzt beim Vormars und packte das Vormarsstag mit beiden Händen. Schon glitt er daran hinunter, in gezügelter Eile, nicht zu schnell, um sich nicht die Hände zu versengen. Die Indios quittierten es mit einem zornigen Geschrei, als er die Back erreichte.

      Von hier aus wollte Ben das Vordecksschott erreichen, nach unten in den Schiffsbauch steigen und in der Pulverkammer die Lunte entfachen, die ihrer aller Ende herbeiführen würde.

      Doch die Indios drohten ihm den Weg zum Schott abzuschneiden. Sie waren bereits auf beiden Niedergängen, die die Back mit der Kuhl verbanden und schoben sich mit gezückten Messern auf ihn zu.

      Ben schwenkte die eine Drehbasse herum, die Al Conroy vorher nicht mehr gezündet hatte. Er beugte sich zu dem Kupferbecken, in dem nach wie vor schwach die Holzkohle glomm, steckte das Luntenende hinein, richtete sich wieder auf und setzte das Zündkraut im Bodenstück des Geschützes in Brand. Er sprang zur Seite und wich so weit zurück, bis er an der vorderen Querbalustrade der Back war.

      Die Drehbasse wummerte, der Schuß fegte flach über die Back weg, lag aber immer noch so hoch über der Kuhl, daß er die Männer auf der Gräting nicht gefährden konnte. Ben hatte keine Zeit gehabt, die Basse sorgfältig zu justieren, aber der Schuß nahm immerhin zwei oder drei Gegner mit, und plötzlich war der Backbordniedergang wieder frei. Ben konnte, wenn er sehr schnell war, bis in die Kombüse gelangen und von dort aus zu der Pulverkammer der „Isabella“ gelangen.

      Hasard und seine Begleiter enterten bereits an der Backbordseite der „Isabella“ auf – unbemerkt von Surkut und seinen Indios, die sich alle an Bord der Galeone befanden –, als der Drehbassenschuß krachte.

      „Das können nur unsere Leute gewesen sein“, zischte Hasard Ferris Tucker zu, der gleich unter ihm an der Jakobsleiter hing. „Die Indios können unsere Geschütze nicht zünden, sie sind mit ihrem Umgang nicht vertraut.“

      „Also gibt es doch noch eine Hoffnung?“

      „Vielleicht. Warte mit den Höllenflaschen, bis ich dir den Befehl dazu gebe, sie einzusetzen.“

      Vorsichtig schob er sich weiter hoch, verhielt über den Rüsten und spähte durch eine der Stückpforten. Zwischen dem Süll und dem bauchigen Rohr der Culverine konnte er gerade die Köpfe seiner Männer sehen, die auf der Gräting standen und sich erbittert gegen die Indios zur Wehr setzten. Surkuts Krieger tobten vor Wut, sie schienen zum entscheidenden Schlag auszuholen.

      Hasard kletterte höher und glitt über das Schanzkleid. Noch hatten die Indios ihn nicht bemerkt – weder ihn noch die anderen Männer, die jetzt behutsam auf das Hauptdeck stiegen.

      Auch Tubuago und dessen Leute hatten schwimmend das Schiff erreicht. Sie enterten von allen Seiten, schienen mit ihren Leibern an den Bordwänden zu kleben.

      Hasard sah einen besonders großen Federbusch aus der Masse der braunen Leiber hervorragen, und er folgerte richtig, daß es sich bei dem Träger dieses Kopfputzes um den Häuptling der Nordinsel handeln mußte. Diesen Mann beschloß er, sich herauszugreifen.

      Plötzlich stürmte der Seewolf mit erhobenem Degen vor und warf sich in das Meer der Leiber. Sein Angriff erfolgte so überraschend für die Indios, daß sie nicht sofort auf die neue Gefahr reagierten, und diese wenigen Atemzüge genügten Hasard, bis zu Surkut zu gelangen.

      Er zog ihm die Spitze des Degens schräg von links nach rechts über die nackte Brust, und zu der roten Bemalung des Mannes fügte sich eine neue rote Spur, die nicht im Einklang mit den übrigen Kriegszeichnungen stand.

      Ungeachtet der tödlichen Gefahr, die neben und hinter ihm war, trieb der Seewolf den entsetzten Kerl vor sich her bis zum Steuerbordschanzkleid. Jetzt endlich erlangte Surkut die Fassung wieder. Heftig wechselte sein Mienenspiel, sein Mund zuckte, in seinen Augen glomm das Feuer des Wahnsinns. Er brüllte, hob das Kaoba und wollte damit auf Hasards Gesicht einstechen.

      Doch der Seewolf war auf der Hut. Er sprang ein Stück zurück. Der heimtückische Stoß mit dem Messer ging ins Leere. Hasard unternahm einen neuen Ausfall und drängte Surkut bis an eine der Culverinen zurück, so daß der Kerl jetzt in die Enge getrieben war und keinen Ausweg mehr hatte.

      „Arwenack!“