Herz und Totschlag. Aj Sherwood. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Aj Sherwood
Издательство: Bookwire
Серия: Jons übernatürliche Fälle
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783948457150
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er hier auftauchte, und habe Jim eine Nachricht geschickt. Er hat eine wirklich sympathische Aura. So ähnlich wie du.«

      Donovan, der den Atem angehalten hatte, stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus. »Und das hast du auch Jim gesagt? Danke, Carol. Jetzt schulde ich dir definitiv ein Essen.«

      »Warum machst du dir überhaupt solche Sorgen?«, wollte ich wissen. So wie er drauf war, hatte ich allmählich das Gefühl, dass ich noch nicht die ganze Geschichte kannte. »Hier geht es gar nicht nur um uns, oder?«

      »Nein. Ich mache mir auch Gedanken um ihn«, gab Donovan zu und rieb sich den Nacken.

      Das war eine Antwort und dann auch wieder nicht. »Ich weiß, dass er eine Weile flachgelegen und die letzten sechs Monate nicht gearbeitet hat. Er ist aus medizinischen Gründen ausgeschieden, oder?«

      »Das schon, aber …« Als er sah, dass Carol ihm nicht folgen konnte, erklärte er: »Garrett war mit mir bei der Army, und vor etwa acht Monaten wurde er aus medizinischen Gründen entlassen. Kreuzbandriss.«

      Carol zuckte zusammen. »Der Arme. Ist es nicht ausgeheilt?«

      »Doch, das schon, und er kann sein Knie auch wieder voll belasten. Aber bei der Army ist ein Kreuzbandriss nun mal ein Todesurteil. Damit gilt man als nicht mehr diensttauglich, also wurde er entlassen, obwohl er eigentlich bleiben wollte. Garrett bekommt das Herumsitzen nicht besonders. Er hat schon während der Reha fast einen Koller bekommen, hat sich den Kopf darüber zerbrochen, was er jetzt tun soll – so wie ich, bevor ich hierherkam. Ich hätte ihn gerne bei der Psy, ihm zuliebe und euch allen zuliebe. Er braucht eine sinnvolle Aufgabe, einen Job, bei dem er auf Zack bleibt. Hier hätte er den.«

      »Und es hätte den doppelten Vorteil, dass wir hier dann noch jemanden hätten, dem wir vertrauen können, wenn es mal brenzlig wird?«, führte Carol nachdenklich weiter aus. »Rundum eine Win-win-Situation, verstehe. Ich glaube, Jim war schon halb überzeugt, weil du ihn empfohlen hast, und Garrett ist auf jeden Fall sehr einnehmend. Er hat mich gegrüßt, als er hereinkam. Ich muss allerdings gestehen, dass ich ihn niemals für einen ehemaligen Soldaten gehalten hätte, wenn ich nicht gewusst hätte, dass er bei den Special Forces war.«

      Das konnte ich gut verstehen. Donovan sah tatsächlich aus wie ein Soldat, groß gewachsen und imposant, ein Alphatier im besten Sinne. Das konnte man von Garrett Wilson nicht gerade sagen. Er war so sehr das Gegenteil von Donovan, dass sie nebeneinander schon fast komisch wirkten.

      Ich konnte durch das Panoramafenster in Jims Büro hineinschauen. Garrett saß mit dem Rücken zu uns, also sah ich nicht viel außer seinem Kopf und den Schultern: ordentlich gekämmte, kurze blonde Haare und ein gut sitzendes khakifarbenes Jackett. Aber dieser eine Blick auf ihn sagte mir eine ganze Menge.

      »Wie hell ist er denn?«, fragte Donovan neugierig. In seiner Stimme lag keinerlei Zweifel, dass sein Freund in meinen Augen besonders hell leuchtete. Das hatte er mich noch gar nicht gefragt, seit ich Garrett kennengelernt hatte. Es hatte auch noch nie so recht gepasst.

      »Ganz schön hell«, erwiderte ich, während ich noch Garretts Rücken anstarrte.

      Als hätte er es gespürt, drehte sich Garrett zu uns um, bemerkte Donovan, grinste und sagte dann etwas, worüber Jim lachen musste. Na bitte, wenn sie während eines Vorstellungsgesprächs Witze machten, dann lief es ja wohl bestens.

      »Er bringt immer alle zum Lachen«, stellte Donovan kopfschüttelnd fest. Er wirkte hauptsächlich amüsiert. »Sieht so aus, als ob alles wunderbar läuft. Vielleicht habe ich mir umsonst Sorgen gemacht.«

      »Das würde ich auch sagen.« Carol trank noch einen Schluck, dann verkündete sie umstandslos: »Und ich würde gerne Sushi zu Mittag essen.«

      »Schick mir eine E-Mail mit deiner Bestellung, und ich besorge dir welches«, versprach Donovan, den das nicht weiter zu irritieren schien.

      Sie tätschelte seinen Arm und schlenderte in ihr Büro.

      Da wir auch zu tun hatten, begab ich mich in meines und schaute mir noch einmal an, was heute anstand: ein paar Vernehmungen am späten Vormittag und am Nachmittag, ein neuer Fall von Marcy, der auf den ersten Blick etwas abstoßend aussah (oh bitte, nicht noch ein Fall mit Fremdgehen!), und ein paar Abrechnungsbögen, die ich abzeichnen musste. Die nahm ich mir zuerst vor. Sharon hatte eine ganz klare Meinung zu Abrechnungsbögen, die zu lange auf Schreibtischen herumlagen. Als sich das letzte Mal mehr als fünf bei mir angesammelt hatten, hatte sie so einige Worte darüber verloren, und keins davon war kein Kraftausdruck gewesen. Donovan kümmerte sich unterdessen um die E-Mails.

      Etwa fünfzehn Minuten später verdunkelten zwei Silhouetten die Tür, und ich sah auf. Garrett und Jim standen im Türrahmen, beide ein Lächeln auf dem Gesicht. Garrett sprühte förmlich vor Glück und Vorfreude, also brauchte ich mich gar nicht erst zu erkundigen, wie Jims Entscheidung ausgefallen war.

      »Ja?«, fragte Donovan hoffnungsvoll, während er sich in seinem Stuhl umdrehte und nach vorn beugte, bereit, jeden Moment aufzuspringen.

      »Tja, Havili, jetzt hast du mich wieder an der Hacke«, informierte Garrett ihn zufrieden.

      Donovan erhob die Faust in Siegerpose, dann machte er einen Riesenschritt auf Garrett zu, hob ihn mit beiden Armen hoch und drückte ihn einen Moment fest an sich, bevor er an seinen Platz zurücksprang. »Yes! Danke, Jim!«

      »Ich hatte Ihre Empfehlung und Carol, die mich gedrängt hat, ihn einzustellen, da wäre ich ein Idiot, wenn ich den Mann nicht genommen hätte«, antwortete Jim. »Außerdem denke ich, dass er gut zu uns passt. Ich bin allerdings überrascht, dass Sie nichts gesagt haben, Jon.«

      »Damit uns niemand Vetternwirtschaft vorwerfen kann«, erklärte ich, während ich aufstand, um auch zu gratulieren. »Donovan wollte ihn unbedingt. Na dann: Willkommen bei der Psy, Garrett.«

      »Danke, Mann. Ich freue mich wirklich, hier anzufangen.«

      Nachdrücklich empfahl ich ihm: »Geh am besten zuallererst bei Sho vorbei. Das ist unser IT-Experte. Er kann dir alle EMP-Schutzeinrichtungen geben, die du brauchst, wenn du dich in meiner Nähe aufhalten willst.«

      Dem breiten Lächeln auf seinem Gesicht nach zu schließen, amüsierte ihn das. »Bane, du gibst dem Charakterzug ›elektrisierend‹ eine ganz neue Bedeutung. Ich habe das Gefühl, dass es ein großer Spaß sein wird, mit dir zusammenzuarbeiten. Und wenn ich dabei nur Mäuschen spiele.«

      »Das kann schon sein«, sagte ich leicht angesäuert. Immerhin schien er Humor zu haben.

      »Tyson ist wegen eines anderen Falls unterwegs«, teilte Jim uns mit. »Ich würde Wilson also gerne bei Ihnen mitlaufen lassen. Dann können Sie ihm alles zeigen, bis Tyson zurück ist und ihn weiter einarbeiten kann. Ich gehe mal davon aus, dass das für Sie okay ist.«

      »Absolut«, versicherte Donovan strahlend. »Das wird ein Spaß. Genau wie früher.«

      »Das klingt ja, als wären wir uralt.« Garrett gab Donovan einen spielerischen Schubs. »Das muss ich mir verbitten. Ich möchte das sehr deutlich machen, Havili. Ich bin nicht alt. Ich bin jünger als du.«

      »Ganze drei Tage …«, erwiderte Donovan ironisch.

      »Jünger ist jünger. Ich muss mir von dir nichts gefallen lassen.«

      »Als Ältester in dieser Agentur, und zwar um ganze zehn Jahre, möchte ich Sie beide jetzt bitten, den Mund zu halten«, sagte Jim mit einem Schmunzeln, das die Lachfältchen um seine Augen hervortreten ließ, und deutete zur Untermalung auf seine grau gesprenkelten Haare. »Ich mache mich mal an den Papierkram. Donovan, wenn Sie ihn fertig ausgestattet haben, bringen Sie ihn wieder zu mir. Und bitte halten Sie sich bereit, alle drei. Ich habe eine E-Mail von einem fremden Revier bekommen. Wir sind offiziell angefordert worden.«

      Ich richtete mich auf und versuchte, seine Emotionen zu lesen. Es war ein Knäuel aus Neugier, Wissbegier, Nervosität und einer Spur Angst. »Oha. Schlimm?«

      »Jedenfalls nicht gut«, brummte Jim, dann wandte er sich an die anderen. »Sie werden es beide noch sehen: Wenn wir von einem fremden Revier als