Herz und Totschlag. Aj Sherwood. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Aj Sherwood
Издательство: Bookwire
Серия: Jons übernatürliche Fälle
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783948457150
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ganz offensichtlich nicht trainiert und schlug wild um sich, ohne die Kontrolliertheit eines geübten Boxers. Beim nächsten unkoordinierten Schlag benutzte Donovan seinen Schwung, um das Handgelenk des Angreifers festzuhalten und ihn damit vollends aus der Balance zu werfen.

      Fast schon schneller, als ich gucken konnte, hatte Donovan ihn flachgelegt und auf die Seite gedreht. Er hielt ihn in einem typischen Krav-Maga-Griff und bog ihm den rechten Arm nach hinten, bis der Ellbogen an Donovans Brust lag und die Hand unter Spannung stand. So konnte er ihm mit einem Ruck ohne Weiteres das Handgelenk brechen, falls es notwendig sein würde.

      Adams versuchte, sich zu wehren, wand sich wie eine Raupe und brüllte immer noch, ohne Worte von sich zu geben. Dann kam der Moment, in dem er sichtlich akzeptierte, dass er Donovans Griff nicht entkommen würde. Tränen strömten über seine Wangen, als seine Wut von Kummer und Schmerz abgelöst wurde.

      Ich setzte vorsichtig einen Fuß nach draußen und fragte meinen Lover: »Okay?«

      »Ich bin unverletzt«, beruhigte er mich. »Und ich habe ihn.«

      Dank allen Engeln des Himmels. Ich wusste sehr wohl, dass mein Donovan stärker war als der Durchschnittsmann, aber wenn Menschen dermaßen ausrasteten, völlig aus der Bahn geworfen von Wut und Schmerz, konnten sie gefährlicher werden als ein tollwütiger Wolf. Ich war erleichtert, Donovan ganz ruhig dasitzen zu sehen, die Situation voll im Griff. »Sho hat schon die Cops gerufen.«

      »Dann sind sie bestimmt gleich da.« Donovan schaute hinunter auf den Mann auf dem Boden, so etwas wie Mitleid im Blick. »Adams, Sie Trottel. Was haben Sie sich nur dabei gedacht?«

      »Wenn Ihre dumme Schwuchtel einfach die Fresse gehalten hätte, wäre meine Frau jetzt noch bei mir und nicht im Knast«, presste Adams hervor, der plötzlich wieder wütend wurde und sich unter Donovan aufbäumte. Er zischte auf, als das einen heftigen Schmerz durch sein Handgelenk jagte. Er ließ wieder locker, allerdings nicht freiwillig.

      »Sie hat Sie mit drei Typen betrogen und den einen sogar umgebracht. Glauben Sie mir, Mann, sie wäre bestimmt nicht mehr da. Außerdem – wieso glauben Sie eigentlich, dass Sie vor ihr sicher gewesen wären?«

      Adams schluchzte auf, offenbar im Zustand seliger Verdrängung: »Sie hätte mir niemals etwas getan. Sie liebt mich.«

      Meine persönliche Meinung dazu war, dass es keine Liebe war, wenn man jemanden mehrmals betrog. Aber Adams war gerade definitiv nicht bereit, sich das anzuhören, und ich wollte es Donovan nicht noch schwerer machen, also hielt ich die Klappe.

      Mit quietschenden Reifen, heulender Sirene und blinkendem Blaulicht fuhr ein Polizeiwagen vor. Ich erkannte den Mann und die Frau in Uniform und grüßte sie mit einem müden Winken. »Hallo, Lang, hallo, Clark.«

      »Sind Sie okay?«, fragte Clark, während sie auf mich zulief. Sie hatte schon nach den Handschellen gegriffen.

      »Niemand verletzt«, beruhigte Donovan sie. »Haben Sie ihn, Lang?«

      »Ich habe ihn«, bestätigte der kräftige Polizeibeamte mit einem finsteren Stirnrunzeln auf dem runden Gesicht. Lang war nicht groß, aber gebaut wie ein kleiner Panzer. Ich hätte mich ehrlich gesagt noch nicht mal an einem guten Tag mit ihm anlegen wollen. Er hielt die Handschellen fest, die Clark um Adams’ freie Hand legte, dann schloss er sie um das andere Handgelenk. Er ließ Donovan aufstehen und zog Adams hoch. »Was zum Teufel war denn hier los?«

      »Er ist der Ehemann einer Frau, die ich heute vernommen habe«, erklärte ich kurz, während ich förmlich fühlen konnte, wie sich unser Zeitfenster schloss. Wir würden nicht innerhalb der nächsten Stunde nach Hause kommen. »Jetzt ist sie in Haft und sieht einer Anklage wegen Mordes entgegen.«

      »Aha, das Übliche also.« Clark nickte wissend. Ein Hauch von Empathie huschte über ihre Energiebahnen, aber hauptsächlich sah ich schwarzen Humor. Andererseits war Clark schon viele, viele Male gekommen, um auf mein Geheiß Leute in Gewahrsam zu nehmen. »Also gut, wir nehmen ihn mit. Ich brauche eine Aussage von Ihnen beiden.«

      »Na klar«, antwortete ich müde. Verdammt, ich wollte heute nicht noch ein weiteres Mal aufs Revier. Aber ohne unsere Aussagen konnten sie ihn nicht einsperren.

      Donovan trat zu mir, legte mir den Arm um die Taille und drückte mich kurz. Ich lehnte mich dankbar an ihn, schon weit über den Punkt der Erschöpfung hinaus. Und der Tag war noch nicht zu Ende. Mir war nach Fluchen zumute, aber mir fiel kein Kraftausdruck ein, der derb genug gewesen wäre.

      »Wir kommen sofort nach«, versicherte Donovan den Beamten. Dann senkte er die Stimme und sagte: »Verdammt noch mal. Das ist genau der Grund, warum ich Garrett gerne bei der Psy hätte.«

      Ich verspürte plötzlich den Impuls, unseren Chef in Schutz zu nehmen. »Hey. Du weißt genau, dass Jim sich alle Mühe gibt, uns zu beschützen.«

      »Ja, klar, aber überall kann er eben nicht sein. Tyson ist auch fast nie rechtzeitig zum Dienstschluss wieder im Haus. Es wäre wirklich nicht verkehrt, einen weiteren starken Mann zu haben.« Er zog mich an sich. »Aber hey. Immerhin habe ich dein Schlüsselbund gefunden. Es lag tatsächlich auf dem Schreibtisch.«

      Ich prustete leise. »Gib schon her. Und ruf am besten Garrett an. Wir sind nie im Leben rechtzeitig zu Hause.«

      »Wie wäre es, wenn ich ihm sage, dass er zu meinen Eltern gehen soll? Bei Mom kriegen wir sicher alle etwas zu essen.«

      »Du bist ein Genie.« Ich hatte heute so was von keine Lust, zu kochen. Alani liebte es, uns mit Essen zu versorgen, hauptsächlich, weil sie uns dadurch regelmäßig zu sehen bekam. Und ihre Kochkünste waren himmlisch. Diese Frau hatte wirklich ihre Berufung als Sterneköchin verfehlt.

      Wenigstens eine Sache würde heute gut laufen.

      * * *

      Alani verkörperte alles Gute in diesem Universum, also erwartete uns ein gedeckter Tisch, nachdem wir endlich das Revier hatten verlassen dürfen. Der Duft stieg mir verführerisch in die Nase. Ich hatte seit acht Stunden nichts gegessen, und mein Magen ließ mich sehr deutlich spüren, wie inakzeptabel das war.

      Da ich das Haus nicht betreten konnte, war draußen auf der hinteren Veranda für uns gedeckt. Glücklicherweise war es heute schön und noch warm genug. Der Himmel mochte wissen, was wir im Winter machen würden. So weit hatte ich noch nicht vorausgedacht. Alani sah uns durch das Gartentor kommen und hüpfte gleich von der Veranda herunter, um mich zu umarmen. »Jon, mein armer Junge. Du hast ja einen schlimmen Tag hinter dir, so wie es sich anhört.«

      »Gleich mehrere.« Ich genoss die Umarmung in vollen Zügen. Havilische Umarmungen waren unübertroffen, das würde ich vor jedem Gericht beschwören. »Vielen Dank, dass du für uns gekocht und Garrett unterhalten hast. Das hat uns wirklich eine Last von den Schultern genommen.«

      »Aber natürlich, jederzeit.« Sie ließ mich los und umarmte ihren Sohn. »Ihr habt bestimmt Hunger. Es gibt heute nur Garretts Leibspeisen.«

      »Und die werde ich auch garantiert nicht teilen«, ließ sich eine laute, mir unbekannte Tenorstimme vernehmen. »Da habe ich überhaupt keine Skrupel.«

      Donovan lachte leise. »Ich hab’s mir schon gedacht, dass das dein Pick-up in der Einfahrt sein muss, Wilson. Beweg deinen Arsch hier rüber, und lass dich umarmen!«

      Ein Mann, den ich bisher nur von Skype und Fotografien kannte, kam von der Veranda herunter, ein breites, koboldhaftes Grinsen auf dem Gesicht, und ich schaute mir Garrett Wilson zum ersten Mal richtig an. Er sah ein bisschen anders aus, als ich erwartet hatte. Erstens war er ziemlich klein. Kaum größer als eins siebzig, darauf hätte ich meine Weste verwettet. Dafür war er drahtig, und man konnte ahnen, wie viel Kraft in ihm steckte. Seine blonden Haare trug er nach wie vor militärisch kurz geschnitten, und er war immer noch tief gebräunt von der langen Zeit in der Wüste. Garrett sah weder besonders gut aus, noch wirkte er körperlich bedrohlich – von außen war er ein typischer Jedermann.

      Aber der Schein konnte bekanntlich trügen.

      Bisher hatte ich noch nicht viele Menschen gesehen, deren Beschützerinstinkt an den von Donovan heranreichte,