Flamme von Jamaika. Martina Andre. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Martina Andre
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788726292879
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geschehen, dass er sie zärtlich küsste.

      «Ich werde dich nicht enttäuschen, das verspreche ich dir.»

      Edward machte ein feierliches Gesicht.

      Als er ging, blieb Lena in der unbestimmten Hoffnung zurück, dass er die Wahrheit sagte.

      Kapitel 6

      August 1831 // Jamaika // Sklaventreiber

      Es verging fast eine Woche, bis Edward sein Versprechen, den Hochzeitstermin festzulegen, endlich einlöste. Er hatte per Boten mit seinem noch immer abwesenden Vater korrespondiert, und die beiden hatten sich schließlich auf einen baldigen Hochzeitstermin festgelegt, der ihr aber noch immer nicht konkret genannt wurde.

      Mit einem romantischen Abendessen zu zweit auf der Terrasse des Herrenhauses kam er Lenas Unmut zuvor.

      Überraschend zog Edward noch vor dem Dinner ein schwarzes Kästchen aus seiner Jackentasche und überreichte es ihr mit feierlicher Miene.

      «Ich möchte mich bei dir entschuldigen», erklärte er. «Für alles, was seit deiner Ankunft zwischen uns schiefgelaufen ist.»

      Sprachlos nahm Lena das Geschenk entgegen und klappte es auf.

      Zum Vorschein kam ein kostbares, mit Diamanten besetztes Goldarmband, das ihr glatt den Atem verschlug. Edward nahm es ihr wortlos ab und legte es um ihr schlankes Handgelenk. Es saß perfekt.

      «Seit deiner Ankunft hatte ich noch keine Gelegenheit, dir zu sagen, wie dankbar ich bin, dass du das alles auf dich genommen hast, um zu mir zu kommen und meine Frau zu werden», erklärte er selig lächelnd wie ein Engel.

      «Danke», wisperte sie fassungslos, nicht fähig, den Blick von seinem wunderbaren Geschenk abzuwenden.

      Ihre Drohung, notfalls nach Europa abzureisen, wenn er sein Verhalten nicht änderte, verpuffte wie der Rauch seiner Pfeife, die er sich nach dem Essen angezündet hatte. In knapp zwei Wochen würde Lena nicht nur seinen ehrenwerten Namen, sondern auch sein Bett mit ihm teilen, wie Edward mit einem süffisanten Lächeln hinzufügte, das sie angesichts dieser gelungenen Überraschung nicht weiter hinterfragen wollte.

      Schon am nächsten Tag beauftragte Edward seinen Verwalter, einen dicklichen Endvierziger mit dem seltsamen Namen Archibald Bluebird, und dessen ältlichen Sekretär Peter Hogsmith mit der geschäftsmäßigen Planung der Feierlichkeiten. Schließlich mussten Dutzende von Einladungskarten geschrieben, der Priester bestellt und der Einkauf von Lebensmittelvorräten und Getränken erledigt werden. Hinzu kamen Dekoration und Musik.

      «Edward zeigt sich mir gegenüber nur von seiner allerbesten Seite», versicherte Lena ihrer Gesellschafterin, die nach wie vor an der Charakterstärke des Bräutigams zweifelte.

      Inzwischen ging es auch Maggie wieder so gut, dass sie sich sogar das Reiten zutraute. Nach dem Mittagessen wollte Edward ihnen endlich die Zuckerproduktionsstätten im Süden der Plantage zeigen, wo aus frischen Zuckerrohrstangen granulierter Zucker gewonnen wurde. Maggie, die froh war, endlich etwas mehr von ihrer neuen Umgebung kennenzulernen, stand bereits bei den Pferden.

      Es war ein sonniger, aber etwas windiger Tag, und Lenas Freundin steckte sich vorsichtshalber den Hut mit weiteren Nadeln auf ihrem schwarzen Haar fest, bevor es losgehen sollte. In ihrem sandfarbenen, schweren Reitkleid, das Lena ihr noch vor der Abreise hatte anfertigen lassen, sah sie selbst aus wie eine Gutsherrin. Dieser Titel stand eigentlich Lena zu, die ganz in Dunkelrot gekleidet eine ebenso gute Figur auf ihrer fuchsbraunen Vollblutstute machte. Edward hatte ihr das edle Tier im Zuge seiner Versöhnungskampagne nachträglich zur Verlobung geschenkt. Eine wunderbare Geste, die sie tief beeindruckt hatte und ihre Zweifel an ihm endgültig verstummen ließ.

      In den Tagen zuvor hatte er ihr bereits die nahegelegenen Anbaugebiete beschrieben, mit denen Redfield Hall seinen Unterhalt und einen Großteil des Vermögens der Blakes auf Jamaika erwirtschaftete. Nun wollte Edward mit den beiden Frauen in den Parish St. Thomas-in-the-Vale reiten, wo die Blakes weitere Ländereien besaßen, die für den Umsatz der Plantage nicht weniger wichtig erschienen.

      Lena war ganz sprachlos, als sie das weite, sonnenüberflutete Land erblickte, das zwischen halbhohen Bergen und glitzernden Flüssen wie ein wahres Paradies anmutete. Die Blakes bauten hier Tabak und Früchte aller Art an, darunter Ananas, Mangos und Bananen. Aber die wichtigste Einnahmequelle waren das Zuckerrohr und der Rum, den sie in Southwater, einer zehn Meilen vom Haupthaus entfernten Destille, für den gesamten europäischen und amerikanischen Markt brannten.

      «Etwa dreihundert Sklaven sind in der Haupterntezeit ausschließlich für die Zulieferung der mannshohen, frisch geschlagenen Zuckerrohrstangen zuständig», berichtete er vergleichsweise nüchtern, als sie zu Pferd das erste Anbaugebiet erreichten. «Mit Ochsengespannen werden die Stangen in eine riesige Scheune gebracht, wo sie zu Saft verarbeitet werden, der anschließend für die Gärung vorbereitet wird.» Als sie die Brennerei passierten, erkundigte sich Lena nach dem Namen des Rums, weil sie wissen wollte, ob sie vielleicht schon mal etwas davon gehört hatte.

      «Southwater Gold steht auf dem Label», erklärte Edward mit offensichtlichem Stolz in der Stimme.

      Nach einem zweistündigen Ritt erreichten sie endlich das Herzstück der eigentlichen Zuckergewinnungsanlage. Haushohe Scheunen und lang gezogene Lagerschuppen umgaben die überdachte Zuckermühle, die in Erntezeiten von vier Mulis angetrieben wurde. Hinzu kamen noch Verladerampen, Ställe und Unterkünfte für die Sklaven. Lena fiel auf, wie armselig die Hütten ausfielen, und sie erschrak beim Anblick von ein paar schwarzen Kindern, die beinahe nackt und mit aufgedunsenen Bäuchen umherliefen. Die Mütter steckten in sackähnlichen, blauen Arbeitskitteln und zogen die Kleinen nach einer hastigen Verbeugung vor Edward und seinem Gefolge in ihre primitiven Behausungen. Lena glaubte, neben Ehrfurcht auch Angst in ihren Blicken gesehen zu haben.

      «Im Moment ist noch keine Erntezeit für Zuckerrohr», erklärte Edward und wies mit seiner Reitgerte auf die Felder in der Umgebung, auf denen die noch jungen Schösslinge in langen, dicht nebeneinanderstehenden Reihen bis zu zwei Meter hoch aufragten. «Bis Ende des Jahres werden sie leicht das Doppelte an Länge und Gewicht zulegen.»

      Etliche Sklavinnen waren zwischen den Setzlingen damit beschäftigt, die Pflanzen mit Hilfe von eigens gegrabenen Kanälen zu wässern und sie von Unkraut zu befreien. Eine anstrengende Arbeit, wie es Lena schien, denn die Frauen mussten in gebückter Haltung und ohne Schuhwerk durch den Schlamm stapfen.

      «Geerntet wird erst ab Dezember», fuhr Edward mit seinen Erläuterungen fort. «Und dann muss alles rasend schnell gehen. Bis Mai muss die gesamte Ernte eingefahren sein, weil dann die Regenzeit einsetzt und uns die Stangen ansonsten auf den Feldern verfaulen.»

      Als sie einen überdachten Unterstand erreichten, sprang er vom Pferd und half ihnen, ebenfalls abzusteigen. Er wollte ihnen den weiteren Verlauf der Zuckerherstellung anhand der vielen Maschinen erklären, die in der angrenzenden Scheune standen. Ein paar Sklaven, die im Inneren auf einer Bank gesessen hatten, sprangen auf, als sie von Edwards Eintreten überrascht wurden.

      In Panik, so kam es Lena vor, stieben sie davon.

      Merkwürdig, dachte sie, überall, wo sie mit Edward auftauchte, reagierten die Menschen, als ob ein nahendes Unheil drohe.

      Unbeeindruckt deutete Edward auf mehrere Holzblöcke, deren Oberfläche ganz zerfurcht und weich geschlagen war.

      «Hier werden die harten Zuckerrohrstangen mit Macheten zerkleinert, um anschließend aus den Rohfasern mittels einer Steinpresse den Saft herauszupressen.»

      Er zeigte auf die gewaltige Steinmühle, die mit Mulis betrieben wurde.

      «Und was passiert mit dem Saft?», fragte Lena.

      «Es gibt unzählige Möglichkeiten, wie wir das ausgepresste Zuckerwasser weiterverarbeiten können», referierte er mit dem Enthusiasmus eines erfolgreichen Geschäftsmannes. «Zunächst wird der Saft gekocht.»

      Er