Allergien revolutionär. Magdalena Stampfer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Magdalena Stampfer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783966612531
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körpereigene Warnsystem möchte uns so effizient wie möglich vor etwaigen Gefahren in Form von schädlichen Substanzen schützen. Denn diese können sich im Körper ansammeln und immer schädlicher werden, was eine schnelle Reaktion notwendig macht. Das Nerven- und Immunsystem können so aufgebracht sein, dass sie in Folge auf immer mehr Stoffe immer heftiger reagieren.

      Um aus diesem Teufelskreis auszusteigen, muss man Wege finden, um den Körper wieder zu entlasten und zu beruhigen. Die Idee der Schulmedizin, das Allergieproblem mittels Verabreichung von toxischen Substanzen wieder in den Griff zu bekommen, ist so gesehen vollkommen unlogisch.

      Eine haarige Geschichte

      Lucas ist fünf Jahre alt und leidet an einer Katzenallergie. „Auf unsere eigene Katze, die haben wir aber schon vor seiner Geburt gehabt,“ berichtet die Mama. Anfangs war es gar kein Problem, als Baby habe er nie allergisch auf die Katze reagiert und es bricht ihr das Herz, wenn sie daran denkt, das Tier weggeben zu müssen. „Lucas liebt die Katze sehr!“

      Im kinesiologischen Muskeltest reagiert er nur auf der emotionalen Ebene. Es testen die Gefühle „Sehnsucht“, „Angst“ und „Traurigkeit“.

      Es stellt sich heraus, dass Lucas mit drei Jahren aufgrund eines Unfalls zwei Wochen im Krankenhaus verbringen musste. „Das war schrecklich für ihn,“ sagt die Mutter traurig. „Und wie er die Katze da vermisst hat!“

      Der Körper des Jungen hat also die damalige Sehnsucht nach der Katze mit den Erfahrungen im Krankenhaus „gekoppelt“. Obwohl er die Katze so geliebt hat, hat sie ihn unbewusst an das traumatische Erlebnis von damals erinnert. Bei der Sitzung kommen ihm auch tatsächlich die Tränen und die darauffolgende Balance genießt er sichtlich. „Hast du auch eine Katze?“, fragt er. „Na klar, jede Hexe hat doch eine Katze!“ antworte ich ihm. Da muss er lachen.

      Lange höre ich nichts von der Familie. Irgendwann laufe ich der Mutter in der Stadt über den Weg. Wie es Lucas so geht? „Sehr gut, in der Schule läuft es auch super,“ lautet die Antwort. Und die Katze? „Ach, das habe ich ganz vergessen! Das passt wieder, er hat kein einziges Mal mehr geniest, nicht mal einen Schnupfen. Letztens hat er sie sogar abgeleckt, weil er wissen wollte, wie Katzenhaare schmecken!“ Und? „Haarig, hat er gesagt!“

      Der Stress-Faktor

      Fangen wir gleich mit den Meerschweinchen an. Die armen Nager sind in der Allergieforschung sehr beliebt, weil sie sehr individuelle Reaktionsmuster zeigen und dem Menschen dahingehend sehr ähnlich sind. In einem Artikel aus den 1950er Jahren über das „Asthma bronchiale des Meerschweinchens“ erfährt man einiges darüber, wie man ein Meerschweinchen auf eine allergische Erkrankung konditionieren kann. Die Autoren weisen ausdrücklich darauf hin, dass diese Allergie-Konditionierung nur dann gelingt, wenn die Tiere während der Versuchszeit unter Stress stehen. Im Experiment sah das damals so aus, dass man die an sich lichtscheuen Tiere mit Licht bestrahlte und sie somit in eine Stresssituation brachte [34].

      Der im vorigen Abschnitt beschriebene körperliche Merkzettel funktioniert mit biochemischen und mit emotionalen Faktoren. Mit diesem Phänomen hat man in allen Therapieformen, die die Psyche und den Körper als Einheit sehen, zu tun. Die Lösung steckt im Aufdecken von alten Speicherungen im Körper und der Erkenntnis, dass sie heute gar nicht mehr gültig sein müssen. Wenn wir in einer Situation schlechte Erfahrungen gemacht haben, schreiben sich diese mitunter so stark in unser Körpergedächtnis ein, dass wir bei einer neuen, ähnlichen Gegebenheit mit denselben Gefühlen reagieren, die wir damals empfunden haben. Auch wenn sie beim neuen Ereignis fehl am Platz sind. Wer eine schreckliche Schulzeit hatte, geht dann vielleicht als Erwachsener auch nicht besonders gerne zum Elternsprechtag der eigenen Kinder, weil die alten Schulmauern unangenehme Erinnerungen wecken.

      Auch wenn wir etwas verstandesmäßig verarbeitet haben, unser Körper hat oft ein ganz anderes Empfinden dazu. Um bei dem Beispiel Schule zu bleiben: Wir wissen zwar, dass mittlerweile 20, 30 Jahre vergangen sind und dass es jetzt eine ganz andere Schule ist. Aber trotzdem macht sich beim Schultor ein mulmiges Gefühl breit. Hat sich der Körper einmal etwas gemerkt, dann behält er es als Vorsichtsmaßnahme gerne bei. Das Nervensystem kann sich eine Überreaktion merken, obwohl später vielleicht gar kein Grund dafür besteht.

      Dass man Ratten beibringen kann, an einem harmlosen Stoff sogar zu sterben, fand schon 1974 der Psychologe Robert Ader heraus [35]. Wie so oft in der Wissenschaft, war das nicht seine Absicht gewesen, sondern er wollte den Ratten nur beibringen, eine Abneigung gegen ein mit Saccharin gesüßtes Wasser zu entwickeln. Die Idee war, dass den Tieren beim Trinken der Saccharinlösung übel werden sollte, um ihnen so eine Aversion dagegen anzutrainieren. Um das zu bewerkstelligen, wurde den Ratten bei jeder Dosis des Saccharinwassers eine Dosis Cyclophosphamid mit verabreicht. Cyclophosphamid ist ein Medikament, das das Immunsystem unterdrückt, zu schweren Nebenwirkungen im Verdauungstrakt führt und eben die gewünschte Übelkeit hervorruft. Die Ratten koppelten die ungefährliche Süßstofflösung mit dem Immunsuppressivum. Später genügte die alleinige Gabe des Saccharins, um bei den Tieren Übelkeit sowie eine Unterdrückung des Immunsystems auszulösen, sodass viele Tiere durch die wiederholte Süßstoffgabe verstarben. Das Immunsystem hörte einfach auf zu funktionieren.

      Durch diesen Versuch war wissenschaftlich bewiesen, was alle traditionellen Heilmethoden seit Jahrtausenden wussten: Körper und Geist hängen zusammen und man kann das Nervensystem nicht getrennt vom Immunsystem sehen. Beide beeinflussen sich gegenseitig. Das ist auch bei Allergien wichtig, wird aber sehr oft übersehen.

      In entspanntem Zustand werden viele Speisen, die schon mal Unverträglichkeitsreaktionen ausgelöst haben, plötzlich wieder vertragen. Das macht die Suche nach dem Auslöser von Beschwerden oft so schwierig, denn einmal reagiert man auf das Glas Rotwein nicht, ein anderes Mal ist einem schrecklich übel. Das kann man bei der Histaminunverträglichkeit oft beobachten. In meiner Praxis habe ich wiederholt Berichte darüber gehört, dass der österreichische Rotwein nicht vertragen werde, gefolgt von: „Aber in Italien macht mir der Rotwein gar nichts!“ Das liegt nicht an den italienischen Weinreben, sondern daran, dass der edle Tropfen im Urlaub im entspannten Zustand genossen wird. Auch das macht aus Sicht des Körpers Sinn.

      Wir leben zwar in einer modernen Welt, doch unsere Körper sind in ihrer Funktionsweise noch ziemlich steinzeitlich unterwegs. Stress wird mit den Reaktionen Angriff, Flucht oder Unterwerfung verknüpft und sobald wir gestresst sind, läuft eine Kaskade an biochemischen Prozessen im Körper ab. Nur dass unser Körper nicht immer unterscheiden kann, ob wir es einfach nur eilig haben, um die Straßenbahn zu erwischen, oder vor einem Mörder davonlaufen. Biochemisch macht es nicht unbedingt einen Unterschied, ob wir einer tatsächlichen Bedrohung ausgesetzt sind oder uns nur ängstlich und gestresst fühlen, in Wirklichkeit aber in Sicherheit sind. Bei der Menge an Stress, mit dem wir heutzutage konfrontiert sind, kann der Körper nicht unterscheiden, ob es ums Überleben geht oder bloß um einen nervigen Chef.

      Viele Allergiker beobachten, dass ihre Symptome unter Stress heftiger ausfallen. Ein Streit, ein Drucker, der gerade dann defekt ist, wenn man ihn dringend braucht oder nur ein ganz „gewöhnlicher“, stressiger Tag im Büro – das alles sind Situationen, die sich im Körper bemerkbar machen.

      Auch wenn eine gewisse Veranlagung schon vorher bestanden hat, tritt die Allergie oft nach einem einschneidenden Ereignis erstmals in Erscheinung. Man war vielleicht schon sensibilisiert, aber erst durch den psychischen Stress kam der „Allergie-Stein“ ins Rollen. Und wenn dieser mal begonnen hat zu rollen und die Stressfaktoren nicht weniger werden, dann wird er immer wieder von Neuem angeschubst. Denn durch Stress wird Histamin freigesetzt und die Beschwerden nehmen ihren Lauf.

      Wird unser Körper zu dem Zeitpunkt in Alarm versetzt, während wir etwas essen, könnte genau diese Mahlzeit als gefährlich eingestuft werden und Reaktionen auslösen. So wie uns bestimmte Lieder an bestimmte Situationen erinnern und einen nostalgischen, fröhlichen oder traurigen Zustand herbeiführen, so können auch Lebensmittel Erinnerungen wachrufen. Der Geruch von Lebkuchen oder Zimt lässt uns beispielsweise an Weihnachten denken und je nachdem, wie wir diese Zeit des Jahres als Kind erlebt haben, werden wir mit positiven