Die Fälle der Shifter Cops. Natalie Winter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Natalie Winter
Издательство: Bookwire
Серия: Ein Fall der Shifter Cops
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783948483685
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ein Hinweis darauf, dass die Antworten bereits in ihr schlummerten?

      Sie seufzte und öffnete den lockeren Knoten des Seidentuchs, in dem sie ihre Karten aufbewahrte. Dann hörte sie auch schon Cassandras Stimme, die Mrs Sargent ins Hinterzimmer verwies. Die Tür wurde ge­schlossen und Julie sah auf.

      Zu ihrer Überraschung handelte es sich um einen Mr Sargent. Er hatte die sehnige Statur eines Läufers und war sicher ebenso hochgewachsen wie Mr Blair, wenn auch gut zehn Jahre älter. Sein dunkles Haar mit den vereinzelten Silberfäden an den Schläfen hätte einen neuen Schnitt vertragen können, aber abgesehen davon sah er völlig normal aus. Allerdings war er, von Alastair mal abgesehen, der erste Mann, der Julies Dienste als Kartenlegerin in Anspruch nahm, deshalb war sie ganz automatisch von einer Frau als Kundin ausgegangen.

      Neugierig musterte sie ihn. Er schien sich wohlzufühlen, was bei Männern im Itchy Witchy leider nicht immer der Fall war. Oft konnten sie schon beim Betreten des Ladens ein gewisses Unbehagen nicht verbergen. Er hingegen wirkte vollkommen entspannt.

      »Bitte setzen Sie sich!«, sagte Julie und deutete auf den Stuhl auf der anderen Seite des Tisches. »Und entschuldigen Sie, dass ich Sie so angestarrte habe! Es ist nur so, dass normalerweise Frauen zu mir kommen.«

      »Ehrlich gesagt war das Kartenlegen nur ein Vorwand, um Sie ungestört sprechen zu können«, gab Mr Sargent freimütig zu und legte die Hände auf den Tisch. Dabei rutschte sein linker Ärmel ein wenig hoch und gab den Blick auf eine verblasste Tätowierung an seinem Handgelenk frei.

      »Wozu brauchen Sie denn einen Vorwand, Mr Sargent?«, fragte Julie verwundert.

      Er beugte sich nach vorn und senkte die Stimme. »Mrs Saintclair ist eine gute Bekannte von mir.«

      Julies Puls beschleunigte sich rasant. »Sie kennen Mrs Saintclair?«

      Mr Sargent kniff die Augen zusammen und nickte langsam. »Sie macht sich Sorgen um Sie, große Sorgen. Sie ist der Ansicht, dass Sie meine Hilfe brauchen.«

      »Was …? Ich verstehe nicht …«, stammelte Julie. Sie hatte Mrs Saintclair eine Heidenangst eingejagt, und nun machte die sich Sorgen um sie?

      »Miss Mireau«, sagte Mr Sargent ungeduldig, »ich kenne die Geschichte Ihrer Familie und weiß von dem Wechsel zwischen schwarzen und weißen Hexen. Aber es gibt einen Ausweg. Vertrauen Sie mir, und das Morden hat ein Ende.«

      »Sie sind ja mindestens so verrückt wie Mrs Saint­clair«, erwiderte Julie. »Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen. Wenn Sie etwas über die Morde wissen, sollten Sie zur Polizei gehen!« Sie wollte aufstehen, aber er griff über den Tisch und packte sie am Arm.

      »Sie raten mir, zur Polizei zu gehen? Das ist gut.« Er lachte und ließ Julie wieder los. »Wie würde es Ihnen gefallen, den Rest Ihres Lebens im Gefängnis zu verbringen, Miss Mireau? Würden Sie Ihre Zeit damit verbringen, Ihre Mitgefangenen zu analysieren? Oder würden Sie kleine Püppchen basteln und Ihre Hexendienste an die Frauen verkaufen, die es sich leisten können? Drei Zigaretten gegen einen Schutzzauber?« Nun verschränkte er die Arme vor der Brust und sah sie herausfordernd an.

      Julie rieb sich die Stelle, an der er sie festgehalten hatte. »Wovon sprechen Sie?«

      »Hören Sie auf mit dem Theater, das können Sie sich sparen! Wie gesagt, ich weiß Bescheid, und nicht nur über Ihre Familie.«

      »Was wollen Sie eigentlich von mir?«, fragte Julie. Ihr Puls raste. War das Wut, die ihren Herzschlag beschleunigte? »Ich werde jetzt Chief Parsons anrufen. Erzählen Sie ihm, was Sie zu wissen glauben, und dann verschwinden Sie! Ich höre mir das nicht länger an.«

      »Das sollten Sie aber«, entgegnete Mr Sargent.

      Julie lief ein Schauer über den Rücken. Er wirkte ganz ruhig und nichts in seiner Miene verriet, dass er ihr gerade eben noch gedroht hatte. Entspannt lehnte er sich zurück und streckte die langen Beine unter dem Tisch aus. Seine grauen Augen schienen in ihrem Gesicht nach etwas zu suchen.

      »Sie wissen es wirklich nicht?« Er grinste. »Becca – Mrs Saintclair – hatte also recht. Es ist noch nicht zu spät, Sie zu retten.«

      Zu Julies Wut gesellte sich Angst. »Mich retten? Wovor denn, bitte schön?«

      »Nun, Sie sind im Begriff, eine schwarze Hexe zu werden. Aber ich kann Ihnen helfen – wenn Sie es wollen. Sie müssen mir nur vertrauen.«

      Julie stöhnte. Es war immer dieselbe Leier – sie sollte einem Typen vertrauen, den sie eigentlich gar nicht kannte. Erst Mr Blair, dann dieser Sargent.

      »Ich helfe mir lieber selbst, danke!«, entgegnete sie beißend.

      Mr Sargent presste die Lippen zusammen. »Gut, wie Sie wollen«, sagte er nach einer Weile. »Aber Sie werden es bereuen.«

      »Nennen Sie mir einen vernünftigen Grund, warum ich Ihnen vertrauen sollte, einen einzigen, Mr Sargent!«

      »Ihre dunkle Seite erwacht, und allein können Sie nichts dagegen tun«, behauptete er.

      Julie lachte, sie konnte nicht anders. Die Welt war ein Irrenhaus, und sie war mittendrin.

      »Meine dunkle Seite erwacht? Sie haben zu viele Star-Wars-Filme gesehen«, sagte sie, als sie wieder Luft bekam.

      »Miss Mireau, ich weiß, dass Sie die beiden Hexen umgebracht haben«, erklärte Mr Sargent geduldig.

      Julie war fassungslos. Dieser Mann war völlig von Sinnen.

      »Ich soll gleich zwei Menschen umgebracht haben, die ich mochte und respektierte?« Sie stand auf und zeigte zur Tür. »Verschwinden Sie aus meinem Laden!«

      Mr Sargent machte keinerlei Anstalten, sich zu bewegen. Also gut, wenn es sein musste, würde sie Chief Parsons anrufen. Der würde diesen Irren schon rausschmeißen oder am besten gleich mitnehmen.

      Julie ging auf den Ausgang zu. Dabei machte sie einen möglichst großen Bogen um Mr Sargent, aber er war schneller, als sie erwartet hatte. Mit einem Sprung war er bei ihr und hielt sie fest.

      »Ich kann Ihnen helfen«, sagte er leise und sein Atem streifte ihre Wange.

      Es war ekelhaft. Mit einem Ruck riss Julie sich los. Der verblüffte Ausdruck auf seinem Gesicht war beinahe komisch, hätte er nicht ihre Gefühle so exakt gespiegelt. Woher hatte sie die Kraft genommen, sich aus dem Griff eines Mannes zu befreien, der deutlich größer und ­stärker war als sie?

      Mr Sargent schien sich schnell wieder gefangen zu haben. »Träumen Sie in letzter Zeit schlecht, Miss Mireau?«, fragte er. Als sie nicht antwortete, fuhr er fort: »Ich wette, Sie haben in den Nächten vor den ­beiden Morden von Feuer geträumt. Hatten Sie Schmerzen, als Sie aufgewacht sind, obwohl Ihr hübsches Köpfchen doch die ganze Nacht auf dem Kissen ruhte?«

      Julie starrte ihn an. »Woher wissen Sie das?« Sie biss sich auf die Unterlippe, aber es war zu spät, wie ihr sein triumphierender Blick verriet. Dann begann sie unkontrollierbar zu zittern.

      Erstaunlich fürsorglich legte Mr Sargent den Arm um sie und führte sie zu ihrem Stuhl zurück. »Setzen Sie sich!«

      Julie gehorchte stumm und das Zittern ließ tatsächlich nach.

      »Es spielt keine Rolle, woher ich das weiß«, be­­antwortete er dann endlich ihre Frage. »Sagen wir ein­­fach, dass ich ziemlich viele Hexen kennengelernt habe.« Sein Ton gefiel ihr nicht. »Hören Sie, Miss Mireau: ­Normalerweise bin ich nicht so geduldig, schon gar nicht mit dunklen Hexen. Aber ich glaube auch, dass jedes Wesen zumindest eine Chance verdient hat, Buße zu tun.«

      Julie verkniff sich die Frage, wofür sie Buße tun soll­­te. Dieser Mann war ihr unheimlich, aber er war auch eine Chance, mehr über ihre Familie und das, was ihr selbst bevorstand, zu erfahren. Das Grimoire war verbrannt, und Mrs Saintclair würde ihr jetzt wohl nicht mehr ­helfen.

      »Passen Sie auf: Wir fangen noch einmal ganz von vorne an«, schlug er vor. »Legen Sie mir die Karten!«

      »Warum sollte ich das tun?«

      »Wenn