Dein Vater hatte Angst gehabt, er hatte geglaubt, dass der Vorarbeiter ihn vermöbeln wollte. Du siehst das Bild deines Vater, im Profil, einige Zentimeter vom Tisch entfernt, in Unterhosen, mit dem Buch in der linken Hand und dem Messer in der rechten, sein Gesicht wie eine Marionette im Kasperletheater, dein Vater hat Angst gehabt vor seinem besoffenen Untergebenen, und er hat das Küchenmesser genommen und hat die Tür mit dem Messer in der Hand geöffnet. Der andere hat gebrüllt: «Es hat in der Nacht einen Toten gegeben. Einer unserer Arbeiter hat einen elektrischen Schlag bekommen in den Tiefgeschossen der Baustelle. Er ist auf ein schlecht isoliertes Kabel getreten und ist ums Leben gekommen. Es ist der Verantwortliche des Stromaggregats.» Du hast gesehen wie die Arme deines Vater sich gesenkt haben und wie die Finger seiner Hände sich gelockert haben, du hast das Buch und das Messer auf den Boden fallen sehen, du hast alles gehört, und du hast die Beschreibung eines Jagdfliegers zu Ende gelesen und hast die Seite umgeblättert. Du schaust deinen Onkel an und den Sarg mit deinem Vater darin, und du vibrierst nicht mehr. Du fürchtest dich vor nichts. Du bist schlimmer als dein Vater. Du siehst die Angst in jedem ihrer Verstecke. Du siehst, wie die Angst die Atmung der Leute lähmt. Du siehst, unter welchen Formen sie diese Symbiose zwischen der Luft, die sie nährt, und der Angst verstecken. Es gibt kein Leben ohne Angst. Du bist der einzige, der weiß, dass die Angst jedes Gesicht beherrscht. Die Angst ist eines der Elemente, die die Welt am Laufen halten. Es gibt einige Philosophen, die dies verstanden haben. Du bist kein Philosoph. Die Philosophen, die Wissenschaftler, die Kleriker, die Künstler, die Politiker, die Ökonomen und die Polizisten jeglicher Art haben allesamt Angst. Du, du bist das Gegenteil der Angst. Deine Rolle auf Erden ist es, die Särge in Bäume zu verwandeln. Du siehst, dass der Kastenwagen und das Auto deines Onkels in die Straße, in der die Frau deines Vater wohnt, einfährt, und du siehst den Kastenwagen vor dem Haus, in dem die sterblichen Überreste deines Vaters abgesetzt werden, anhalten.
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Sie schafft es, von einigen Kugelschreibern den Deckel abzumachen. Sie kann sie sogar wieder aufsetzen. Wenn sie die beiden Hälften auseinandernimmt, ist es, wie wenn man im Zimmer das Licht anmacht, beim Nachhausekommen, abends. Du öffnest eine deiner mit Papier vollgestopften Schubladen und nimmst mehrere weiße Blätter heraus. Du legst sie auf den Boden, vor das Kind, nimmst seine Hand, die den Kugelschreiber hält, in deine Hand und lässt sie über das Papier fahren, und du siehst es die Tintenspur anschauen und hörst es seine eigenen Wörter sprechen. Du nimmst ein Blatt, und als erstes faltest du es zusammen. Du legst das gefaltete Blatt mit dem Falz gegen dich auf den Tisch, du nimmst die beiden Ecken des Papiers, die gegen dich gerichtet sind, und führst sie zur Mittelachse des Blattes, dann faltest du sie und machst ein Dreieck. Danach faltest du ein Rechteck nach dem anderen gegen das Dreieck, nimmst das Blatt hoch, steckst die rechte Hand in diese Papiertasche hinein und öffnest sie, indem du die Seiten des Dreiecks nach innen klappst. Du öffnest die Tasche, du hältst die beiden gefalteten Enden gut fest und ziehst sie, mit deinen Fingern, langsam, auseinander. Du kannst dieses Papierschiff machen. Es wird zwei Schiffe im Haus geben.
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Der Name der Firma, bei der du arbeitetest, stand darauf gedruckt. Du weißt nicht, aus welchem Grund einer deiner Vorgesetzten dir hätte schreiben sollen, und du hast diesen Brief genommen, um ihn zu öffnen, und du hast das Schlimmste befürchtet: Du hast erwartet, dass du entlassen würdest, weil ihr damals wenig Arbeit hattet. Du hast ihn aus dem Stoß genommen und beiseitegelegt: «Ich werde ihn als letzten lesen!», und deine Hände haben unmerklich vibriert, wie Kartoffeln, die, eine gegen die andere geklemmt, in einem Kochtopf ohne Deckel vor sich hin kochen.
Du hast den Rest der Post geöffnet und immer an den beiseitegelegten Brief gedacht. Er hat in einem grauen Umschlag gesteckt, und du hast eine schlechte Nachricht befürchtet, weil für Feierlichkeiten üblicherweise glänzende und für Gehaltskürzungen oder Entlassungen dunkle Umschläge verwendet werden. Er war der kleinste von allen, und trotz seiner Farbe machte er den «korrektesten» Eindruck, die «Prioritaire»-Briefmarke war fein säuberlich oben in die rechte Ecke geklebt, die Adresse in großen, gedruckten Buchstaben geschrieben, der Ortsname unterstrichen.
Du hast ihn in beide Hände genommen, wie man einen vollen Teller hält, wenn man hungrig ist. Du hast ihn einige Sekunden lang angeschaut, hast ihn zwischen den Fingern gedreht und hast ihn mit Hilfe des Brieföffners deiner Frau aufgemacht:
«Monsieur
Zur Geburt Ihrer Tochter möchten wir Ihnen ganz herzlich gratulieren. Wir wünschen der Mutter und dem Kind alles Gute. Freundliche Grüße
ALLGEMEINE PLAKATGESELLSCHAFT»
Du