Al Capone Staffel 1 – Kriminalroman. Al Cann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Al Cann
Издательство: Bookwire
Серия: Al Capone Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783863775209
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und elend, aber als er seine drei Kinder vor sich stehen sah, füllten sich seine Augen mit Tränen. Er umarmte sie alle und stammelte immer wieder:

      »Kinder, daß ich euch wiederhabe!«

      Als die vier dann vorm Grab der Mutter standen, sagte Joseph Buster plötzlich:

      »Aber eines wollen wir niemals vergessen: Daß ich überhaupt wieder zurückkommen konnte, verdanke ich nur Eliot Ness…«

      *

      Als der Abend gekommen war, stand der einsame Mann wieder in den feuchten Nebelschwaden, die auf dem Washingtonpark lasteten. Langsam schritt er über einen der Sandwege dahin und vermied es, auf die Blätter zu treten, die der Herbstwind von den Bäumen gerissen hatte.

      Cassedy hatte recht; der Job hier ließ sich verdammt schwer an. Die Stadtpolizei suchte immer noch mit allen verfügbaren Kräften nach dem Mann, der hier im Nebel des Parks zwei Menschen ermordet hatte. Und mit der gleichen Intensität wurde José Sillot gesucht, der den Gerätehändler Henreidt erschossen hatte.

      Der Inspektor blieb stehen und blickte durch das blattlose Geäst der Büsche hinüber zur Straße, wo die schweren Autos fast lautlos über den nassen Asphalt sirrten. Der Nebel deckte jetzt auch schon die Geräusche zu.

      Er hatte gerade den unteren Parkweg verlassen, als er auf der Höhe der 56. Straße auf einem der kleinen Pfade, die sich hügelan zogen, stehenblieb und im schwachen Schein einer Bogenlaterne seine Taschenuhr zu erkennen suchte. Dann trat er an den Rand der Büsche und blickte die Straße hinunter.

      Mit pfeifenden Pneus hielt am Bürgersteig ein Wagen. Ein junger Mann sprang heraus und lief quer über den Gehsteig auf den Inspektor zu.

      »Evening«, grüßte er. »Das ist alles, was ich mitbekommen habe, Chef.«

      Ness nahm die kleine Cellophantasche und nickte.

      »Thanks, Matthews.«

      »Kommissar Cassedy ist zur Alhambra gefahren; Mr. Parker ist vor dem Haus von Gomez mit seinen Leuten auf Posten.«

      »Und die Schattenmänner?«

      »Alles in Ordnung, Chef.«

      »Und hier, der Park? Ich habe nicht einen Mann getroffen.«

      »Es sind aber alle auf ihren Posten. Drüben am Wasser ist nur Gilbert, wie Sie es befohlen haben.«

      »Gut«, sagte Ness und blickte dem jungen G-man nach. Als das Auto sich in Bewegung gesetzt hatte, zog er den Plastikumschlag auf und nahm die Notizen heraus, die sich in seiner Abwesenheit angesammelt hatten. Es waren sieben unwichtige Dinge und eine weitere Schlagzeile von seinem speziellen Freund Matherley, der der Öffentlichkeit empfahl, dafür zu sorgen, daß fähigere Leute als der junge Inspektor Ness mit Mordfahndungen des FBI betreut würden.

      Ein merkwürdiges Gefühl, mit dem Rücken zu dem stillen Park inmitten des Getriebes der Stadt zu stehen! Der Inspektor hatte die Briefschaften in der Linken und wollte gerade mit der Rechten seine Miniatur-Taschenlampe herausziehen, als sein Blick auf der Gestalt eines Passanten haften blieb, der etwa fünfzehn Schritt von ihm entfernt am Rand des Bürgersteiges stehengeblieben war.

      Es war ein mittelgroßer Mann, der die linke Hand in die Hüfte stützte und den rechten Fuß etwas vorsetzte.

      Etwas Magisches hatte diese Haltung an sich.

      Lubber!

      Harry F. Lubber! Der verrückte Maler vom Renwick Lake.

      Wie hypnotisiert blieb der Inspektor stehen und fixierte den Mann drüben am Gehsteig. Schaute er wirklich zu ihm herüber, oder beobachtete er die Straße? Nein, er hatte schon gestern den linken Arm in die Hüfte gestützt. Ness hätte darauf schwören können; er blickte also hierher.

      Was tat er hier?

      Bestand vielleicht doch eine Verbindung zwischen ihm und Sillot?

      Ein Frösteln kroch über die Rückenhaut des FBI-Mannes. Plötzlich hatte er das Gefühl, daß sich ihm die Haare unterm Hut sträubten, denn in dieser Sekunde hatte sich der Mann drüben am Bordsteinrand in Bewegung gesetzt. Wie eine Marionette ging er vorwärts, auf den Rand des Parkes zu.

      Eliot Ness rührte sich nicht.

      Als der andere herangekommen war, hörte der Inspektor ihn sagen:

      »Also hier finde ich Sie endlich!«

      Eliot schluckte. »Wie – wie meinen Sie das?« kam es heiser über seine Lippen.

      Lubbers Gesicht war gegen das Licht der Straße hier am düsteren Parkrand nicht zu erkennen. Sekundenlang rührte sich der Mann nicht. Dann lachte er plötzlich girrend und sagte:

      »Sie sind mir ein eigenartiger Zeitgenosse. Ich war drüben im Shop und hatte noch ein paar Naschereien für meinen Verein heute abend gekauft, als ich Sie plötzlich quer über die Straße gehen sah.«

      Regungslos stand der FBI-man da und blickte ihn an. Was war das für eine Geschichte? Lubber wollte ihn drüben von der anderen Straßenseite aus gesehen haben? Vielleicht war das nicht unmöglich. Schließlich konnte man die Leute auf der anderen Seite von hier aus auch erkennen. Aber nur wie Schemen. Außerdem gingen sie im Lichtschein der Schaufenster.

      Da unterbrach Lubber die Gedanken des Agenten, indem er wieder sein sonderbares Lachen in sich hineingluckste und plötzlich den Kopf hochwarf.

      »Dachte mir, nanu, da ist doch der verdrehte…, ich meine, der Dichter! Da laust mich doch sonstwer! Ich renne los –– und bum, ein Auto. Ich muß zurück. Wieder ein Auto. Dazwischen sah ich Sie mit einem Mann hier stehen. Wieder Autos –?eine ganze Kette. Und drüben an der Ampel wird es grün. Ich los, durch das Wagenknäuel hindurch und…, da bin ich.«

      Eliot Ness stand immer noch bewegungslos vor den Büschen des Parkrandes. Seine Augen suchten das fahle Dunkel auf dem Gesicht des anderen zu durchdringen.

      Was hatte er ihm da für eine Story aufgetischt? Von der anderen Straßenseite wollte er gekommen sein? Aus einem Geschäft? Wo waren die Sachen, die er angeblich eingekauft hatte? Überhaupt – er hatte doch urplötzlich da am Straßenrand gestanden – wie aus dem Boden geschossen.

      Aber nein, es konnte alles durchaus möglich sein, genau so, wie er es gesagt hatte.

      Vielleicht bin ich überreizt! Zu wenig Schlaf in letzter Zeit. Zuviel durch diesen nebelfeuchten Park gelaufen…

      Der Inspektor wischte sich über die Stirn und spürte, daß sein Handrücken feucht geworden war. Hatte ihn dieser verrückte Farbkleckser doch tatsächlich einen Moment lang erschreckt. Lubbers Stimme riß ihn aus dieser Stimmung heraus und überfiel ihn mit einem wahren Wasserfall von Worten.

      »Entschuldigen Sie das mit dem verdrehten Dichter, Eliot, aber ihr Burschen von der kritzelnden Abteilung seid ja tatsächlich manchmal nicht mit beiden Füßen auf dem Boden. Steht der Kerl hier am Parkrand, schluckt den Nebel, fragt die Leute nach der Uhrzeit, weil er sie auf seinem Wecker in dieser ägyptischen Finsternis nicht ablesen kann, und…, aber«, er fuhr sich plötzlich ans Kinn, legte den Kopf etwas auf die Seite und sagte mit einem unangenehmen Unterton: »Oder warten Sie hier am Ende auf ein Weib?«

      Weib, hatte er gesagt! Kritzelnde Abteilung. Und Eliot, ja, er hatte ihn Eliot genannt. Damned, so habe ich mich ihm doch vorgestellt. Ich sehe schon Gespenster.

      Der Inspektor sog die Luft tief ein, griff mit der Linken in die Reverstasche und nahm einen kleinen, dünnen schwarzen Zigarillo heraus, den er sich zwischen seine großen Zähne schob.

      Lubbers Rechte zuckte hoch.

      Ness hatte den Atem angehalten. Seine rechte Hand umspannte die Colt-Automatic. Da flammte vor seinem Gesicht ein Feuerzeug auf.

      »Nehmen Sie schon«, ermunterte ihn Lubber.

      Als der Zigarillo brannte, sagte der Maler:

      »So, Freund, und jetzt hören Sie mal zu. Ich habe die halsbrecherische Tour über diesen lebensgefährlichen Damm nicht umsonst